„Keine voreiligen Schlüsse“: London überrascht mit Position zu Amesbury-Fall

  08 Juli 2018    Gelesen: 1202
„Keine voreiligen Schlüsse“: London überrascht mit Position zu Amesbury-Fall

Der britische Innenminister Sajid Javid hat Sanktionen gegen Russland wegen des jüngsten Vorfalls in Amesbury vorerst ausgeschlossen. Er warnte dabei vor „voreiligen Schlüssen“. Das ist ein markanter Unterschied zu Londons bisheriger Einstellung im sogenannten Fall Skripal.

„Momentan gibt es solche Pläne nicht. Wir wollen keine voreiligen Schlüsse ziehen“, sagte Javid in einem Interview für den Sender „Sky News“.

Die jetzige Einstellung der britischen Behörden unterscheidet sich aber sehr stark von ihrer Position nach dem Gift-Anschlag auf den ehemaligen russischen GRU-Agenten Sergej Skripal und seine Tochter Julia im vergangenen März. Damals hatte London keine Ermittlungsergebnisse abgewartet und zahlreiche russische Diplomaten des Landes verwiesen, weil Russland „highly likely“ (dt. mit hoher Wahrscheinlichkeit) hinter der Vergiftung stehe.

Javid wies zudem darauf hin, dass die beiden Opfer aus Amesbury derselben Substanz ausgesetzt gewesen seien, die noch im vergangenen März gegen die Skripals eingesetzt worden war. Er äußerte zudem seine Überzeugung, dass Moskau hinter der Vergiftung der Skripals stehe: „Wir wissen, dass das im März die Russen waren, wir wissen, dass das ein barbarischer und unmenschlicher Akt seitens des russischen Staates war. Doch bezüglich dieses konkreten Vorfalls (in Amesbury – Anm. d. Red.) brauchen wir mehr Informationen und wir müssen der Polizei ermöglichen, ihren Job zu machen.“

Das betroffene Paar in Amesbury habe die Orte im benachbarten Salisbury, die nach der Skripal-Vergiftung dekontaminiert gewesen seien, nicht besucht, fügte der Innenminister hinzu. 

Die 44-jährige Britin Dawn Sturgess und ihr 45-jähriger Partner Charlie Rowley waren am 30. Juni in der britischen Stadt Amesbury mit starken Vergiftungserscheinungen in ein Krankenhaus gebracht worden. Scotland Yard erklärte kurz darauf, das Paar sei mit dem „Nowitschok“ vergiftet worden – demselben Giftgas, das angeblich bei dem Anschlag auf die Skripals eingesetzt wurde.

Bemerkenswert ist dabei, dass Amesbury ebenso wie Salisbury nur wenige Kilometer vom britischen Zentrum für Chemie- und Biowaffenforschung Porton Down entfernt ist.

Der Ex-Agent des russischen Militärgeheimdienstes GRU und Überläufer Sergej Skripal und seine Tochter Julia waren Anfang März auf einer Parkbank im südenglischen Salisbury bewusstlos aufgefunden worden. Die britische Seite machte Russland für die Attacke mit dem als „Nowitschok“ bekannten chemischen Kampfstoff A234 verantwortlich. Moskau wies jegliche Anschuldigungen zurück.

Die Skripals wurden mehrere Wochen lang stationär behandelt. Die 33-jährige Julia wurde am 9. April und ihr 66-jähriger Vater am 18. Mai aus dem Krankenhaus entlassen.

Der russische Präsident Wladimir Putin wünschte Sergej Skripal baldige Genesung und betonte, Russland sei bereit, bei der Untersuchung des Falls zu helfen. London lehnte das Angebot ab.

Der Fall löste einen schweren internationalen Skandal aus. London wies 23 russische Diplomaten aus. Großbritannien wurde von mehreren EU-Ländern, den USA und einigen anderen Staaten unterstützt. Russland antwortete ebenfalls mit der Ausweisung von Diplomaten aus Großbritannien und anderen Ländern.

sputnik.de


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