Halb Mittelmeer in Russlands Hand: Was lernt Moskau aus der U-Boot-Jagd vor Syrien?

  05 September 2018    Gelesen: 965
Halb Mittelmeer in Russlands Hand: Was lernt Moskau aus der U-Boot-Jagd vor Syrien?

Rund zwei Dutzend Tomahawks sollte ein britisches U-Boot der Astute-Klasse im April dieses Jahres auf Syrien abfeuern, als die US-geführte West-Koalition syrische Einrichtungen bombardierte. Dazu kam es aber nicht, weil die russische Marine die Briten blockiert hatte – und zwar infolge des leichtfertigen Verhaltens der Gegenseite.

Man könnte meinen, der Bericht der britischen Zeitung „The Times“ sei ein reines Täuschungsmanöver gewesen, um von den technischen Problemen britischer U-Boote abzulenken. Das Blatt schrieb im April dieses Jahres, ein U-Boot der Royal Navy habe seinen Auftrag beim Angriff auf Syrien nicht erfüllen können, weil es von zwei geräuscharmen U-Booten der russischen Schwarzmeerflotte entdeckt und blockiert worden sei.

Die Fachwelt mutmaßte daraufhin, an Bord des britischen U-Boots habe es einen Aussetzer gegeben, infolge dessen der Abschuss der Tomahawk-Raketen in einer Katastrophe für die Besatzung hätte enden können.

In der Tat fällt die Astute-Klasse häufig durch Pannen auf: Mal lief ein solches U-Boot auf Grund, mal fuhr es portugiesischen Fischern ins Netz oder stieß mit einem Kampfschiff der Nato zusammen, weil es den Tauchvorgang nicht rechtzeitig eingeleitet hatte.

Dass es an Bord des britischen Pannen-Boots beim Verladen der Tomahawks aus dem Waffenlager in eines der sechs Abschussrohre tatsächlich zu einer gefährlichen Störung gekommen sein könnte, ist natürlich nicht auszuschließen.

Praktisch unvorstellbar ist jedoch, dass alle sechs Waffenschächte ausfielen, sodass keine einzige Raketen abgefeuert werden konnte. Einige der ursprünglich befohlenen 20 Schuss hätten erfolgen können und blieben dennoch aus, weshalb der Bericht von „The Times“ umso mehr nicht aus der Luft gegriffen zu sein scheint.

Trotzdem: Eine Frage bleibt, wie die diesel-elektrischen U-Boote der Schwarzmeerflotte (entweder Warschawjanka- oder Paltus-Klasse) mit der Höchstgeschwindigkeit von 20 Knoten ein Atom-U-Boot jagen konnten, das mit bis zu 29 Knoten unter Wasser fahren kann. Und ohne den taktischen Vorteil mitzudenken, den die russischen U-Boot-Fahrer in der Situation ausgenutzt hatten, ist dieses Problem auch nicht aufzulösen.

Offensichtlich gelang es einem der russischen U-Boote, die an der südlichen Grenze der Ägäis mit Schleichtempo patrouillierten, das britische Boot, das mit voller Kraft in sein Einsatzgebiet raste, zuerst zu orten.

Die britische Crew hatte sich leichtfertig auf die geringe akustische Entdeckbarkeit der Astute-Klasse verlassen: das Sonar eines der russischen U-Boote fing die Schwingungen des britischen Boots aus mehreren Dutzend Kilometern Entfernung auf, während die Briten gezwungen waren, auf 20 bis 10 Kilometer heranzufahren, um die Russen orten zu können.

Da war es für das britische U-Boot schon zu spät: Um die Tomahawks abzuschießen, hätte es die Fahrt auf ein zwei oder drei Knoten drosseln und auf 45 Meter unterhalb des Seespiegels steigen müssen – unmöglich, da es bereits ins Fadenkreuz russischer Torpedos geraten war.

Hätten die Briten dann versucht, ihre Position zu ändern, um die Raketen doch noch abzuschießen, wären sie unverzüglich von den russischen Seefernaufklärern Il-38N erfasst und verfolgt worden, die die Positionsdaten des britischen Eindringlings von den russischen U-Booten empfangen hätten.

Das einzige Boot, das unentdeckt ins Einsatzgebiet vor der syrischen Küste gelangen konnte, war die superleise „John Warner“, ein Atom-U-Boot der US Navy.

Doch werden es die Amerikaner und die Briten beim erneut geplanten Raketenangriff gegen Syrien schwer haben, die russische „U-Boot-Sperre“ zu überwinden. Medien berichten, auf die russische Luftwaffenbasis in Hmeimim seien vor wenigen Tagen zwei U-Boot-Jäger vom Typ Tu-142M verlegt worden.

Um das Mittelmeer zu durchforsten, können diese Maschinen innerhalb kürzester Zeit ein Netz aus je 64 Sonarbojen über den Einsatzbereich spannen, um die Nato-Kräfte von destruktiven Maßnahmen gegen Syrien abzuhalten. 


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