Wo sind die Buchhändler?

  11 Januar 2016    Gelesen: 652
Wo sind die Buchhändler?
Seit Oktober sind mehrere China-kritische Buchhändler aus Hongkong verschwunden. Es wird vermutet, dass sie von chinesischen Ermittlern festgehalten werden. In Hongkong sind nun Tausende Menschen aus Protest dagegen auf die Straße gegangen.
Hilferuf per Video

Anthony Wong ist einer von mehreren Künstlern, Juristen und Demokratie-Aktivisten, die am Wochenende ein Protest-Video ins Internet gestellt haben. Schaut auf Hongkong, schaut Euch an, was in dieser Sieben-Millionen-Einwohner-Stadt gerade passiert, fordern sie. Der Hilferuf per Video bezieht sich auf das mysteriöse Verschwinden mehrerer Buchhändler und Verleger. Der prominenteste Fall ist der von Lee Bo, einem Mitarbeiter eines kleinen Hongkonger Verlags. Dieser gibt Bücher und Zeitschriften heraus, die in Festland-China verboten sind. Weil sie die Regierung in Peking kritisieren oder sonstige Themen behandeln, die in China tabu sind.

Lee Bo ist vor kurzem aus Hongkong verschwunden. Er meldete sich zwar telefonisch von Festland-China aus und sagte, er helfe den Behörden lediglich bei einer Untersuchung. Es deutet aber einiges darauf hin, dass Lee Bo von chinesischen Ermittlern gegen seinen Willen festgehalten wird. Hongkonger Demokratie-Aktivisten gehen davon aus, dass er aus der Sonderverwaltungszone verschleppt wurde. Was die Sache noch pikanter macht: Lee Bo besitzt neben der chinesisch-hongkonger auch die britische Staatsbürgerschaft.

Aktivisten sehen einen gefährlichen Dammbruch

"Das ist das besorgniserregendste Ereignis seit der Übergabe Hongkongs von Großbritannien an China", sagt Martin Lee. Der Jurist und Demokratie-Aktivist hat in den 1980er-Jahren das heute gültige Hongkonger Grundgesetz mitentwickelt. In diesem "Basic Law" werden den Bewohnern Hongkongs zahlreiche Sonderrechte zugestanden, die es in Festland-China nicht gibt: Pressefreiheit, Rechtsstaatlichkeit und eben auch die Zusicherung, dass Polizisten aus Festland-China in Hongkong nichts zu melden haben. Das Verschwinden des Verlagsmitarbeiters ist nach Ansicht von Martin Lee und anderer Aktivisten ein gefährlicher Dammbruch.

Bitte um Aufklärung aus London

Großbritanniens Außenminister Philip Hammond hat bei einem Peking-Besuch vor einigen Tagen die Staatsführung um Aufklärung gebeten. Bisher aber mauert die chinesische Regierung. Bei der Routine-Pressekonferenz des Außenministeriums vergangene Woche gab Ministeriumssprecherin Hua Chunying eine Routine-Antwort: "Hongkong ist eine chinesische Sonderverwaltungszone. Wir lehnen jede ausländische Eimischung in die inneren Angelegenheiten Chinas und Hongkongs ab."

Tausende auf den Straßen

Gestern sind in Hongkong Tausende Menschen auf die Straßen gegangen, um gegen das Verschwinden der Verlagsmitarbeiter zu protestieren. Der Fall Lee Bo hat alles verändert, dieser Slogan war allgegenwärtig auf der Demo. Der Mit-Organisator, Lee Cheuk-Yan sagte: "Das ist ein Wendepunkt! Das ist jetzt die Wegmarke, an der wir alle rauskommen und protestieren müssen, um unsere Freiheit zu schützen und das Prinzip: Ein Land, zwei Systeme."


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