Kapitulation vor Trump

  25 Mai 2018    Gelesen: 873
Kapitulation vor Trump

Die US-Footballliga verbietet es ihren Spielern, auf Knien zu protestieren. Die Regel macht deutlich: Spieler sollen gehorsame Untertanen sein - und die schwerreiche NFL kuscht vor Donald Trump.

 

Robert Kraft gibt sich gerne progressiv. Der US-Milliardär, dem das Footballteam der New England Patriots gehört, spendet für wohltätige Zwecke, besuchte den Rapper Meek Mill im Gefängnis und kritisierte Donald Trumps "polarisierende" Attacken auf NFL-Stars, die mit gebeugtem Knie gegen Rassismus protestieren.

Doch jetzt machte Kraft klar, wo seine wahre Loyalität liegt. Gemeinsam mit 31 weiteren, meist weißen NFL-Teameignern knickte er vor dem Präsidenten ein und stellte die Aktionen der meist schwarzen Footballer unter Strafe: Wenn Spieler während der Nationalhymne knien, so wie das viele als Zeichen gegen Polizeigewalt und Ungleichheit tun, müssen die Vereine fortan Bußgeld zahlen.

Es ist eine krasse Kapitulation vor Trump. Der hat die Debatte um US-Rassismus mit einer monatelangen Hetzkampagne zu einer falschen Debatte um Patriotismus verzerrt - und so ausgehebelt. Trumps Basis jubelt, während andere schaudern: "Die NFL fällt vor Trump in die Knie", schimpft die "New York Times".

Denn es geht ja nicht bloß um Football und reflexartige Ehrerbietung für die nationalen Symbole (Hymne, Sternenbanner, Militär) wie sie in den USA vor den Spielen gefordert wird. Der sogenannte Hymnenstreit ist nur eine Front im viel größeren Kulturkrieg, den Trump erfolgreich gegen das multikulturelle, multiethnische Amerika führt - und in dem er für die Seite der Weißen kämpft.

"Du stehst stolz für die Nationalhymne, oder du solltest erst gar nicht spielen", legte Trump am Donnerstag in seinem TV-Lieblingssender Fox News nach. "Du solltest nicht hier sein. Vielleicht solltest du gar nicht im Land sein." Letzteren Satz hatte er Minuten zuvor wortgleich auch auf die brutale Latino-Gang MS-13 angewandt - als seien friedliche Anti-Rassismus-Proteste mit der vergleichbar.

Die Kontroverse begann 2016, als der Quarterback Colin Kaepernick zur Hymne das Knie beugte, um auf Ungerechtigkeit und die Misshandlung Schwarzer aufmerksam zu machen. Viele Spieler schlossen sich mit ähnlichen Gesten an.

Weiße NFL-Fans lehnen die Proteste mehrheitlich ab, schwarze stimmen ihm zu. Statt diese Kluft zu überbrücken, wie es sich für einen Präsidenten eigentlich gehört, wittert Trump ein Reizthema für seine Basis: Er tat, als entehrten die Spieler die Hymne und die Flagge, und nannte Kaepernick einen "Hurensohn".

Doch in Wahrheit geht es nicht um Patriotismus. Den bedient auch Trump oft nur mit Phrasen - oder beweist ein seltsames Verständnis davon, etwa wenn er immer wieder Bewunderung für feindliche Autokraten ausdrückt. Patriotismus entsteht nicht durch Symbole, sondern durch Handlungen, die das Land einen.

Auch wurde Trump selbst mal erwischt, wie er die Hymne nicht mitsang, sondern nur wortlos mitsummte, als kenne er ihre Verse nicht. Damit gleicht er vielen NFL-Fans, die dem inszenierten Ritual im Stadion oft wenig Beachtung schenken.

Bezeichnend auch der Hashtag, mit dem Vizepräsident Mike Pence die NFL-Entscheidung feierte: "#Winning." Ein Sieg, in der Tat - für die Rechtspopulisten. Denen stellt Trump seit dem Wahlkampf einen weißen Nationalstaat in Aussicht, ohne sich illegal im Land aufhaltende Latinos, Muslime oder aufmüpfige Schwarze: Jede Rede, jeder Tweet, jedes Dekret, jede Polemik und jede Kontroverse zielt in diese Richtung.

Anfangs sah es noch so aus, als zeige die NFL Rückgrat. Am Ende siegte Trump, indem er sein Megaphon nutzte, um Popularität und TV-Quoten anzugreifen.

Geschäftliche Interessen der NFL-Klubbesitzer überwiegen

Geschäftliche Interessen, so stellt sich heraus, waren den Teambesitzern dann doch wichtiger als ein mutiges Engagement für freie Meinungsäußerung. Ganz zu schweigen von den vielen Gewalt- und Missbrauchsskandalen der NFL oder der Diskussion um die Gehirnverletzungen von Spielern, die sie stiekum hinnehmen.

32 NFL-Besitzer stimmten für die Geldbußen. Damit machten sie ein für allemal klar, dass die Spieler ihre Untertanen sind und sie die Bosse. Dazu haben sie natürlich das Recht - doch wie würde es aussehen, wenn ein Konzern seinen Mitarbeitern unter Strafdrohung vorschreibt, dem Sternenbanner zu salutieren?

Nicht nur "Sports Illustrated" spricht von einem "Fehler". Den Aktivismus der Schwarzen und ihrer "Alliierten" zu unterschätzen, ist schon oft nach hinten losgegangen. "Es wird nur noch chaotischer werden", prophezeit Chris Long von Super-Bowl-Gewinner Philadelphia Eagles. Wenn sein Team im Juni im Weißen Haus eingeladen ist, wird er - wie unter anderem auch sein Teamkollege Malcolm Jenkins - der Zeremonie aus Protest fernbleiben. Das steht noch nicht unter Strafe.

spiegel


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