Die Verhängung des Kriegsrechts in der Ukraine “könnte möglicherweise zu einer Eskalation der Spannungen in der Konfliktregion im Südosten (der Ukraine) führen”, sagte Russlands Präsidialamtssprecher Dmitri Peskow am Dienstag vor Journalisten. Bundeskanzlerin Angela Merkel setzte unterdessen ihre Krisendiplomatie fort. Nach einem Gespräch mit Ukraines Präsident Petro Poroschenko telefonierte sie am Montagabend auch mit Russlands Staatschef Wladimir Putin. Laut Regierungssprecher Steffen Seibert betonte sie dabei die Notwendigkeit von “Deeskalation und Dialog”. Erörtert worden sei, den Vorfall vor der Krim unter Beteiligung russischer und ukrainischer Grenzschutzexperten untersuchen zu lassen.
Der seit Jahren schwelende Konflikt um die von Russland besetzte Halbinsel Krim war am Sonntag in der Straße von Kertsch eskaliert, einer Meerenge zwischen der Krim und Südrussland. Dort verwehrte Russland mit Hilfe eines Frachtschiffs drei ukrainischen Marinebooten die Einfahrt ins Asowsche Meer. Russische Grenzschutzboote beschossen die ukrainischen Schiffe und verletzten dabei mehrere Matrosen. Dann beschlagnahmten sie die Boote und brachten sie mit ihren Besatzungen in die Hafenstadt Kertsch. Beide Seiten machen sich gegenseitig für die Eskalation verantwortlich. Russland hatte die Krim 2014 annektiert, die EU hat deshalb Sanktionen verhängt. Österreichs Außenministerin Karin Kneissl sagte bei einem Besuch in Berlin am Dienstag, weitere Sanktionen gegen Russland seien nun zu prüfen.
Poroschenko hatte am Montag ein Dekret zur Verhängung des Kriegsrechts für 30 Tage in Teilen des Landes erlassen, um die Ukraine für die Abwehr einer möglichen russischen “Invasion” zu rüsten. Das Parlament stimmte am Abend zu, das Militär ist bereits in voller Alarmbereitschaft. Wie der ukrainische Staatssicherheitsdienst SBU mitteilte, wurde bei dem Vorfall am Sonntag einer ihrer Offiziere schwer verletzt. Eines der russischen Kampfflugzeuge, die über den Ort hinweggeflogen seien, habe zwei ungelenkte Raketen auf die ukrainischen Schiffe abgefeuert. Es seien von russischer Seite zehn Schiffe sowie Kampfhubschrauber und Flugzeuge gegen die drei ukrainischen Boote eingesetzt worden. Russland hat bestätigt, dass SBU-Offiziere unter den festgenommenen Personen sind.
RUBEL ERHOLT SICH
Der russische Rubel erreichte am Montag den tiefsten Stand seit Mitte November, erholte sich am Dienstagmorgen aber wieder und legte um 0,5 Prozent im Vergleich zum Dollar zu.
Die Europäische Union (EU), Großbritannien, Frankreich, Polen, Dänemark und Kanada haben allesamt die Ereignisse vor der Krim als russische Aggression verurteilt. Bundesaußenminister Heiko Maas forderte Russland auf, sich an internationale Spielregeln zu halten. “Ziel muss es sein, dass Russland wieder internationale Regeln achtet und die territoriale Souveränität seiner Nachbarn nicht verletzt”, sagte er in Berlin. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan sagte, die Probleme zwischen beiden Ländern müssten im Dialog gelöst werden. Das Schwarz Meer müsse ein “Meer des Friedens” sein.
Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen mahnte, in dieser Situation müssten jetzt beide Seiten zeigen, dass sie aktiv zur Deeskalation beitrügen. “Die festgesetzten Schiffe und Matrosen sind freizusetzen, die Ukraine muss Belege zum genauen Hergang vorlegen”, sagte die CDU-Politikerin. Russland müsse zudem die freie Durchfahrt durch die Wasserstraßen sicherstellen und dürfe “nicht unverhältnismäßig handeln”.
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