Systemausfall zwingt Merkel zum Umkehren

  30 November 2018    Gelesen: 827
Systemausfall zwingt Merkel zum Umkehren

Gravierende Panne an Bord des deutschen Regierungsfliegers: Im Luftraum über den Niederlanden reißt die Funkverbindung zu dem Jet mit der Kanzlerin an Bord ab. Die Piloten müssen den Flug zum G20-Gipfel abbrechen.

Auf die Krisenlöserin aus Deutschland müssen die Staats- und Regierungschefs der wichtigsten Wirtschaftsmächte der Welt noch warten: Eine schwerwiegende technische Panne an Bord der deutschen Regierungsmaschine führt dazu, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel erst mit erheblicher Verspätung zum G20-Gipfel in Buenos Aires eintreffen wird.

Die deutsche Regierungschefin, auf der bei dem Treffen in der argentinischen Hauptstadt große Hoffnungen als Vermittlerin ruhen, befand sich mit ihrer Delegation und den zahlreichen mitreisenden Journalisten gerade erst eine Stunde in der Luft, als ein MItglied der Besatzung die Kanzlerin aus einem laufenden Hintergrundgespräch holte.

Bei dem in Berlin gestarteten Regierungsflieger vom Typ Airbus A340-300 mit dem Namen "Konrad Adenauer" waren zu Beginn des geplanten Transatlantikflugs außergewöhnlich gravierende technische Probleme aufgetreten. Medienberichten zufolge soll die Funkanlage des vierstrahligen Langstreckenjets ausgefallen sein. Der Flugkapitän sprach zunächst nur von einem technischen Problem, das den Ausfall einiger elektrischer Systeme bewirkt habe. Einem Bericht des "Spiegel" zufolge war jedoch das komplette Kommunikationssystem betroffen.

Kein Kontakt zum Kanzler-Jet


Im stark frequentierten Luftraum über den Niederlanden ist der Austausch mit der Flugsicherung von entscheidender Bedeutung. Eine Maschine, die nicht mehr auf Funksignale reagiert, wird für den gesamten Flugverkehr in der Region zum Risiko. Der Ausfall technischer Systeme in diesem Umfang löst zwangsläufig eine Luftnotlage aus. Der Besatzung blieb keine andere Wahl, als den Flug nach Argentinien abzubrechen.

Die Organisation eines Ausweichflughafens war unter diesen Bedingungen alles andere als einfach. Nur mit Hilfe eines an Bord befindlichen Satellitentelefons gelang es der Besatzung, den Kontakt zum Boden notdürftig wiederherzustellen. Nur dank der Erfahrung und des Könnens der Besatzung blieb der Kanzlerin und ihrer Delegation auf dem Weg zum G20-Gipfel vor Schlimmerem bewahrt.

Der Flugkapitän des Airbus entschied sich für eine Landung am Flughafen Köln-Bonn. Dort unterhält die Flugbereitschaft der Bundesregierung ihren Hauptstandort und über ausreichend Kapazitäten, um die Regierungschefin samt diplomatischem Tross und dem üblichen Sicherheitspersonal aufzunehmen. Zudem bestand hier wohl noch die besten Aussichten, einen möglichst reibungslosen Anschlussflug zu organisieren. Ein Anflug auf Berlin erschien dem Piloten ohne Funk offenbar als zu gefährlich.

Nächstes Problem: Landegewicht


Vor der Landung musste die Besatzung allerdings noch ein weiteres Problem lösen: Um sicher aufsetzen zu können, musste die für den Transatlantikflug voll aufgetankte Maschine zunächst Gewicht loswerden und tonnenweise Kerosin ablassen. Da in Köln-Bonn derzeit aufgrund von Bauarbeiten die große Start- und Landebahn nicht zur Verfügung steht, musste der Regierungs-Airbus auf einer der beiden kürzeren Pisten landen. Beim Abbremsen und aufgrund des immer noch erhöhten Landegewichts sollen sich dann die Bremsen der Maschine so stark erhitzt haben, dass sicherheitshalber auch die Flughafenfeuerwehr ausrücken musste.

Die "Gesamtsituation", berichtete der "Spiegel", war zeitweise so "brenzlig", dass Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen informiert wurde. Die Flugbereitschaft wird von der Bundeswehr gestellt und untersteht damit ihrem Verantwortungsbereich. Mit ihren Stäben soll von der Leyen über Stunden hinweg versucht haben, bei europäischen Partnern eine Ersatzmaschine für die Kanzlerin aufzutreiben.

Merkel nahm den dramatischen Vorfall gelassen. "Ich kann nach den Ereignissen sagen, es gab eine ernsthafte Störung." Ihr Terminplan wird dadurch gründlich durcheinandergewirbelt. Der Kanzlerin blieb nicht viel anderes übrig, als die Nacht in einem Bonner Hotel zu verbringen. Am Morgen gegen 4.30 Uhr sollten Merkel und Vizekanzler Olaf Scholz, der mit ihr reiste, mit einer anderen Maschine der Flugbereitschaft der Luftwaffe nach Madrid und von dort mit einem Linienflug nach Buenos Aires weiterfliegen.

Die Organisation des Linienflugs von Madrid aus gestaltete sich kompliziert, zusammen mit Entourage und Personenschützern musste Platz für mehr als ein Dutzend Personen an Bord besorgt werden. Am Abend (Ortszeit) dürfte Merkel dann - über zwölf Stunden später als geplant - in Buenos Aires eintreffen und zumindest noch am Abendessen mit den anderen Staats- und Regierungschefs in der argentinischen Hauptstadt teilnehmen.

Für Freitag geplante bilaterale Treffen am Rande des Gipfels, etwa mit US-Präsident Donald Trump und dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping, kommen wegen der verspäteten Anreise Merkels zunächst nicht zustande. Offen ist noch, ob die Termine während des G20-Treffens, das bis Samstag dauern soll, nachgeholt werden können. Vor Ort vertreten wird Merkel von ihrem Gipfel-Sherpa Lars-Hendrik Röller und Finanz-Staatssekretär Wolfgang Schmidt. Wegen des Defekts verpasste Merkel auch das traditionelle G20-"Familienfoto" sowie wichtige Beratungen der Staats- und Regierungschefs.

In Argentinien wurde die Frage aufgeworfen, wie es sein könne, dass das Technologieland Deutschland solche massiven Probleme habe, eine funktionierende Regierungsflotte zu unterhalten. Schließlich war es nicht die erste Panne in jüngster Zeit mit einer deutschen Regierungsmaschine. Zur Verwunderung gesellten sich Sorgen über den Gipfelverlauf, da Merkel in Zeiten von neuer Ukraine-Krise und Trumps Handelskonflikten in Buenos Aires viel zu besprechen hat.

Quelle: n-tv.de


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