Dreistes Spiel auf Zeit oder Unfähigkeit: Slowakei wird zu Millionenstrafe verurteilt

  07 Juli 2018    Gelesen: 748
Dreistes Spiel auf Zeit oder Unfähigkeit: Slowakei wird zu Millionenstrafe verurteilt

Der Europäische Gerichtshof hat am Mittwoch die Slowakische Republik zu einer Millionenstrafe wegen Rechtsbruch und Missachtung des Gerichtes verurteilt. Hintergrund ist der fortgesetzte Betrieb einer Mülldeponie ohne entsprechende Genehmigungen, trotz eines Urteils des EuGH von 2013, das der Regierung in Bratislava Auflagen erteilte.

Die Slowakische Republik ist seit 2004 Mitglied der Europäischen Union (EU). Nicht verhandelbare Bedingung für den Beitritt ist die Anerkennung des Vorrangs von EU-Recht vor nationalem Recht und die Akzeptanz der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes. Beides und noch mehr hat die Slowakische Republik offenbar hartnäckig missachtet. Deshalb hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) nun die Regierung in Bratislava zu einer Pauschalstrafe von einer Million Euro verurteilt. Dazu kommen jeweils 5.000 Euro Strafe für jeden weiteren Tag, den die slowakische Regierung die Urteile des EuGH missachtet.

Hintergrund des Urteils ist eine umstrittene Mülldeponie
Worum geht es? Seit den 50er Jahren des vorigen Jahrhunderts wird in der nordslowakischen Stadt Žilina, im dortigen Stadtteil Považský Chlmec, nahe des Dreiländerecks Tschechien, Slowakei, Polen eine Mülldeponie betrieben. Schon zu Zeiten der Existenz der Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik (ČSSR) wussten und dokumentierten die Behörden, dass die Deponie einen schweren Mangel aufwies, eine ungenügende Abdichtung in Richtung Grundwasser.

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Nach der Unabhängigkeit und staatlichen Eigenständigkeit der Slowakei war die Deponie immer wieder Gegenstand von kritischen Erörterungen von Behörden und Umweltschützern. Mehrfach sollte die Deponie geschlossen werden, aber immer wieder wurden die Betriebsgenehmigungen verlängert. Das änderte sich auch nicht nach dem Beitritt der Slowakischen Republik zur EU. Obwohl die Republik mit dem Beitritt auch die Gültigkeit der Müllrichtlinie der Union von 1999 anerkannte und deren Einhaltung zusicherte

Slowakei missachtete jahrelang folgenlos EU-Recht
Ganze sieben Jahre ließ sich die EU das Katz- und Mausspiel bieten. 2011 erhob die Europäische Kommission dann endlich doch Klage vor dem EuGH. Der verurteilte die Slowakische Republik 2013 zur sofortigen Umsetzung von Auflagen und zur Schließung der Deponie. Es galt eine Frist bis Januar 2014. Doch die ließ die Regierung in Bratislava ungerührt verstreichen.

Die so düpierte EU ließ sich weitere zwei Jahre Zeit, um auf diesen Affront zu reagieren. Mit einer weiteren Klage in Luxemburg. Der EuGH griff nun zu härteren Folterwerkzeugen, den bereits beschriebenen Geldstrafen.

Spielt die slowakische Regierung auf Zeit?
Allerdings erscheint es bei dem bisherigen dreisten Verhalten der slowakischen Regierung nicht unwahrscheinlich, dass sie auch dieses neue Urteil unbeeindruckt einfach ignoriert. Vielleicht hat Bratislava gelernt, dass man einfach nur ausdauernd genug sein muss und dass ernsthafte Sanktionen der EU nicht zu befürchten sind, aus Angst, dass die ohnehin angeschlagene Union weiter an Ansehen verliert. Immerhin sind im kommenden Jahr Europawahlen.

Es könnte aber auch sein, dass die slowakische Regierung schlicht auf Zeit spielt. Die Betreibergesellschaft der Mülldeponie in Žilina – Považský Chlmec hat in einer Selbstdarstellung darauf verwiesen, dass die Deponie eine Kapazität hat, die im Jahre 2025 erschöpft ist. Das ist in sieben Jahren. Und wenn man gelernt hat, 13 Jahre lang EU-Behörden und —Gerichte an der Nase herumführen zu können, ohne dass ein einziger Cent weniger aus den Unionskassen in Bratislava ankommt oder auch nur der Versuch unternommen wurde, der Slowakei das Stimmrecht zu entziehen wegen grober Missachtung von EU-Recht und EU-Rechtsprechung, dann könnte es auch sein, dass Betreibergesellschaft und Regierung sich sagen, die letzten sieben Jahre sitzen wir auch noch aus und dann muss die Deponie sowieso zugemacht werden.

sputniknews


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