Wo Pekings Einfluss wächst, stirbt die Freiheit

  08 Januar 2016    Gelesen: 736
Wo Pekings Einfluss wächst, stirbt die Freiheit
Während sich die westliche Welt im Kampf gegen den islamistischen Terror verliert, zieht nahezu unbemerkt China an die Weltspitze. Doch diese Machtverschiebung bedarf Beobachtung. Denn wo Pekings Einfluss wächst, stirbt die Freiheit.
Während sich die westliche Welt mit dem islamistischen Terror auseinandersetzt, mal in Angst erstarrt, mal aggressiv Krieg gegen ganze Staaten führt, entsteht in Ostasien eine neue Weltmacht. Der Westen fühlt sich bedroht durch Extremisten, durch die Krisen in der islamischen Welt, durch Fluchtbewegungen. Das verbraucht seit anderthalb Jahrzehnten all seine Aufmerksamkeit und Ressourcen. Er verschläft und übersieht dabei die langfristig größere Herausforderung weiter östlich, in China.

Ein Fünftel der Weltbevölkerung strebt an die Spitze

Der Terrorismus und die Instabilität im Nahen Osten sind akute Probleme, die großen Schaden anrichten. Doch sie verändern nicht die Machtverhältnisse auf der Welt. Anders das aufstrebende China. China ist Substanz. China hat zunehmend alles, was der Westen hat: Wohlstand, Technologie, Militär. Ein Fünftel der Weltbevölkerung strebt im Zeitraffer an die Spitze. Das ist eine Machtverschiebung, wie die Welt sie seit dem Zusammenbruch des Ostblocks nicht mehr gesehen hat.

Daran ist an sich nichts auszusetzen. Der Westen hat Macht und Wohlstand nicht gepachtet. Und es ist großartig, dass es den allermeisten Chinesen heute materiell viel besser geht als noch vor zwanzig Jahren. Doch China unter der Kommunistischen Partei ist ein autoritär geführtes Land, und die Regierung wird immer autoritärer.

Mit wachsendem Einfluss exportiert Peking sein Modell in die Welt und attackiert freiheitliche westliche Werte. Wer wissen will, wie das aussieht, kann nach Hongkong schauen. Der Rechtsstaat bekommt Risse. Die Freiheit der Universitäten gerät in Gefahr. Die an sich freien Medien dort sind immer mehr gleichgeschaltet, teils von Festland-Chinesen aufgekauft oder ökonomisch unter Druck gesetzt. Zuletzt sind Buchhändler spurlos verschwunden, die pekingkritische Bücher verkauft hatten.

Kuschen für den Absatzmarkt

Chinas Kommunisten akzeptieren keine Kritik, keinen unabhängigen Rechtsstaat, keine Transparenz. Und das nicht mehr nur in China selbst. Es ist bei wachsender wirtschaftlicher Verflechtung wohl nur eine Frage der Zeit, bis es auch in Berlin, London und Buenos Aires riskant sein wird, etwa kritisch über Chinas Regierung zu schreiben. Wo Pekings Einfluss wächst, stirbt die Freiheit. Widerstand hat Peking kaum zu befürchten. Schon heute trauen sich nur noch wenige Regierungen, laut zu protestieren. Keiner will den chinesischen Absatzmarkt verlieren. Paris hat kaum reagiert, als zuletzt eine französische Korrespondentin aus China ausgewiesen wurde, nur weil sie eine unliebsame Meinung vertreten hatte.

China in den Blick nehmen

China stellt mit seiner Verbindung aus wirtschaftlichem Erfolg und Diktatur mittlerweile eine Alternative zum westlichen Modell dar. Für viele Staaten etwa in Afrika ist das chinesische Vorbild verlockend - zumal es garniert wird mit Finanzhilfen und Investitionen.

Und so ist Chinas Aufstieg für den Westen eine doppelte Herausforderung. Weltweit im Kampf für Demokratie und Freiheit. Und zu Hause, wo Pekings kalter Hauch immer stärker zu spüren ist. Es wird Zeit, dass Europa über Islamdebatten und Terrorangst hinausschaut und China in den Blick nimmt.


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