Löw hadert mit der Schludrigkeit

  03 Juni 2018    Gelesen: 1365
Löw hadert mit der Schludrigkeit

Den Schluss, dass Deutschlands Fußballer gut präpariert für die WM sind, lässt die Niederlage in Österreich nicht zu. Der Bundestrainer ist wenig amüsiert. Einzelne Spieler kritisiert er nicht - eines hat ihn aber besonders geärgert.

Kurz danach war der deutsche Fußball-Bundestrainer flugs wieder ganz entspannt. In der Fragerunde mit den Journalisten hatte er noch betont, dass ihn diese Niederlage schon ärgere. Also nicht das 1:2 (1:0) in diesem Testspiel gegen Österreich in Klagenfurt an sich. Sondern wie diese Niederlage am Samstagabend zustande gekommen war. Aber bei einer Zigarette mit den einheimischen Kollegen nach der Pressekonferenz vor dem Stadion war das schon kein Thema mehr. Joachim Löw lobte höflich das Team des Gastgebers, wirkte keineswegs besorgt und sagte im Hinblick auf das zweite und letzte Spiel vor der Weltmeisterschaft am nächsten Freitag in Leverkusen gegen Saudi-Arabien (ab 19.30 Uhr im Liveticker bei n-tv.de): "Vielleicht gelingt uns dann ein Erfolg - ein knapper Sieg!"

Sprach's, lächelte, ballte kurz die Faust und verschwand in Richtung Bus, der ihn und seine dann doch enttäuschende Mannschaft zum Flughafen bringen sollte. Von dort aus ging es nach Bozen und dann zurück ins Trainingslager. In Eppan entscheiden Löw und seine Trainerkollegen Marcus Sorg, Thomas Schneider und Andreas Köpke an diesem Sonntag, wen sie mit zur WM nach Russland nehmen, die für die DFB-Elf am 17. Juni mit dem Spiel gegen Mexiko im Moskauer Luschniki-Stadion beginnt. Oder besser: Welche vier von den zurzeit noch 27 Akteuren zu Hause bleiben müssen. Bis Montag um zwölf Uhr muss er dem Weltverband Fifa seinen endgültigen 23er-Kader melden.

Auch wenn er im Detail nichts dazu sagte, scheint geklärt, dass Kapitän Manuel Neuer vom FC Bayern fit genug ist, um für den Titelverteidiger bei diesem Turnier im Tor zu stehen. Dafür trifft es mutmaßlich Kevin Trapp von Paris Saint-Germain. Unter den Spielern auf dem Feld gelten der Leverkusener Innenverteidiger Jonathan Tah, sein offensiver Vereinskollege Julian Brandt, Berlins Linksverteidiger Marvin Plattenhardt und Freiburgs Angreifer Nils Petersen als die Kandidaten, die am meisten wackeln. Vielleicht jedoch trifft es auch den Schalker Mittelfeldspieler Leon Goretzka. Aber darüber wollte der Bundestrainer nach dem Spiel partout nicht sprechen, "um keine Spekulationen anzuheizen". Und im Grunde sei es ja so gewesen: "Eigentlich hat sich in diesem Spiel keiner aufgedrängt - wenn ich jetzt mal die Feldspieler nehme."

"Keine Spekulationen anheizen"

In der Tat war das meiste, was seine Mannschaft vor 29.200 Zuschauern im dem Augenschein nach nicht ganz ausverkauften Wörthersee Stadion bot, schlichtweg schlecht. Nach Starkregen, Hagel, einem um 103 Minuten verspäteten Anpfiff und der Führung durch Mesut Özil, der ein Geschenk des gegnerischen Torhüters Jörg Siebenhandl nach elf Minuten elegant bestrafte, verpasste es die DFB-Elf, trotz guter Chancen auf 2:0 zu erhöhen. Und nach der Pause ging wenig bis nichts mehr, Martin Hinteregger (53.) und Alessandro Schöpf (69.) schossen die Gastgeber zum verdienten Sieg. Natürlich werden sich die Deutschen sagen, dass es ja nur ein Testspiel war. Aber so eine Niederlage braucht kein Mensch. Während die österreichischen Zuschauer nach dem ersten Erfolg gegen den Nachbarn seit 32 Jahren feierten, als hätte sich ihre Mannschaft nachträglich noch für die WM qualifiziert, waren die deutschen Spieler sichtlich bedient und schlichen schnurstracks Richtung Kabine. Nur Manuel Neuer, Joshua Kimmich, Julian Brandt und Leroy Sané machten noch einen Schwenker zu den Fans.

Marco Reus, der erst nach 67 Minuten für den erneut im DFB-Trikot nicht überzeugenden Leroy Sané eingewechselt worden war, konstatierte unwidersprochen: "Wir haben in der ersten Halbzeit ganz gut, nach der Pause aber keinen Fußball mehr gespielt." Es gebe, so schloss er, noch einiges zu tun.

Und Löw weiß: Gemessen an dieser Partie ist die Liste der Streichkandidaten eher länger geworden. Explizit und mehrmals kritisierte er die offensichtliche Schludrigkeit seines Teams: Die Niederlage ärgere ihn, "weil wir vieles nicht so umgesetzt haben, wie besprochen. In der ersten Halbzeit haben wir es noch ordentlich gemacht, aber dann sind wir immer mehr in so ein Fahrwasser reingekommen, wo das Spiel nicht mehr lief." Von daher sei vieles schlecht gewesen bei diesem Fehlerfestival.

Immerhin gebe das Spiel nach eingehender Analyse einiges her. "So viele Bälle, wie wir sie heute verloren haben - das habe ich bei meiner Mannschaft selten erlebt." Alles viel zu schlampig, urteilte der Weltmeistertrainer. Selten habe er "eine so selbstverschuldete Niederlage" mitansehen müssen. Nur woran es lag - das konnte der Bundestrainer dann auch nicht erklären. Nur so viel: "Ich ärgere mich heute. Auf der anderen Seite bin ich hundertprozentig der Überzeugung, dass die Mannschaft in zwei Wochen ganz anders präpariert sein wird". Schlaflose Nächte werde er jedenfalls nach dieser Niederlage nicht haben. "Wir lassen uns nicht verrückt machen und bleiben ruhig." Und vielleicht klappt's ja schon eine Woche vorher gegen Saudi-Arabien, den 65. der Fifa-Weltrangliste - mit einem knappen Sieg.

Quelle: n-tv.de


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