Warum der Frankfurter Flughafen bald unwichtig wird

  22 Dezember 2015    Gelesen: 908
Warum der Frankfurter Flughafen bald unwichtig wird
Am Himmel wird es eng, Mega-Flughäfen entstehen, Airlines pressen immer mehr Menschen in ihre Maschinen. Dennoch wächst Deutschlands größtes Luftdrehkreuz kaum – ein anderes hingegen sehr stark.
Der Flughafen Leer/Papenburg im beschaulichen Emsland gehört zu den in Deutschland am häufigsten angeflogenen Airports – im sogenannten Werkverkehr. Die Norddeutschen liegen damit vor Berlin oder München. Das ergibt sich aus dem "Luftverkehrsbericht 2014" des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt DLR, der der "Welt" vorliegt. Der Grund für die fast 2500 Starts im Jahr in Leer/Papenburg sind Schiffe und Autos.

Denn in Papenburg sitzt mit der Mayer Werft der größte Hersteller von großen und exklusiven Kreuzfahrtschiffen. Jedoch nicht nur die Chefs der weltgrößten Reedereien wie zum Beispiel Michael Bayley und Richard Fain von der in Miami ansässigen Royal Caribbean, sondern auch der Chef der Daimler Lkw-Sparte, Wolfgang Bernhard, landet immer mal wieder in Papenburg. Denn der Autokonzern lässt im nördlichen Emsland auf einer abgeschotteten Teststrecke neu entwickelte, oft fahrerlose, Fahrzeuge fahren.

Soweit wird es auf Kreuzfahrtschiffen und in Flugzeugen in den nächsten Jahrzehnten nach Meinung der meisten Experten nicht kommen. Dabei wäre es technisch bereits heute per Satellitentechnik durchaus möglich, auf einen Piloten zu verzichten. Aber vor allem die Passagiere werden noch lange fordern, dass vorne im Cockpit für den Notfall gut trainierte Piloten sitzen.

Es wird eng am Himmel

Denn überall auf der Welt wird es immer enger am Himmel. In der Türkei und ganz Asien werden neue Mega-Flughäfen gebaut, immer mehr Menschen nutzen das Flugzeug als alltägliches Fortbewegungsmittel. So rechnen die Luftfahrtexperten vom DLR damit, dass allein in Deutschland das Passagieraufkommen bis 2030 um mehr 70 Millionen Fluggäste zunehmen wird. Angesichts der weiter zunehmenden Miniaturisierung bei und durch Elektronik dürfte die Fracht um das Dreifache auf 7,3 Millionen Tonnen zulegen.

Da verwundert es, dass die Starts nach den Prognosen nur um 20 Prozent steigen sollen. Aber die Fluggesellschaften werden weltweit aufgrund lernfähiger Buchungssoftware immer besser darin, bis zum Start ihre Flugzeuge fast bis auf den letzten Platz zu füllen. So hat allein die Lufthansa laut Konzernchef Carsten Spohr im vergangenen Jahr 25 Flugzeuge weniger betrieben, als ursprünglich geplant – und wird in diesem Jahr das beste Ergebnis der Geschichte erzielen.

Gute Ergebnisse erzielt die Lufthansa auch im Frachtbereich, die Tochter Lufthansa Cargo ist mit einem Anteil von 6,24 Prozent der jährlich transportierten Fracht trotz der Konkurrenten aus dem arabischen Golf immer noch weltweiter Luftfracht Marktführer.

Investiert wird in große Maschinen

Damit dies auch so bleibt, hat die Lufthansa viele Milliarden Euro in die Anschaffung neuer Flugzeuge investiert. Und zwar vor allem in die ganz großen. Das spart Betriebskosten, sowie Gebühren für Flughäfen, Lotsen und Sicherheit.

Und auch die Konkurrenz folgt diesem Trend. So ist laut DLR die Anzahl der Flugzeuge deutscher Airlines mit weniger als 150 Sitzen deutlich zurückgegangen. So wurden in der Klasse 20 bis 99 Sitze 2014 nur noch 78 Flugzeuge eingesetzt – Tendenz weiter sinkend. Insgesamt lag das Durchschnittsalter aller in Deutschland eingesetzten 1109 Flugzeuge (Stichtag 31.12.2014) bei 11, 4 Jahren.

Das sind weniger Flugzeuge, als die weltgrößte Fluggesellschaft Delta Airlines zusammen mit ihren Tochtergesellschaften betreibt. Delta befördert derzeit pro Jahr über 180 Millionen Passagiere und damit weit mehr als doppelt so viele wie Lufthansa.

Überdurchschnittliches Wachstum der arabischen Fluglinien

Die Deutschen sind gemessen an den geflogenen Passagierkilometern aber immerhin unangefochten die Nummer eins in Europa. Nach Passagieren sind sie aber 2014 von der irischen Billigfluglinie Ryanair überholt worden. Das hätte sich bei den Lufthanseaten, aber auch bei Air France oder British Airways noch vor zehn Jahren fast niemand vorstellen können.

Doch seitdem haben sich nicht nur durch den Siegeszug der Billigfluggesellschaften, sondern auch vor allem durch das schnelle Wachstum der Golfgesellschaften die Schwergewichte in der Luftfahrtwelt dramatisch verändert. So schrumpfen mittlerweile alteingesessene Traditionsgesellschaften wie Air France, Thai Airways oder auch auch die australische Quantas.

"Überdurchschnittliche Wachstumsraten" weisen dagegen laut DLR mittlerweile vor allem Passagierairlines aus dem Nahen und Fernen Osten wie Emirates oder auch Saudia auf. Mit einem Plus von 16,4 Prozent bei den Passagierkilometern ist zudem Turkish Airlines hinter Qatar Airways der Wachstumsstar unter den weltweit dreißig größten Fluggesellschaften.

Größter Flughafen der Welt in Atlanta

Das liegt unter anderem auch daran, dass die türkische Regierung den Luftverkehr stark fördert. So schaffte der Internationale Flughafen Istanbul mit 56,7 Millionen Fluggästen einen Zuwachs von 13,6 Prozent. Zum Vergleich: Deutschlands größtes Luftdrehkreuz Frankfurt/Main wuchs dagegen mit knapp 60 Millionen Passagieren nur um 2,7 Prozent.

Doppelt so groß ist dagegen der größte Flughafen der Welt in Atlanta, gefolgt von Peking und London. Doch auch diese Rangfolge wird sich in den nächsten drei Jahren dramatisch verändern. Denn dann werden in Istanbul, Peking und Dubai neue Mega-Airports eröffnet.

Die Ausbaupläne zeigen schon jetzt, wie sich die Gewichte in der Weltluftfahrt weiter von Europa aus gesehen in nur wenigen Jahren Richtung Asien verschieben wird.

Lieblingsziel Spanien

Zwar fliegen derzeit immer noch die meisten Passagiere über den Nordatlantik zwischen Europa und Nordamerika hin und her. Aber mit derzeit 413 Millionen Passagierkilometern auf den Strecken Richtung Osten ist der Abstand zu den Rennstrecken im Westen mit knapp 450 Millionen Passagierkilometern nicht mehr allzu groß.

Allein durch die von den Golfgesellschaften und Turkish zur Auslieferung in den nächsten fünf Jahren neu bestellten Flugzeugen wird das Angebot auf den Routen nach Asien und Afrika noch einmal kräftig steigen.

Innerhalb Europas sind die meisten Passagiere derzeit in Richtung Spanien unterwegs. Allein zwischen dem Vereinigten Königreich und dem Urlaubsland mit seinen Inseln sind 2014 fast 35 Millionen Passagiere unterwegs gewesen. Viele davon fliegen mittlerweile mit den beiden größten europäischen Billigfluggesellschaften wie Ryanair oder Easyjet. In Deutschland fliegen mittlerweile auch viele mit der Billigtochter Germanwings in den Urlaub, die künftig unter dem Namen Eurowings firmieren wird.

Und diese Gesellschaft wird im kommenden Jahr dann erstmals im großen Stil auch Tickets für sogenannte Billiglangstrecken wie zum Beispiel nach Miami oder Dubai anbieten. Sollte dies erfolgreich sein, könnten auch andere ehemalige Staatsgesellschaften die Lufthansa kopieren. Dadurch dürfte es nach Ansicht der DLR-Forscher immer schwerer werden, die traditionellen Liniengesellschaften in Europa und die Billigfluggesellschaften voneinander zu unterscheiden.

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