EU-Ratspräsident Donald Tusk hält eine Zustimmung des Parlaments in London zum ausgehandelten Brexit-Vertrag innerhalb der kommenden Wochen für unwahrscheinlich und wirbt deshalb für eine längere Verschiebung des britischen EU-Austritts. "Unsere Erfahrung und die tiefe Spaltung innerhalb des Unterhauses geben uns wenig Grund zur Annahme, dass der Ratifizierungsprozess bis Ende Juni abgeschlossen werden kann", schrieb Tusk am Dienstag in seiner Einladung an Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihre EU-Kollegen zum Brexit-Gipfel an diesem Mittwoch in Brüssel.
Die britische Premierministerin Theresa May hatte die EU zuvor um eine erneute Verschiebung des Brexit-Termins gebeten. May hofft auf einen Aufschub bis Ende Juni. Tusk sagte allerdings, die vergangenen Monate gäben wenig Anlass zur Hoffnung, dass es bis dahin eine Einigung im britischen Parlament geben werde. Eine kurze Brexit-Verschiebung berge das Risiko immer neuer Sondergipfel und immer neuer Fristen. "Deshalb glaube ich, dass wir über eine alternative, längere Fristverlängerung diskutieren sollten." Dann könne auch Großbritannien noch einmal über seine Strategie nachdenken.
Eine Möglichkeit sei eine flexible Verlängerung, die nur so lange wie nötig, aber nicht länger als ein Jahr gehen würde. Um den Bedenken einiger EU-Staaten gerecht zu werden, müssten in diesem Fall jedoch einige Bedingungen gestellt werden: So werde der Brexit-Vertrag nicht erneut verhandelt und Großbritannien müsse sich während dieser Zeit in einer Art und Weise verhalten, die der Situation als scheidendem EU-Mitglied gerecht werde. Auch Merkel hält eine Brexit-Verschiebung bis Ende 2019 oder Anfang 2020 offenbar für möglich.
Die Staats- und Regierungschefs der EU beraten am Mittwoch über eine erneute Verschiebung des britischen EU-Austritts. Sollten sie keine Einigung finden, droht am Freitag ein chaotischer EU-Austritt Großbritanniens. Für einen geregelten Austritt müsste das britische Unterhaus dem Brexit-Vertrag noch zustimmen. Die Abgeordneten haben jedoch bereits drei Mal gegen das Abkommen gestimmt.
spiegel
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