Der Populismus macht sich breit

  01 Oktober 2018    Gelesen: 1185
Der Populismus macht sich breit

Folge oder Ursache? Seit einem Jahr sitzt die AfD im Bundestag, seitdem nimmt der Populismus zu. Besonders die politische Mitte wird anfälliger für populistische Einstellungen, wie eine Studie der Bertelsmann-Stiftung zeigt. Vor allem eine Partei profitiert.

Wie populistisch sind die Deutschen? Das ist die Frage, die die Bertelsmann-Stiftung nun bereits zum zweiten Mal in einem "Populismusbarometer" untersucht. Dabei kommen die Forscher zu dem Schluss: Populistische Einstellungen haben im Vergleich zum vergangenen Jahr weiter zugenommen. Fast jeder dritte Wahlberechtigte unterstützt derzeit derartige Gedanken. Zugleich nimmt die Gruppe der unpopulistischen Wähler ab.

Den Zulauf zu populistischen Positionen erklären die Forscher besonders mit einem Phänomen: der Anfälligkeit der Mitte. "Umfang und Intensität populistischer Einstellungen haben sich vor allem in der politischen Mitte signifikant verschärft", sagt Robert Vehrkamp, Mitautor der Studie. "Parteipolitisch profitieren davon die politischen Ränder."

In der Tat ist der größte Nutznießer die AfD, die die Autoren der Studie als eine "lupenrein rechtspopulistische Partei" sehen. Sieben von zehn rechtspopulistisch eingestellten Deutschen wählen demnach die AfD. Obwohl diese seit einem Jahr im Bundestag und inzwischen fast in allen Landesparlamenten vertreten ist, inszeniert sie sich noch immer als Kämpfer gegen das "Establishment".

Doch auch andere Parteien profitieren von einer stärkeren populistischen Orientierung. So zeigen sich die Wähler der Linkspartei inzwischen populistischer und zugleich weniger links als noch im Vorjahr. Auch bei der Union und FDP hat die Neigung zum Populismus zugenommen.

Gefährliche Gratwanderung

So verlockend es für die etablierten Parteien ist, durch populistische Parolen Wähler anzuziehen, so ist es doch ein Spiel mit dem Feuer. Schließlich besteht immer die Gefahr, Stammwähler zu verprellen. Gerade moderate Unions-Wähler wandern laut der Studie dann häufig zu den Grünen, ohne dass die Union dadurch AfD-Wähler zurückzugewinnt. Das Resümee der Forscher: Versuchen die etablierten Parteien den Populismus der AfD nachzuahmen, erhöht das vor allem die Wahlchancen der AfD. Dies sei bereits der strategische Fehler der CSU im Sommer dieses Jahres beim Streit um die Zuwanderung gewesen. Damals brachen tatsächlich die Umfragewerte der CSU ein, während die AfD an Zulauf gewann.

Die einzigen Parteien, die offenbar weitgehend vor populistischen Versuchungen gefeit sind, sind SPD und Grüne. Die Wähler der SPD zeigten sich zwar nicht als Bollwerk gegen den grassierenden Populismus, aber blieben immerhin standhaft, heißt es. Besonders die Grünen stechen heraus. "Je unpopulistischer ein Wähler, umso eher wählt er grün." Die unpopulistische linke Mitte wird laut Studie zufolge zum neuen "Alleinstellungsmerkmal und Markenkern" der Partei.

Die Untersuchung zeigt allerdings ebenfalls: Knapp 70 Prozent der Deutschen sind gar nicht oder nicht explizit populistisch eingestellt. Und auch das Wählerpotenzial der AfD ist begrenzt. 71 Prozent der Befragten würden "auf keinen Fall" die AfD wählen. "Trotz steigender Umfragewerte wird keine andere Partei von den Wählern so massiv abgelehnt wie die AfD", so Vehrkamp. "Auch für die AfD gibt es in der Wählermobilisierung eine 'gläserne Decke' - und die hängt sehr viel tiefer als bei allen anderen im Bundestag vertreten Parteien."

Über die Linkspartei sagen 51 Prozent, dass sie diese auf keinen Fall wählen würden. 31 Prozent halten die Grünen für unwählbar, 29 Prozent die Unionsparteien und die FDP. Lediglich 23 Prozent würden nie ihre Stimme der SPD geben. Dieses Ergebnis ist umso erstaunlicher, als die Umfragewerte für die Sozialdemokraten im Bund und den Ländern desaströs sind. Zumindest ihr Potenzial bleibt damit hoch - ein kleiner Hoffnungsschimmer für die darbende Partei.

Doch was lässt sich tun gegen den wachsenden Populismus, der ja nicht nur in Deutschland grassiert? Für die Autoren steht fest: Die etablierten Parteien müssen sich mehr um die sozialen Fragen kümmern. Vor allem mit sozialpolitischen Themen wie steuerpolitischer Umverteilung und Wohnungsbau lässt sich demnach bei den Wählern punkten.

Quelle: n-tv.de


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