„Die EU soll ihren Friedensnobelpreis zurückgeben!“

  28 Juni 2018    Gelesen: 806
„Die EU soll ihren Friedensnobelpreis zurückgeben!“

Mit christlichen Werten und dem Einstehen für Menschenrechte hat das Vorgehen der EU in der Flüchtlingsfrage nicht mehr viel zu tun, sagt Manfred Rekowski, Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland. Die EU soll ihren Friedensnobelpreis zurückgeben, fordert er.

Können Sie sich noch erinnern? Die Europäische Union hat den Friedensnobelpreis für ihren Einsatz für Frieden, Versöhnung, Demokratie und Menschenrechte erhalten. Die Arbeit der EU stelle eine „Verbrüderung von Nationen“ dar und sei eine Form der von Alfred Nobel in seinem Vermächtnis von 1895 als Kriterien für den Friedenspreis genannten „Friedenskongresse“, hieß es in der Begründung. In einer gemeinsamen Erklärung sagten Jose Manuel Barroso, Präsident der Europäischen Kommission, und Herman Van Rumpoy, Präsident des Europarates: „Dieser Nobelpreis zeigt, dass die Europäische Union in diesen schwierigen Zeiten eine Inspiration für Führungspersönlichkeiten und Bürger auf der ganzen Welt bleibt.“

Das war 2012. Das war vor der Flüchtlingskrise und vor dem verzweifelten Ringen um eine europäische Lösung in Brüssel. Das war auch vor der Zeit, als Boote mit vor dem Ertrinken geretteten Flüchtlingen keinen Hafen mehr fanden, wo sie anlegen durften. Und das war vor Horst Seehofer, der Asylbewerber an der Grenze abweisen will.

Die EU soll den Friedensnobelpreis zurückgeben, fordert der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Manfred Rekowski. Der Umgang mit geflüchteten Menschen entspreche überhaupt nicht dem, was von einer Wertegemeinschaft zu erwarten sei, die sich den Menschenrechten verpflichtet fühlt.

„Wenn wir sehen, dass jetzt Boote mit Flüchtlingen hin und her geschoben werden, dass Länder sich weigern, die Aufnahme von Flüchtlingen solidarisch zu organisieren, dann ist das nach meinem Verständnis wirklich eine Kapitulationserklärung gegenüber dem, was wir eigentlich als Europäer wollen“, sagte der Geistliche in einem Interview mit „domradio.de“.

Das, was derzeit passiere, sei einfach nicht hinnehmbar und eine Schande für Europa. Rekowski appellierte an die christlichen Werte:

„Als Christenmenschen dürfen wir nie nur nach dem Eigennutz fragen, sondern wir müssen auch immer die Situation anderer Menschen, insbesondere hilfsbedürftiger Menschen, vor Augen haben und Lösungen für sie finden.“

Grundsätzlich befürworte er die europäische Lösung der Flüchtlingskrise, und für Deutschland wünsche er sich stabile Verhältnisse. Für die Auseinandersetzungen zwischen Berlin und München habe er hingegen keinerlei Verständnis, so Rekowski.

„Es müsste einen Masterplan geben zur Lösung der humanitären Probleme, wobei ich natürlich weiß, dass wir das nicht dergestalt lösen können, dass alles bei uns im Land gelöst wird. Das fordert auch niemand. Aber die Haltung, sich das Problem vom Leibe schaffen zu wollen und die Geflüchteten aus dem Blick zu verdrängen, irgendwo anders hin, Humanität outsourcen, das geht gar nicht“, sagte Rekowski gegenüber „domradio.de“.

Derzeit wird bei einem EU-Gipfel in Brüssel um einen Beschluss in der Flüchtlingspolitik gerungen. In einer Regierungserklärung vor Antritt ihrer Brüssel-Reise sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel am Donnerstag, die Sekundärmigration innerhalb der EU müsse besser geordnet und gesteuert werden. Dabei dürfe man aber diejenigen Länder nicht im Stich lassen, in denen die meisten Flüchtlinge ankämen. Notwendig sei daher eine Weiterentwicklung der Dublin-Regel der EU.

Druck bekommt Merkel vom Koalitionspartner CSU. Horst Seehofer hatte der Kanzlerin eine Frist bis Ende Juni gesetzt. Sollte bis dahin keine europäische Lösung gefunden werden, droht der Innenminister, im Alleingang Asylsuchende an der deutschen Grenze zurückzuweisen. Der Asylstreit stellt die Union vor eine Zerreißprobe. Für die politische Zukunft der Bundeskanzlerin könnte sich der Konflikt als richtungsweisend herausstellen.

sputnik.de

 


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