Seit seiner Machtübernahme als Kronprinz von Saudi-Arabien pflegt Mohammed bin Salman, auch mit dem Wohlwollen der Bundesregierung, das Image eines jungen, engagierten Reformers. Mit seiner "Vision 2030" will er demnach die in Traditionen erstarrte Monarchie am Persischen Golf sozial und wirtschaftlich in die Moderne führen. Auch die Frauen sollen von dieser Vision für das 21. Jahrhundert profitieren und nicht nur als Arbeitskräfte in den Fokus rücken, sondern mutmaßlich auch mehr Rechte im saudischen Alltag erhalten.
Prominentestes Beispiel für diesen vom Kronprinzen gehegten Wunsch ist wohl das Versprechen, dass auch saudische Frauen in absehbarer Zeit einen Pkw fahren dürfen. In nur wenigen Wochen, am 24. Juni, wird Saudi-Arabien das seit langem bestehende Fahrverbot für Frauen aufheben und damit die sichtbarste Sozialreform durchführen, für die sich Prinz Mohammed eingesetzt hat.
Mit diesem Narrativ verträgt sich die Tatsache allerdings nicht, dass bin Salman nun mit harter Hand gegen genau jene Aktivistinnen vorgeht, die sich bereits seit geraumer Zeit immer wieder für die Aufhebung des Fahrverbots für Frauen in Saudi-Arabien eingesetzt hatten.
Nach aktuellen Informationen wurden in den letzten zwei Wochen demzufolge mindestens elf Personen, überwiegend Frauen, verhaftet und verhört, ohne Zugang zu Anwälten zu erhalten. Eine Frau soll in Isolationshaft gehalten worden sein.
Mohammad bin Salman, der Kronprinz von Saudi-Arabien, sollte unverzüglich Frauenrechtlerinnen freilassen, die kürzlich im Königreich verhaftet wurden", twitterte die Organisation Human Rights Watch am 26. Mai.
Wie internationale Medien berichten, wurden die meisten Frauen bereits im September davor gewarnt, die Aufhebung des Fahrverbots für Frauen sowie die sogenannte Anti-Vormundschaftskampagne zu kommentieren. Das saudische Vormundschaftssystem sieht die Einwilligung der Väter, Brüder, Ehemänner oder sogar Söhne für eine Vielzahl von grundlegenden Lebensentscheidungen saudischer Frauen vor.
Dies gilt etwa für die Aufnahme eines Studiums oder Reisen jeglicher Art. Bisher liegen keine Informationen darüber vor, ob und inwieweit bin Salman auch dieses System der Bevormundung als reformwürdig betrachtet.
Eingebettet war das Vorgehen gegen die Aktivisten demnach in eine Medien- und Social-Media-Kampagne, mittels derer die Aktivisten als "Verräter" diffamiert wurden. Parallel dazu erklärte die saudische Regierung, dass die Verhafteten verdächtige Kontakte ins Ausland gepflegt und "Feinden in Übersee" finanzielle Unterstützung geboten hätten.
Sie wollten die Sicherheit, Stabilität und den gesellschaftlichen Frieden des Königreichs untergraben und der nationalen Einheit schaden", berichtete etwa die saudische Nachrichtenagentur SPA.
Nun sei die Regierung damit befasst, andere Beteiligte am vermeintlichen Komplott zu identifizieren.
Samah Hadid, Amnesty Internationals Direktor für Kampagnen im Mittleren Osten, zeigt sich derweil empört über die offenkundige Diskrepanz zwischen Schein und Wirklichkeit der saudischen Regierungspolitik:
Die saudi-arabischen Behörden können nicht weiterhin öffentlich erklären, dass sie sich für Reformen einsetzen, während sie Frauenrechtlerinnen auf diese grausame Weise behandeln.
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