Herr Schlund, Sie sind der neue Vorsitzende der Deutsch-Russischen Parlamentariergruppe. Wie kam es dazu?
Es gibt eine Festlegung im Bundestag, welche Fraktion welche Parlamentariergruppe bekommt. Die stärkste Gruppe, also die amerikanische, hat meines Erachtens die CDU bekommen. Und wir, also die AfD, haben die zweitstärkste, die russische, bekommen. Dann ist es bei uns in der Fraktion zu einer Kampfabstimmung gekommen, und ich habe diese Abstimmung mit einer Stimme mehr gewonnen und bin nun der Vorsitzende der Deutsch-Russischen Parlamentariergruppe.
Haben Sie sich denn schon mit den Kollegen aus der Gruppe getroffen?
Ja, wir haben eine Vorstandssitzung und eine Mitgliederversammlung gehabt und sogar schon ein erstes Treffen mit zwei Kollegen der Duma im Rahmen einer Delegationsreise. Sie gehören zum Haushaltsausschuss.
Nun sind ja auch prominente Persönlichkeiten wie Gregor Gysi und Jürgen Trittinin der Deutsch-Russischen Parlamentariergruppe. Meinen Sie, es wird gelingen, über Parteigrenzen hinweg gut zusammenzuarbeiten?
Ich hoffe sehr, dass das gelingen wird. Ich habe mit allen stellvertretenden Vorsitzenden, die im Rahmen des Vorstandes zusammenarbeiten, gesprochen. Und ich hoffe, dass das konstruktive Gespräch, das wir zu Beginn mit jedem einzelnen hatten und auch im Rahmen der Vorstandssitzung, dass das so bleibt und dass wir eine vernünftige und auch harmonische Zusammenarbeit innerhalb der nächsten Jahre machen können.
Haben Sie irgendwelche Ressentiments, irgendeinen Widerstand gespürt?
Nein, eigentlich nicht. Es ist eine parlamentarische, wenn man so will, Freundschaftsgruppe. Hier ist es wichtig, überparteilich zu sein und natürlich auch den internationalen Kontakt zu haben, über parlamentarische Dinge sich auszutauschen und natürlich auch einfach Dinge, die unterschiedlich sind, zu diskutieren. Wir haben dazu Arbeitsgruppen gebildet. Das habe ich auch mit meinem Konterpart in der Duma, dem Herrn Sawalny, bereits in Moskau besprochen. Und das fand auch rege Zustimmung innerhalb des Vorstandes.
Was sind das für Arbeitsgruppen?
Wir haben sechs Arbeitsgruppen gebildet. Die eine Arbeitsgruppe beschäftigt sich mit Sicherheitsfragen und dem Austausch von Erfahrungen zur Gesetzgebung. Dort ist von der CDU der Herr Gädechens federführend. Dann haben wir die Arbeitsgruppe Zwei, das ist Handel und Wirtschaftszusammenarbeit, das hat die Kollegin Barnett von der SPD. Arbeitsgruppe Drei ist Zusammenarbeit bei Digitalisierung und informationspolitischer und Cybersicherheit. Das macht die FDP mit dem Herrn Link. Bei Arbeitsgruppe Vier, Zusammenarbeit Energie und Brennstoffe, ist Dr. Gysi federführend. Herr Trittin macht die Arbeitsgruppe Fünf, Zusammenarbeit der humanitären und zivilgesellschaftlichen Organisationsfragen. Und last but not least, die Arbeitsgruppe Sechs, die ich übernommen habe, widmet sich der Zusammenarbeit und dem Ausbau regionaler parlamentarischer Verbindungen.
Haben Sie vor, sich mit dem ehemaligen Vorsitzenden der Gruppe, Bernhard Kaster, auszutauschen? Oder planen Sie eher einen Neuanfang?
Die letzte Zeit ist eigentlich nichts passiert. Die russische Gruppe ist auch nicht nach Deutschland gekommen, so dass es für mich jetzt nicht zielführend ist, alte Dinge aufzukochen, sondern dass wir jetzt hier vielleicht auch interfraktionell einen Neustart versuchen, auch mit diesen Arbeitsgruppen, die ich mit Herrn Sawalny besprochen habe. Er war sehr interessiert, dass wir jetzt in Zukunft auch wieder den Dialog auf Augenhöhe aufnehmen. Deswegen wollen wir auch, dass die russische Delegation als erstes herkommt.
Gibt es denn schon konkrete erste Pläne für Projekte oder Besuche?
Wir haben im Oktober – der Termin steht noch nicht ganz fest – geplant, dieses erste Treffen hier in Deutschland zu machen.
Was sind denn die Ziele der Deutsch-Russischen Parlamentariergruppe in den nächsten Jahren? Was würden Sie am liebsten sagen, was Sie in den vier Jahren erreicht haben?
Das Wichtigste ist, dass wir die Arbeitsgruppen zum Leben erwecken. Meines Erachtens geht das nur über eine Arbeitsteilung. Wenn alle alles machen, dann funktioniert das nicht. Deswegen möchten wir auch gern die immerhin 70 Mitglieder der Gruppe diesen Arbeitsgruppen möglichst in einer ähnlichen Stärke zuordnen, und dass wir dann anfangen, die russischen, also Gegenpart-Gruppen, und die deutschen Gruppen zusammenzubringen. Wenn wir es am Ende dieser Zeit geschafft haben, dass jede Arbeitsgruppe zusätzlich zu der offiziellen Delegation sich irgendwo mal getroffen hat, vielleicht in Moskau oder vielleicht auch bei uns in Berlin – wäre das schon ein großes Ziel. Dort sollten dann auch wirklich Protokolle erarbeitet werden, die den Dialog zwischen Russland und Deutschland auf der Parlamentarierebene deutlich fördern. Meine Meinung ist, dass nur persönliches Engagement und das Kennenlernen zu Freundschaften führen kann, und dann sind auch diese Arbeitsgruppen am Leben. Wenn wir das erreichen können bis zum Ende dieser Zeit, dann wäre ich schon zufrieden.
Meinen Sie, der Austausch der Parlamentarier kann auch Einfluss auf die Politik der beiden Länder haben? Oder geht es nur um Austausch und Kennenlernen?
Es hat immer Einfluss. Es ist ja ein System, und es reichen schon fünf Prozent aus, um ein System zu verändern. Das müssen nicht immer die wichtigsten Akteure im System, also die 95 Prozent sein, die dort die Schwere der Macht repräsentieren, sondern es sind eben auch die kleinen Anteile, die kleine oder mittlere Ebene, auch der Parlamentarier, die zu positiven Entwicklungen innerhalb unseres Austausches führen können. Das ist auf jeden Fall der richtige Weg dahin.
sputnik.de
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