Nordkorea will die Fußballwelt erobern

  28 Dezember 2015    Gelesen: 642
Nordkorea will die Fußballwelt erobern
Das größte Stadion der Welt steht in Pjöngjang. Fußballspiele auf internationalem Topniveau finden dort jedoch nicht statt. Das soll sich ändern. Auf Geheiß der nordkoreanischen Führung werden in einer modernen Fußballschule intensiv Talente gefördert.
Im Hintergrund ragen die mächtigen Bogendächer des Stadions vom 1. Mai auf. Mit einem Fassungsvermögen von 150.000 Zuschauern ist die Arena in Pjöngjang das größte Stadion der Welt. Hier würde Lee Kwang Yo gerne eines Tages mit der nordkoreanischen Nationalmannschaft einlaufen. In Sichtweite davon jagt der 13-Jährige mit anderen Jungen seines Alters den Bällen beim Training auf Kunstrasen hinterher. Er ist Schüler einer modernen Fußballschule, in der ausgewählte Talente kicken. Hier will Nordkoreas Fußballverband die Nationalspieler von morgen formen.

Fußball ist in dem weithin abgeschotteten Land sehr beliebt, zu den großen Weltturnieren werden auch Spiele im Fernsehen übertragen. Es gibt im Land eine erste Liga mit zwölf Mannschaften, erläutert Schulleiter Hyon Chul Yun, ein ehemaliger Nationalspieler. "Alles professionelle Spieler."

Doch trotz der Förderung und der Bedeutung des Fußballs als populärste Sportart blieb der ganz große Erfolg für das Nationalteam der Männer, wie etwa die Asien-Meisterschaft, seit dem denkwürdigen 1:0-Sieg gegen Italien bei der WM 1966 aus.

Für die WM 2014 konnten sich die Nordkoreaner nicht qualifizieren, nachdem sie 2010 in Südafrika erst zum zweiten Mal dabei waren. Immerhin sei Nordkoreas Frauenmannschaft in Asien ganz oben, sagt Hyon. Für das Männerteam nennt der 55-Jährige hochgesteckte Ziele. "Weniger als zehn Jahren brauchen wir, um bei einer WM wieder dabei zu sein."

Persönliche Anweisungen von Kim

Das kommunistische Regime fördert schon seit langem den Sport als Instrument, um sein sonst international ramponiertes Image zu verbessern. In diesem Geist wurde 2013 auch die Internationale Fußballschule in Pjöngjang (PIFS) mit Mitteln aus dem Fifa-Entwicklungsfonds gegründet.

"Im Propagandaapparat des Landes spielt Sport eine große Rolle", sagt Kim Min Gyu, ein ehemaliger Diplomat und Flüchtling aus Nordkorea, der seit 2009 in Südkorea lebt. Wenn nordkoreanische Sportler im Ausland Siege erringen, werde das von den Staatsmedien als Beweis für die Überlegenheit des eigenen Systems propagiert. Siege im Sport befriedigten stellvertretend unerfüllte Bedürfnisse der Nordkoreaner. "Die Regierung kennt diese Wirkung des Sports und nutzt das geschickt."

Nach der Gründung der Fußballschule gab der junge Machthaber Kim Jong Un sogleich persönlich seine Instruktionen. Im Eingangsbereich weist eine Tafel auf den Besuch Kims am 9. Juni 2013 hin. Damals sei er gekommen, um seine Anweisungen zu geben, steht da. "Kim liebt Fußball sehr", sagt eine Mitarbeiterin gleich nach der Begrüßung einer Handvoll von deutschen Journalisten.

DFB-Spieler als Vorbilder

Das Schulgelände braucht sich vor modernen Fußballinternaten im Ausland nicht zu verstecken. Den Kindern von 9 bis 15 Jahren stehen sieben Fußballplätze zur Verfügung, dazu gibt es Klassenräume, eine Kantine, Mehrbettzimmer und sogar einen Computerraum. "Das Internet ist für die Schüler frei", heißt es. Ob sie wirklich Zugriff haben, wird nicht demonstriert. Das Internet ist in dem Land normalerweise nur für Ausländer und einem Kreis von Privilegierten erlaubt. Es gibt aber ein auf das Land beschränktes Intranet. Bei schlechtem Wetter kann sogar auf einem überdachten Platz trainiert werden.

Derzeit besuchten 194 Kinder die Schule, im Verhältnis von 6:4 zugunsten der Jungen, sagt Hyon. Die Schüler werden in Provinzklubs von Talentsuchern, sogenannten Scouts, ausgewählt. Wenn sie nach Pjöngjang kommen, müssen sie sich zunächst einem Fitness- und Intelligenztest unterziehen. Seine Eltern hätten sofort die Erlaubnis gegeben, als sie auch ihn in der Schule haben wollten, sagt Kwang Yo. Er erzählt dabei noch von einem anderen Wunsch. Er würde gern einmal als Fußballprofi nach Europa gehen. Und die Chancen stehen nicht einmal schlecht. Er wurde schon einmal für mehrere Monate zum Training nach Spanien geschickt. "Ich würde gerne später in Spanien spielen", sagt er, nachdem er von der Schulleitung nach einigem Zögern aus dem laufenden Training genommen wird.

Als seinen Lieblingsspieler nennt er den früheren Mittelfeldstrategen vom FC Barcelona, Xavi. Hyon nennt allerdings vor allem die deutschen Spieler als Vorbilder für die Schüler. Die Deutschen spielten sehr körperlich und seien technisch versiert. "Ziel ist es, zu den besten Teams aufzuschließen und mit Deutschland in einer WM-Gruppe zu spielen".

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