Exekution von schiitischem Geistlichen: Iraner drohen Saudi-Arabien mit Konsequenzen

  02 Januar 2016    Gelesen: 568
Exekution von schiitischem Geistlichen: Iraner drohen Saudi-Arabien mit Konsequenzen
Nach der Hinrichtung eines schiitischen Klerikers droht Teheran mit Vergeltung: Saudi-Arabien werde dafür einen hohen Preis zahlen. In Deutschland gerät die Bundesregierung in die Kritik - wegen ihrer strategischen Partnerschaft mit Riad.
Die Hinrichtung eines prominenten schiitischen Geistlichen und 46 weiterer Menschen an diesem Samstag in Saudi-Arabien hat weltweit Proteste hervorgerufen. Aus den schiitisch geprägten Ländern der Region wurden scharfe Drohungen gegen das Königreich und die sunnitische Herrscherfamilie Saud laut. Ein Sprecher des iranischen Außenministeriums bezichtigte Saudi-Arabien, selbst den Terror zu unterstützen. Für die Hinrichtung des schiitischen Klerikers Nimr al-Nimr werde das Regime einen hohen Preis bezahlen müssen.

"Die Regierung Saudi-Arabiens unterstützt Terroristen sowie sunnitische Extremisten und unterdrückt und exekutiert gleichzeitig Kritiker im eigenen Land", sagte Irans Außenamtssprecher Dschaber Ansari. Die rein politisch und religiös motivierte Tat reflektiere die irrationale und verantwortungslose Politik der Saudis. Die Hinrichtung werde für das Königreich Konsequenzen haben, zitierte die Nachrichtenagentur ISNA den Sprecher weiter. Am Sonntag soll es vor der saudischen Botschaft in Teheran eine große Protestdemonstration geben.

Noch schärfer fielen die Drohungen eines ranghohen Geistlichen und Vertrauten der iranischen Führung aus. Die saudi-arabische Führung werde wegen der Exekution Nimr al-Nimrs stürzen und die Herrscherfamilie aus den Geschichtsbüchern gestrichen, sagte Ajatollah Ahmad Chatami laut der Nachrichtenagentur Mehr.

Proteste aus Jemen, Bahrain, Libanon und Irak

Saudi-Arabien hat am Samstag Nimr und 46 weitere Menschen wegen Terrorismus-Vorwürfen hingerichtet. Die meisten von ihnen waren Sunniten und im Zusammenhang mit Anschlägen des Terrornetzwerks al-Qaida verurteilt worden. Außer Nimr wurden mindestens drei weitere Schiiten exekutiert, die wegen der Proteste gegen die Regierung im Zuge des Arabischen Frühlings festgenommen worden waren.

Iran gilt seit Jahren als Erzrivale des Regimes in Riad und sieht sich als Schutzmacht der Schiiten, die in Saudi-Arabien nur eine Minderheit stellen und wegen ihres Glaubens diskriminiert werden. Sunniten sprechen ihnen ab, wahre Muslime zu sein. Bis zu 15 Prozent der mehr als 27 Millionen Einwohner des Landes sind schiitisch. Die meisten leben in den ölreichen Ostprovinzen Katif und al-Ahsa. Die Spannungen zwischen Iran und Saudi-Arabien sind auch durch den Konflikt in Syrien gewachsen. Teheran unterstützt dort das Regime von Präsident Baschar al-Assad, Riad hingegen die Gegner Assads.

Auch von weiteren führenden Schiiten der Region wurde Saudi-Arabien scharf kritisiert, etwa aus dem Libanon. Die Hinrichtung Nimrs sei ein weiteres Verbrechen im Strafregister des saudischen Herrscherhauses, sagte Abu Mahdi al-Mohandes, Chef einer von Iran unterstützten schiitischen Miliz im Irak. Die Huthi-Rebellen im Jemen bezeichneten Nimr in einem Nachruf auf ihrer Website als "heiligen Krieger" und sprachen von einer "abscheulichen Verletzung der Menschenrechte".

Im Golfstaat Bahrain feuerte die Polizei in dem Ort Abu-Saiba westlich der Hauptstadt Manama Augenzeugen zufolge Tränengas auf Dutzende Demonstranten ab. Die aufgebrachte Menge hielt Bilder Nimrs in die Höhe. Bahrain leider seit Jahren unter gewalttätigen Spannungen zwischen der schiitischen Bevölkerungsmehrheit und dem mit Saudi-Arabien verbündeten sunnitischen Herrscherhaus.

Nimrs Bruder rief unterdessen dazu auf, die Proteste mögen friedlich bleiben. Er sagte in einem Telefonat mit der Nachrichtenagentur Reuters, die Familie sei schockiert über die Exekution. "Wir hatten gehofft und erwartet, dass sich die Stimmen durchsetzen würden, die auf Vermittlung und politische Übereinkünfte setzen", sagte Mohammed al-Nimr. Ohne Zweifel werde es eine Reaktion auf die Hinrichtung seines Bruders geben, aber: "Wir hoffen, dass alle Reaktionen in einem friedlichen Rahmen ablaufen werden." Es sei schon genug Blut vergossen worden.

In Deutschland gerät die Bundesregierung wegen der engen Beziehungen zum Herrscherhaus der Saudis in die Kritik der Opposition. "Die Massen-Exekutionen in Saudi-Arabien sind der letzte Weckruf für die Bundesregierung, die `strategische Partnerschaft` mit einem Staat zu beenden, dessen Praktiken sich vom sogenannten Islamischen Staat kaum unterscheiden", sagte der außenpolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Omid Nouripour. Der Westen müsse nun alles daran setzen, um die Hinrichtung weiterer Gefangener zu verhindern.

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