US-Präsident Donald Trump hat seinen Supreme-Court-Kandidaten Brett Kavanaugh gegen zunehmende Missbrauchsvorwürfe verteidigt, eine Abkehr von dessen Nominierung aber erstmals nicht mehr generell ausgeschlossen. Falls er Kavanaugh für schuldig halte, einen sexuellen Übergriff begangen zu haben, könne er seine Meinung zu der Nominierung ändern, sagte Trump.
Kavanaugh sei ein herausragender Mann mit großem Talent und großem Intellekt, betonte Trump. Mit Blick auf die Missbrauchsvorwürfe mehrerer Frauen gegen Kavanaugh sagte er aber zugleich: "Ich könnte überzeugt werden." Er wolle sich die Vorwürfe genau anhören. "Ich werde sehen, was morgen passiert."
Am Donnerstag soll Kavanaugh vor dem Justizausschuss des US-Senats zu den Anschuldigungen aussagen - ebenso wie die Psychologie-Professorin Christine Blasey Ford, die Kavanaugh eine versuchte Vergewaltigung vor mehr als 30 Jahren vorwirft. "Ich glaube, das wird ein sehr, sehr wichtiger Tag in der Geschichte unseres Landes", sagte Trump dazu.
Trump: Demokraten spielen "betrügerisches Spiel"
Er selbst sei in der Vergangenheit ebenfalls mit Missbrauchsvorwürfen konfrontiert gewesen, die sich alle als falsch herausgestellt hätten, sagte der Präsident. Im Fall Kavanaugh wähnt Trump eine politische Kampagne der oppositionellen Demokraten. Er warf ihnen erneut vor, sie betrieben hier ein "betrügerisches Spiel".
Bei den anstehenden Kongresswahlen Anfang November werde sich das niederschlagen. Die Demokraten zerstörten Kavanaughs Ruf. Selbst wenn er einen anderen Kandidaten vorschlüge, würden vermutlich neue Anschuldigungen aufkommen, sagte Trump. "Das könnte endlos so weitergehen."
Trump hatte Kavanaugh im Juli für den hochrangigen Richterposten vorgeschlagen. Kurz vor der Entscheidung des US-Senats über die Personalie waren heftige Vorwürfe gegen Kavanaugh an die Öffentlichkeit gekommen: Ford beschuldigte Kavanaugh, er habe sie Anfang der 80er Jahre am Rande einer Schülerparty versucht zu vergewaltigen. Kavanaugh weist den Vorwurf energisch zurück - ebenso wie alle weiteren Anschuldigungen, die bisher auftauchten. Eine frühere Kommilitonin an der Universität Yale, Deborah Ramirez, gibt an, Kavanaugh habe sie bei einer Studentenparty Anfang der 80er Jahre sexuell belästigt.
Anwalt vertritt auch Stormy Daniels
Am Mittwoch - also kurz vor der Anhörung mit Ford - ließ eine weitere Frau, Julie Swetnick, über ihren Anwalt eine Erklärung veröffentlichen, in der sie Kavanaugh vorwirft, er habe in den 80er Jahren bei diversen Partys in angetrunkenem Zustand junge Frauen sexuell belästigt. Er habe diese unter anderem begrapscht und anzügliche Kommentare gemacht.
Außerdem sei Kavanaugh an Versuchen beteiligt gewesen, Frauen mit gepanschten Drinks abzufüllen, um sie willenlos zu machen, behauptete Swetnick. Diese Frauen seien danach in Nebenzimmern missbraucht worden. Sie selbst sei damals bei einer solchen Party Opfer einer Vergewaltigung geworden. Bei jener Party sei auch Kavanaugh anwesend gewesen. Welche Rolle Kavanaugh bei diesen Vorgängen genau gespielt haben soll, blieb in der Erklärung unklar.
Swetnicks Anwalt ist Michael Avenatti. Er vertritt auch die Porno-Darstellerin Stormy Daniels, die mit bürgerlichem Namen Stephanie Clifford heißt und behauptet, 2006 mit Donald Trump Sex gehabt zu haben. Clifford liefert sich heftige juristische Kämpfe mit dem Präsidenten in dieser Frage.
Weitere Anschuldigungen gegen Kavanaugh
Trump bestreitet die Affäre. Er bezeichnete Avenatti am Mittwoch "Abschaum" und als "drittklassigen Anwalt", der gut darin sei, falsche Anschuldigungen zu erheben. Den Justizausschuss des US-Senats hatten noch zwei weitere anonyme Anschuldigungen gegen Kavanaugh aus späteren Jahren erreicht.
Das geht aus einem Dokument hervor, das das Gremium veröffentlichte: Es handelt sich um die Mitschrift einer langen Telefon-Befragung, die Vertreter des Ausschusses vorab mit Kavanaugh gemacht hatten. Dabei befragten sie ihn zu allen bisher aufgetauchten Anschuldigungen - die er allesamt zurückwies.
Die Personalie ist Gegenstand einer erbitterten parteipolitischen Auseinandersetzung. Die Demokraten haben große Vorbehalte gegen den erzkonservativen Richter und sehen eine Chance, dessen Bestätigung hinauszuzögern, bis sich nach der Zwischenwahl am 6. November möglicherweise die Mehrheitsverhältnisse im Senat ändern. Die Nachbesetzung mit Kavanaugh könnte im obersten US-Gericht auf viele Jahre den Konservativen ein Übergewicht geben. Die Richter dort werden auf Lebenszeit ernannt.
Quelle: n-tv.de
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