Selten war der FC Bayern in den vergangenen Wochen sportlich so wenig in Bedrängnis wie bei seinem Heimspiel am Mittwochabend. Allerdings haben die Bayern in den vergangenen Wochen auch selten gegen einen Gegner gespielt, der so wenig in der Lage war, die stark taumelnden Münchener in Bedrängnis zu bringen. Selbst der Regionalligist SV Rödinghausen hatte zuletzt im DFB-Pokal mehr gute Ideen gegen den Fußball-Bundesligisten als nun Champions-League-Sparringspartner AEK Athen. Ein Kopfball von Vasilis Lampropoulos in der fünften Minute war die einzige griechische Drohgebärde, die die Mannschaft von Niko Kovac stresste, wenn auch mit Nachwehen bis weit in die erste Halbzeit hinein.
Dass sich der Trainer nach dem nächsten Mühsal indes nicht erneut Diskussionen über seine berufliche Zukunft anhören musste und die Bayern vor der Partie beim BVB Herzrasen bekommen, dafür sorgte Robert Lewandowski mit seinen Treffern (31. FE/71.) beim 2:0 (1:0)-Erfolg. Das vierte Gruppenspiel der Königsklasse hatten die Münchener zur Pflicht ausgerufen, bevor es Samstag zum Bundesliga-Topspiel zum Tabellenführer Borussia Dortmund geht (ab 18.30 Uhr im Liveticker bei n-tv.de). Kovac hatte seinem durch Verletzungen stark reduzierten Aufgebot aber auch aufgetragen, die Pflicht so souverän zu gestalten, dass sich dadurch das dringend benötigte "Mia-san-mia" entzündet.
"Wir brauchen mal ein Spiel, das wir mit drei, vier Toren gewinnen. Sollte das passieren, öffnet sich hoffentlich der Knoten", hatte er am Tag vor dem Spiel gesagt. Und möglich wäre das freilich gewesen. Leon Goretzka (7./55.) vergab im mit 70.000 Zuschauern ausverkauften Stadion zwei Top-Möglichkeiten, Thomas Müller hatte Pech das sein Abschluss nach einer seltenen, aber schönen Kombination über Jérôme Boateng und Lewandowski geblockt wurde (37.). Und der Doppeltorschütze scheiterte in der spielerisch besseren zweiten Hälfte noch einmal höchst aussichtsreich (61.).
Quergeschiebe und Halbfeldgeflanke
Sei's drum. Das Achtelfinale haben die Münchner so gut wie sicher gebucht. Mit zehn Punkten aus vier Partien stehen sie in der Champions League in ihrer Gruppe E so gut da, wie sonst nur der FC Barcelona und der FC Porto. Bisher haben sie erst einen Treffer kassiert, damit stellen sie mit dem FC Schalke 04 die beste Abwehr. Die Ergebnisse also stimmen. Aber ob nun 2:0 oder 4:0 - an der Bewertung des Spiels gegen AEK hätte sich kaum etwas geändert. Wieder einmal quälten sich die Bayern im Spiel nach vorne mit ihrer Kreativitätskrise. Da mit dem noch nicht vollständig genesenen James Rodríguez, der immerhin auf der Bank saß, Thiago Alcántara, Arjen Robben, Kingsley Coman und Correntin Tolisso eine halbe Mannschaft von "Geistesblitzern" fehlt, fällt das Urteil über das regelmäßige Quergeschiebe und Halbfeldgeflanke etwas milder aus.
Es erklärt faktisch aber nicht, warum das Spiel gegen ein Team, das offenkundig nur auf Katastrophenvermeidung aus ist, so schwergängig war. Immerhin werkelten da doch die von ihrer Unverzichtbarkeit überzeugten Franck Ribéry, der sich in der zweiten Halbzeit gerade noch selbst vor einer Tätlichkeit gegen Konstantinos Galanopoulos bewahrte, und Müller an der Seite von begabten Talenten wie Leon Goretzka und Serge Gnabry. Und dass Joshua Kimmich und David Alaba als Außenverteidiger oft für ihren offensiven Elan geschätzt werden, wirkte gegen Athen bloß wie eine Legende, an die man sich wehmütig erinnert. "Das war kein Feuerwerk, aber das war auch nicht zu erwarten. Es ist im Moment nicht die Leichtigkeit da, wir müssen uns das sehr hart erarbeiten", stellte Kovac nach Abpfiff fest.
"Wir fahren nicht als Favorit nach Dortmund"
So bleibt also ein Spiel, über das im Nachgang nicht groß gesprochen werden muss. Die Tore waren nicht herausgespielt, sondern beim 1:0 daherschlawinert, das Foul an Lewandowski muss man nicht als Foul werten. Und beim 2:0 mit griechischer Kopfballverlängerung nach einer Kimmich-Ecke ansehnlich akrobatisch vollendet. Lewandowski jedenfalls fand's dennoch ziemlich gut, was sein Team da auf den Rasen gebracht hatte: "Wir wissen, dass die beiden letzten Spiele nicht perfekt waren, aber es war ein guter Schritt nach vorn. Wir haben das Spiel kontrolliert, aber natürlich können wir besser spielen. Im nächsten Spiel werden wir noch besser."
Das war an diesem Abend auch der einzige Satz, der als milde Variante einer Kampfansage an den BVB durchgeht, der vier Punkte vor dem Münchnern die Tabelle anführt. Denn nach den Rumpel-Wochen macht sich der FC Bayern vor dem elften Spieltag überraschend klein und gibt sich dabei fast gleichgültig. Ausgerechnet Uli Hoeneß, von verbaler Zurückhaltung grundsätzlich befreit, reduzierte seinen Verein nun auf das Normalmaß, dass sie sich von den Medien, auf ihrer Pressevernichtungskonferenz verkündet, doch eigentlich nicht mehr gefallen lassen wollten.
"Man kann ja nicht nach Dortmund fahren und sagen, dass man einen Dreier einfahren will. Dortmund hat bis jetzt eine sehr gute Saison gespielt. Wir fahren nicht als Favorit nach Dortmund, sondern zum ersten Mal seit langer Zeit als Außenseiter", erklärte der Präsident des FC Bayern betont unaufgeregt und lässig. "Wir müssen schauen, dass wir dort ein gutes Spiel machen und dann müssen wir sehen, was rauskommt. Im Moment sind wir Außenseiter, meines Wissens sind sie vier Punkte vor uns." Stimmt. Aber ist es auch so, findet Kovac: "Der FC Bayern kann jeden Gegner schlagen." Auch wenn' schwerfällt.
Quelle: n-tv.de
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