Wie weit geht Israel mit den Saudis?

  11 November 2018    Gelesen: 561
Wie weit geht Israel mit den Saudis?

Israel, Saudi-Arabien und die USA verbindet die Feindschaft mit dem Iran. Jerusalem tastet sich an die arabischen Golfstaaten vor, in den Beziehungen werden neue Kapitel aufgeschlagen. Bei einem Thema jedoch dürfte eine Grenze erreicht werden.

 

14 Kampfbomber der israelischen Luftwaffe machten sich am 7. Juni 1981 auf, um den irakischen Kernreaktor Osirak zu vernichten. Um ihr Ziel zu erreichen, mussten die Piloten nicht nur jordanisches Gebiet überfliegen, sondern auch Saudi-Arabien. Die F-16 und F-15-Maschinen flogen so eng beieinander, dass sie auf dem Radar wirkten wie ein Großraumflugzeug. Die Piloten sprachen arabisch und täuschten den Bordfunk einer Passagiermaschine vor. Nach der Operation lag das irakische Atomprogramm in Schutt und Asche. Ein Szenario, dass sich auch auf den Iran anwenden ließe?

"Bei einem Luftschlag gegen die iranischen Atomanlagen könnte Israel über die arabische Halbinsel fliegen", sagt Uri Nachmias, ehemaliger Offizier beim israelischen Luftwaffennachrichtendienst Lamdan. Dass Israel und Saudi-Arabien wegen der iranischen Bedrohung eng zusammenarbeiten, ist mittlerweile kein Geheimnis mehr. Das Interesse daran, die hegemonialen Ambitionen Teherans in der Region einzudämmen, brachte beide Nationen einander näher.

"Es gab stets Annäherungen zwischen Riad und Jerusalem, in denen sich gemeinsame Interessen bildeten. Die haben jedoch den Beziehungsstatus nicht dramatisch verändert", erzählt Nachmias. "Die Saudis haben Angst vor der Kritik in der arabischen Welt, dass das Ansehen des Königreichs und seinen religiösen Status als Beschützer der heiligen Stätten des Islam beschädigen würde."

Anwärmen mit den Golfstaaten

Seit 1945 konnte sich Saudi-Arabien auf seine strategische Allianz mit den USA verlassen. Doch nachdem sich Washington in den letzten Jahren scheute, selbst aktiv in die blutigen Konflikte des Nahen Ostens einzugreifen und stattdessen Riads Unterstützung sucht, um die iranische Expansion einzudämmen, hat sich Israel zu einem Schlüsselakteur bei der Veränderung des regionalen Mächtegleichgewichts entwickelt.

"Saudi-Arabien sieht in Israel neben seinen strategischen und nachrichtendienstlichen Fähigkeiten eine Art wirtschaftliches Vorbild", sagt Michal Yaari, Expertin für saudische Außenpolitik an der Universität in Tel Aviv. "Da die saudische Wirtschaft eine echte Revolution durchmacht, von einer auf Öl basierten hin zu einer produktiven und fortschrittlichen, wird das Wissen und die Technologie Israels immer attraktiver."

Offiziell zählt Israel zu den Feinden des Königreiches. Dennoch haben sich die Beziehungen zwischen Jerusalem und einigen Golfstaaten zuletzt erwärmt. So wurde der israelischen Mannschaft bei der Kunstturnweltmeisterschaft in Katar erlaubt, unter ihrer Flagge anzutreten - ein Novum. Und beim Judo-Grand-Slam in Abu Dhabi wurde erstmals öffentlich die israelische Nationalhymne gespielt, nachdem das Team mit dem Davidstern die Goldmedaille geholt hatte.

Die größte Überraschung der jüngsten Vergangenheit war jedoch der Besuch von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu Ende Oktober im Oman - ein enger Verbündeter des Iran. Auf Einladung des dort herrschenden Sultans Qabus ibn Said traf zum ersten Mal nach 22 Jahren ein israelischer Regierungschef wieder in Omans Hauptstadt Maskat ein. Erste Kontakte entstanden schon dieses Jahr im Februar während der Münchner Sicherheitskonferenz. Beide Seiten diskutierten über Möglichkeiten, Frieden und Stabilität im Nahen Osten zu erreichen, sowie eine Vertiefung in Sicherheits-, Technologie- und Wirtschaftsfragen beider Staaten. Verkehrsminister Israel Katz wird in Kürze in Oman zu einer regionalen Transportkonferenz eintreffen und sich für eine Zugstrecke einsetzen, die von der israelischen Hafenstadt Haifa über Jordanien, Saudi-Arabien bis in die Golfstaaten verlaufen soll.

Ein mögliches saudisches Atomprogramm macht Israel Sorgen


Michal Yaari sieht in der Normalisierung zwischen Jerusalem und Riad enormes Potenzial. "Zwar sind die Beziehungen auf strategischer Ebene nicht symmetrisch, was angesichts des klaren militärischen Vorteils Israels nicht von Bedeutung ist. Saudi-Arabiens strategische Lage und Position in der arabischen Welt aber könnte dem Judenstaat helfen, den Kampf gegen den Iran zu verbessern und die Sicherheitskooperation mit anderen arabischen Ländern zu vertiefen." Trotzdem sei Israel besorgt darüber, "dass eine saudische Atomwaffe als Reaktion auf eine iranische entwickelt werden könnte".

Jerusalem hat dafür guten Grund: Berichten zufolge könnte US-Präsident Donald Trump bereit sein, bestimmte Sicherheitsvorkehrungen zu verringern und es so US-Unternehmen zu ermöglichen, Nukleartechnologie an Saudi-Arabien weiterzugeben. In seinen Verhandlungen mit Washington tritt Saudi-Arabien bisher nicht von seiner Forderung nach Anreicherung von Uran im Rahmen seines geplanten zivilen Nuklearprogramms zurück.

Die größte Hürde ist bisher noch der US-Kongress, wo einflussreiche Freunde Israels sitzen. Selbst wenn zwischen der herrschenden Königsfamilie und der Trump-Regierung ein Abkommen erzielt würde, könnte es der Kongress entweder blockieren oder Klauseln hinzufügen, die einen Technologietransfer verhindern.

Mit der Enthüllung des Mordes an dem saudischen Journalisten Jamal Khashoggi jedoch werden die USA ihre Beziehungen zu Saudi-Arabien zumindest überdenken. Eine Demontage der amerikanisch-saudischen Allianz ist ausgeschlossen, aber die Ablehnung des Kongresses und der US-Öffentlichkeit wird ihren Preis haben. Für Jerusalem könnte das bedeuten, dass eine israelisch-arabisch-sunnitische Koalition unter US-Schirmherrschaft nicht mehr die gewohnte Zuverlässigkeit hat - auch wenn sich Netanjahu weiterhin bei Trump für den saudischen Kronprinz starkmacht. Die Koordination Israels mit seinen Partnern in der Region ist Realpolitik. Durch eine enge Verbindung mit Saudi-Arabien besteht jedoch auch ein neues Risiko für Reputationsschäden.

Quelle: n-tv.de


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