Volvo V90 Cross Country im Test

  07 Juni 2018    Gelesen: 1251
Volvo V90 Cross Country im Test

Mit dem Volvo V90 Cross Country dürfte man mehr Spaß im Gelände haben als mit so manchen City-SUV. In der Sonderausstattung Ocean Race bietet der Schwede zudem den Hauch von Weltumseglung. Aber braucht es das alles?

Für viele soll das Auto nicht nur schnödes Fortbewegungsmittel sein, sondern auch Ausdruck der eigenen Persönlichkeit. Die Hersteller selbst bieten hier Sondermodelle, die in vielen Fällen an die Aktivitäten abseits des Autobaus gekoppelt sind. Bei Volvo zum Beispiel ist es das Ocean Race. Eben jene Segelregatta, die alle drei Jahre die Welt umrundet. Im Südpazifik erwarten die Teilnehmer Wellenhöhen von bis zu 30 Metern und Windgeschwindigkeiten von bis zu 110 km/h. Ein Umstand, der die Regatta zu einer der härtesten Herausforderungen im Segelsport macht.


Kein Wunder also, dass n-tv.de sich den Volvo V90 Cross Country in der Sonderausstattung Ocean Race zum Test bestellt hat. Nicht dass mit dem Auto die Welt umfahren werden sollte, aber der Hauch des Abenteuers hat schon was. Nun gut, ganz so abenteuerlich ist es dann aber doch nicht: Der Schwede fährt in elegantem Chrystal White Pearl vor, wobei orangefarbene Akzente an Bug, Heck und an den vorderen Kotflügeln als Blickfang dienen. Die Verplankungen der Radhäuser des mit einer Bodenfreiheit von 210 Millimetern gesegneten Cross Country ist in einem sehr dezenten Grau gehalten, das beim flüchtigen Hinsehen kaum auffällt. Genau wie der Unterfahrschutz, der ebenfalls grau ist. Anders sieht es mit dem Kühlergrill aus, der in mattem Silber strahlt.

Mehr sportlich als rustikal

Auch der Innenraum ist mehr sportlich-edel als rustikal. Ocean Race halt. Im Falle des Testwagens sind die wunderbar bequemen Sportsitze in Beige gehalten, mit einer Mischung aus Leder und Mesh-Einlagen. Auch hier gibt es wieder orangefarbene Akzente und Sicherheitsgurte in der gleichen Farbe. Im Dashboard ruhen dort, wo sonst schnöde Holznachbildungen zu finden sind, Intarsien aus echtem Karbon und der Fahrer greift in ein perforiertes Sportlederlenkrad. Warum das an dieser Stelle so detailreich beschrieben wird? Nun, weil es im Zusammenspiel mit schicken 20-Zoll-Rädern und einer Reihe von weiteren Beigaben, die noch näher beleuchtet werden sollen, zu einem Einstiegspreis von 76.000 Euro führt.

Eine der Beigaben ist zum Beispiel das Triebwerk. Im Testwagen arbeitet der potenteste Benziner, der aus seinen zwei Litern Hubraum und vier Zylindern im Normalfall 310 PS generiert. Hier sind es aber sogar 326 Pferdchen, die unter der langen Haube galoppieren dürfen, denn die Polestar-Leistungsoptimierung wurde für zusätzliche 1199 Euro in der Optionsliste des Testers angekreuzt. Ein Umstand, der dem sportlichen Antritt des großen Schweden durchaus zuträglich ist. Mit angenehmer Leichtigkeit werden die zwei Tonnen Lebendgewicht aus dem Stand in 5,8 Sekunden auf Landstraßentempo beschleunigt. Weiter geht es bei schwerem Fuß bis auf Tempo 230. Warum nicht 250, wissen allein die schwedischen Ingenieure.

Höchster Verbrauch nicht bei Leistungsabruf

Am Verbrauch kann es nicht liegen, denn der T6 ist kein Kostverächter. Erstaunlicherweise wurde der höchste Konsum nicht in den schnell gefahrenen Autobahnabschnitten gemessen, sondern im leidigen Stop-and-go des Stadtverkehrs. Bei einer solchen anderthalbstündigen Trödelfahrt genehmigte sich der aufgepumpte Benziner satte 15,4 Liter Super. Auf der Autobahn waren es knapp 10,2 Liter. Mag sein, dass die Temperaturen von über 30 Grad Celsius ihren Teil dazu beitrugen, weil auch die Start-Stopp-Automatik außer Gefecht war, denn der Ventilator musste ohne Unterbrechung die Kühlerluft im Wärmetauscher in Wallung bringen. Doch wie dem auch sei - unter 10 Litern ist der V90 im Test kaum zu fahren und wenn, dann doch nur recht spaßbefreit.

Hilfreich war im leidigen Stop-and-go der Intelli Safe Assistent mit adaptiver Geschwindigkeitsregelanlage, Spurhalter und Stauassistent. Letztgenannter ließ sich sogar im Stadtverkehr prima nutzen. Der Spurhalter taugt hier nur bedingt, ist aber auf der Autobahn eine große Hilfe im Zusammenspiel mit dem adaptiven Tempomaten. Allerdings arbeiten die Komponenten nur bis zu einer Geschwindigkeit von 130 km/h Hand in Hand. Das heißt, wer schneller fährt, muss selber lenken. Ob das sicherer ist oder nicht, sei dahingestellt, andere Hersteller lassen hier jedenfalls Geschwindigkeiten bis 210 km/h zu.

Nun ist das aber auch eine recht sportliche Geschwindigkeit, in der der Pilot das Fahrzeug doch besser selber kontrolliert. Wer also derart freudbetont unterwegs ist, sollte das wie eine Kristallwalze wirkende Rädchen für die Fahrmodi in der Mittelkonsole in jeden Fall auf Dynamik gedreht haben. Zu weichherzig scheint der hochgelegte V90 sonst in schnell gefahrenen Kurven. Wird er im Sportbetrieb geführt, lässt er sich flott ums Eck ziehen, taugt aber ob seines Gewichtes dann doch nicht als Rennwagen. Der will er aber auch gar nicht sein, sondern ein Lademeister und Langläufer mit Leistungsreserven, die nicht zuletzt auch dank des wuchtigen Drehmoments von 430 Newtonmetern, die über eine wirklich geschmeidig schaltende Achtgangautomatik an alle vier Räder weitergereicht werden, vorhanden sind. Allerdings gibt es eine Einschränkung.

Das muss echt nicht sein


Hinter der sensorgesteuerten elektrischen Heckklappe befindet sich nämlich nicht nur der Stauraum mit einem Fassungsvermögen von 560 Litern bei aufgestellter Rückenlehne und 1526 Litern, wenn die elektrisch flach gemacht wird, sondern auch ein Laderaumboden in Teak-Optik. Das mit dem Holz in Anthrazit und schwarzen Metallschienen sieht Hammer aus, ist aber einfach nur unpraktisch. Der Testwagen, der schon durch einige Hände gegangen ist, wies jedenfalls deutliche Gebrauchsspuren an dieser Stelle auf. Ähnliche Erfahrungen durften seinerzeit Kunden machen, die einen Mercedes CLS Shooting Brake mit Kirsch- oder Nussholzboden für knapp 5000 Euro im Kofferraum orderten. Sobald etwas Schweres und Kantiges darüber gezogen wurde, taten sich unschöne Riefen auf.

Wer häufig schwere Lasten im Heckabteil bewegt, sollte also nicht nur über eine Gummimatte nachdenken, sondern auch das adaptive Luftfahrwerk an der Hinterachse für 1970 Euro zusätzlich buchen. Nicht gerade wenig Geld, wenn man bedenkt, dass beim T-Modell der Mercedes E-Klasse die Luftfederung mit Niveauregulierung an der Hinterachse Serie ist. Was aber auch bei den Schwaben nicht Serie ist, ist das Head-Up-Display oder ein elektrisches Panorama-Glasschiebedach. Warum beides hier in einem Atemzug erwähnt wird? Weil es in einem Paket für 2600 Euro nur im Bündel verkauft wird.

In einem solchen gibt es auch das Navi zusammen mit dem WLAN-Hotspot für zusätzlich 1750 Euro. Die Bedienung erfolgt über den hochkant stehenden Touchscreen, der des Öfteren gereinigt werden muss, weil er extrem empfänglich für Fettfinger ist und dessen Bediensystem einige Zeit benötigt, bis man es durchschaut hat. Auf dem 12,3 Zoll großen Display werden natürlich auch die Bilder der Parkkamera mit 360 Grad Rundumblick angezeigt. Warum das Bild alles um das Fahrzeug herum aber so fürchterlich verzerren muss, dass man sich beim Blick auf den Monitor wie Gulliver im Land der Riesen vorkommt, ist absolut unklar. Schmerzlich vermisst wurde im Testwagen ein Parkassistent, der den 4,94 Meter langen Kombi passgenau in die Parklücken dirigiert. Diese Investition wäre jedenfalls mehr wert gewesen als ein Ladeboden in Teak-Optik.

Fazit: Summa summarum schlägt der Volvo V90 Cross Country im Ocean-Race-Look mit 95.409 Euro zu Buche. Natürlich ist der Wagen zu diesem Preis nah an der Vollausstattung. Doch allein wer auf die Zugabe der Weltumseglung verzichtet, kann bereits für 63.800 Euro in einen T6 AWD mit 8-Gang-Automatik einsteigen. Konfiguriert man sich alles hinein, was auch das Ocean-Race-Sondermodell drin hat, landet man am Ende bei 85.599 Euro. Der Preis ist das eine, die Fahreigenschaften das andere. Der V90 ist als Cross Country ein eben so tadelloser Langläufer wie die Kombi ohne mehr Bodenfreiheit. Nur eben, dass er mit einer Watttiefe von 300 Millimetern, den ausgestellten Radkästen, Bergan- und -abfahrhilfe sowie dem Unterfahrschutz ein echter Universalkombi ist. Noch dazu ein ausgesprochen schöner.

DATENBLATT
Volvo V90 Cross Country Ocean Race T6 AWD
Abmessungen (Länge/Breite/Höhe)
4,94 / 1,88 / 1,54 m
Radstand
2,94 m
Leergewicht (DIN)
1958 kg
Sitzplätze
5
Ladevolumen
560 / 1526 Liter
Motor
Vierzylinder mit 1969 ccm Hubraum
Getriebe
8-Gang-Automatik
Systemleistung Verbrennungs- und E-Motor
326 PS (240kW)
Kraftstoffart
Benzin
Antrieb
Allradantrieb
Höchstgeschwindigkeit
230 km/h
Tankvolumen
60 Liter
max. Drehmoment (Systemleistung)
430 Nm bei 4500 U/min
Beschleunigung 0-100 km/h
5,8 Sekunden
Normverbrauch (innerorts, außerorts, kombiniert)
9,6 / 6,1 / 7,4 Liter (NEFZ)
Testverbrauch (kombiniert)
10,4 Liter
CO2-Emission kombiniert
169 g/km /EU6b
Grundpreis
76.000 Euro
Preis des Testwagens
95.409 Euro
Quelle: n-tv.de


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