Löw kennt Masterplan, Neymar in der Kritik

  27 Juni 2018    Gelesen: 1109
Löw kennt Masterplan, Neymar in der Kritik

Wer bis zum Anpfiff um 16 Uhr verstehen will, wie die DFB-Elf noch ins Achtelfinale kommt, sollte sich beeilen – oder Löws simplem Plan vertrauen. Brasilien zweifelt an seinem Superstar, Mexiko hofft auf ein WM-Gesetz.

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Der deutsche Fußball hat Sarah Connor viel zu verdanken. Das Sommermärchen etwa, das sie 2005 herbeigesungen hatte mit ihrer brillanten "Brüh im Lichte dieses Glückes"-Version der Nationalhymne - tatsächlich sollte die Sonne einen Monat lang niederbrennen auf ein glücksbesoffenes Land. Nicht zu vergessen auch die sehr unterhaltsamen Schlagzeilen zur total geheimen Nein-Doch-Affäre mit Werders Diego. Nun sollte der DFB Connor als Maskottchen einfliegen lassen, Verzeihung, als #mskttchn, im Gepäck einen ihrer großen Erfolge: "From Zero to Hero". Der Nummer-1-Hit von 2005 hat seit der Kroos-Tat von Sotschi das Potenzial zum inoffiziellen WM-Song der Nationalmannschaft - und ein sympathischeres Motto als #bestneverrest ist die Geschichte vom Aufstieg aus dem Nichts allemal. Der Weg aus dem Jammertal namens Auftaktspiel Richtung Titelverteidigung geht heute um 16 Uhr (ZDF und im n-tv.de-Liveticker) in Kasan gegen Südkorea weiter.

Welche Route Deutschland ins Achtelfinale führt, hat das dpa-Kompetenzteam aus acht Mathematik-Nobelpreisträgern, Mario Basler und den sterblichen Überresten von Krake Paul gerade zweifelsfrei errechnet und in eine schön bunte Grafik gepackt. Verstanden? Joachim Löw eher nicht, Rechenspieleseien nicht seine Sache, gab er zu, also ordnete er einfach einen klaren Sieg an. Genialer Masterplan, kann sich die CSU was von abschneiden.  

Ob er auch funktioniert, erfahren Sie noch heute Vormittag in "So läuft das Spiel". Besonders interessant wird das Personalpuzzle - es könnte spannend werden, schließlich hat Joachim Löw schon gegen Schweden einige Gewissheiten über Bord geworfen bzw. auf der Bank gelassen, namentlich Mesut Özil und Sami Khedira. Außerdem fehlen Jerome Boateng (Sperre) und Sebastian Rudy (Totalschaden im Nasenbereich). Die Kollegen vor Ort trauen Löw sogar zu, eine der letzten Konstanten zu ignorieren, auf die man sich noch verlassen konnte in Deutschland. Bitte seien Sie auf alles gefasst, wenn Sie den Fernseher einschalten, es könnte tatsächlich heißen: Müller spielt nimmer. Schockschwerenot. Aber was auch immer Sie tun, um sich auf das Herzschlag-Gruppenfinale gegen Südkorea vorzubereiten: Bitte nehmen Sie nicht das, was Maradona genommen hat. Und wenn doch – nur die Hälfte.

Zeit für ein WM-Päuschen

Sorry, nicht heute. Wirklich nicht. Ab 20 Uhr entscheidet sich die äußerst spannende Gruppe E und damit auch der mögliche Achtelfinalgegner der deutschen Elf. Sogar die hoch gehandelten Brasilianer können bei einer Niederlage noch rausfliegen, sie bekommen es in Moskau mit den ruppigen Serben (ZDF/n-tv.de-Liveticker) zu tun – eine Ansetzung, die schon jetzt Phantomschmerzen an Neymars Schienbeinen verursacht. Der brasilianische One-Man-Show bestimmte auch nach seinem tränenreichen Zusammenbruch am Spielende gegen Costa Rica die Schlagzeilen: Mentor Thiago Silva beschwerte sich öffentlich, weil Neymar ihn während des Spiels für eine faire Aktion angeblafft hatte. In den sozialen Medien nahmen ihm nicht alle Fans seine Tränen ab, vielleicht zu Unrecht, aber wer sich Mätzchen wie den respektlosen Rainbow Flick in der Nachspielzeit und den peinlichen Halsabschneider-Jubel beim 2:0  leistet, muss damit wohl leben. Von den Schauspiel-Einlagen ganz abgesehen, was uns zu einer Bar in Rio führt, die auf eine gloriose Pleite zusteuert: Für jeden "Tombo" (Umkipper) von Neymar spendiert der Wirt einen Kurzen aufs Haus. Eine Geschäftsidee wie die legendäre Juicero-Saftpresse - einfach, mächtig viel PR dahinter, und am Ende verliert jemand sehr viel Geld.

Zurück zur sportlichen Diskussion, die sich in Brasiliens Medien vor allem um Neymars mentale Reife dreht - wenn den teuersten Fußballer der Welt schon ein Sieg gegen Costa Rica emotional so anfasst, wie reagiert er erst auf wirkliche Drucksituationen? Zumal sich Neymar mit einer Unbeherrschtheit eine gelbe Karte einhandelte, die teuer werden könnte - eine weitere gegen Serbien, und das Achtelfinale findet ohne Brasiliens Nummer zehn statt. Der Trainer stärkt seiner Diva zumindest öffentlich den Rücken: "Auf ihm liegt eine viel zu hohe Verantwortung für unseren Erfolg", sagte Tite gestern. "Wir sollten sie nicht allein auf seine Schultern legen." Blöd nur, dass Neymar das schwere Paket immer wieder an sich reißt, sich kaum helfen lässt von seinen brillanten Mitspielern wie Philippe Coutinho, dem gar nicht mal so heimlichen Chef im offensiven Mittelfeld. "Trust your Teammates", das ist die Lektion, die der legendäre "Zen-Meister" Phil Jackson seinem Schützling Michael Jordan immer wieder eintrichterte, dem besten Basketballer aller Zeiten. Erst dann gewannen sie gemeinsam Titel. Auch Neymar sollte diese Lektion schnell lernen. Und die verdammten Mätzchen lassen.

Was verursacht WM-Herzrasen?


Nein, Janne Andersson hat sich noch nicht beruhigt. Am Dienstag wollten Reporter vom schwedischen Trainer wissen, wie er die deutschen Siegerposen vor seiner Bank erlebt hat - und trotz der Entschuldigung des DFB blieb er unversöhnlich: "Sie haben uns verhöhnt, das war unsportlich. Nur ein emotional toter Mensch hätte auf die Provokationen nicht reagiert." Andersson sieht sein Team aber trotz der niederschmetternden Niederlage "mental stark" und in der Lage, das letzte Gruppenspiel gegen Mexiko in Jekaterinburg (16 Uhr, ZDF Info/n-tv.de Liveticker) zu gewinnen. Nur ein Sieg hilft wirklich weiter, Mexiko hat es da leichter - "El Tri" reicht auf jeden Fall ein Remis zum Weiterkommen.

Den Luxus genießen auch die Schweizer im zweiten Spiel der Gruppe E (20 Uhr, ZDF Info/n-tv.de-Liveticker) in Nischni Nowgorod gegen die bereits ausgeschiedenen Costa Ricaner. Die Eidgenossen haben ein nervenaufreibendes Match gegen Serbien inklusiver politischer Diskussionen hinter sich. Nun soll damit Schluss sein, forderte Übertrainer Ottmar Hitzfeld: "Jetzt muss wieder die ganze Schweiz hinter der Nati stehen." Mitmischen dürfen übrigens auch Xherdan Shaqiri und Granit Xhaka, die mit ihrem umstrittenen Doppeladler-Jubel gegen die Fifa-Regeln verstießen. Der Weltverband ließ aber wie so oft Milde walten und erließ nur eine Geldstrafe, 8680 Euro für jeden, macht 4340 Euro pro Adlerkopf – das ist die Summe, die die übereifrigen DFB-Mitarbeiter für Mackertum vor Schwedens Bank berappen müssen. Den, nunja, Vogel schoss die Fifa aber mit dem Strafmaß für Serbiens Trainer Mladen Kristajic ab, der Schiedsrichter Felix Brych für eine angebliche Fehlentscheidung gern vors Kriegsgericht in Den Haag zerren würde: ebenfalls nur 4340 Euro. Statt einer humorlosen Sperre, die für so einen jenseitigen Spruch durchaus mal angemessen wäre.  

Ras, dwa, tri – die Zahl des Tages: 0


Was für ein Abschluss für die großartigen Fans aus Peru: Im letzten Gruppenspiel sahen sie endlich das erste WM-Tor ihres Landes seit 1982 und den ersten Sieg seit 1978. Nur die Anhänger von "Los Ticos" durften in Russland noch nicht jubeln – Costa Rica ist das einzig verbliebene Team mit null Toren auf dem Konto. Turnierübergreifend warten sie seit 368 WM-Minuten auf einen Treffer.

Angeberwissen für's Public Viewing


Apropos null: Bislang galt bei der WM ein ehernes Gesetz - wer mit zwei Siegen ins Turnier startet, erreicht auch die K.o-Runde. Mexiko könnte es als erstes Team der Geschichte brechen. Trainer Osorio warnte deswegen vor zu viel Euphorie, die gegen die konterstarken Schweden nach hinten losgehen könnte. Eine Niederlage, und schon ist die bisher so starke Mannschaft auf Schützenhilfe angewiesen. Schon ein Punkt reicht dagegen für den Gruppensieg und die Fortsetzung einer Serie: Als einziges Team neben Brasilien und Deutschland hat sich "El Tri" bei den vergangenen sechs Weltmeisterschaften stets für die K.-o.-Phase qualifiziert.

Redelings WM-Zeitreise

Ein kleiner Reality-Check für alle, die meinen, die Sitten würden (nicht nur) im Fußball verrohen: Das harmlose Handgemenge, das  zwei DFB-Sakkoträger mit ihren halbstarken Provokationen vor der schwedischen Bank auslösten, taugt heutzutage für einen mittelschweren Skandal. Wie sich die Zeiten ändern: Am 27. Juni 1954 lieferten sich die Ungarn und die Brasilianer eine Massenkeilerei bis in die Kabine hinein, wo Ferenc Puskas einem Gegner eine Flasche über den Kopf zog. Das Spiel war nur unwesentlich weniger gewalttätig, wie Ben Redelings in seiner heutigen WM-Zeitreise schildert, zu lesen wie gewohnt ab heute vormittag auf n-tv.de,

Der Spruch zum Spieltag


"Es ist eine große Ehre für mich, mit Joachim Löw verglichen zu werden. Er ist der beste Trainer der Welt und er zieht sich sehr modisch an."

Südkoreas Trainer Shin Tae-yong schmeichelt dem Bundestrainer. Und ein kleines bisschen auch sich selbst.

Quelle: n-tv.de


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