Linke fordert neue Untersuchung der Treuhand im Bundestag

  19 April 2019    Gelesen: 623
Linke fordert neue Untersuchung der Treuhand im Bundestag

Die Treuhand – Symbol für einen "brutalen Kapitalismus" nach der Wende? Die Linke will das umstrittene Wirken der früheren Superbehörde neu aufrollen. Der Vorstoß kommt wenige Monate vor wichtigen Landtagswahlen im Osten.

Fast 30 Jahre nach der Wende will die Linke im Bundestag einen neuen parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur Treuhand. "Das Treuhand-Trauma ist nicht überwunden", sagte Linke-Fraktionschef Dietmar Bartsch. Verheerende politische Fehler, die in der Nachwendezeit gemacht worden seien, müssten ans Tageslicht und aufgearbeitet werden. "Der Schaden, den die Treuhand angerichtet hat, ist bis heute eine wesentlich Ursache für den ökonomischen Rückstand des Ostens und für politischen Frust vielerorts."

Auch SPD-Politiker fordern Aufarbeitung

Die Linke braucht aber noch mindestens zwei weitere Fraktionen, damit ein Untersuchungsausschuss eingesetzt wird. Der Vorstoß der Fraktion kommt wenige Monate vor wichtigen Landtagswahlen im Herbst in Sachsen, Brandenburg und Thüringen.

Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke), aber auch SPD-Politiker hatten bereits eine wissenschaftliche Aufarbeitung der Treuhand-Aktivitäten gefordert. Ramelow hatte im August der "Welt am Sonntag" gesagt, auch heute noch hätten "viele Ostdeutsche das Gefühl, sie würden wie Bürger zweiter Klasse behandelt. Diese Emotionen stammen aus der Zeit, als die Treuhand das Zepter führte."

"Unter den riesigen Treuhand-Teppich schauen"

Bartsch sagte, es sei "höchste Zeit", dass sich der Bundestag erneut mit der Treuhand beschäftige. Dies sei auch eine Frage des Respekts gegenüber Millionen Ostdeutscher, die in dieser Zeit ihren Arbeitsplatz verloren hätten. "Wer im kommenden Jahr 30 Jahre Deutsche Einheit begehen will, muss ehrlicherweise anfangen, unter den riesigen Treuhand-Teppich zu schauen und aufzuräumen."


In dem Antrag, den die Linke in den Bundestag einbringen will, heißt es, bis heute bestehe eine erhebliche wirtschaftliche und soziale Kluft zwischen Ostdeutschland und Westdeutschland. Als eine Ursache werde die Arbeit der Treuhand angesehen. "Das Wirken der Treuhandanstalt war von politischen und wirtschaftlichen Skandalen und bis in die Gegenwart reichenden Folgen begleitet, die auch aufgrund bislang weitgehend unzugänglicher Akten nicht im erforderlichen Maß aufgeklärt wurden."

"Verhindert soziale und ökonomische Einheit"

Weiter heißt es, die parlamentarischen Untersuchungsausschüsse der Neunziger Jahre seien unzureichend gewesen. "Zum einen wurden Akten zu einem großen Teil nicht öffentlich oder gar nicht vorgelegt. Zum anderen waren die Untersuchungen teils durch die noch laufenden, damals mehrheitlich politisch erwünschten Privatisierungsprozesse gehemmt." Der Antrag liegt der Deutschen Presse-Agentur vor.

Die extremen Umbrüche im Zuge der Wiedervereinigung reichten von hoher, flächendeckender Arbeitslosigkeit in der Bevölkerung über die weitgehende Zerstörung von Industrie und Wirtschaft im Osten – bis hin zu einem gesellschaftlichen Werteverlust: "Dies verhindert bis heute eine wirkliche soziale und ökonomische Einheit. Es besteht ein hohes gesellschaftliches Interesse an einer neuerlichen Untersuchung und politischen Neubewertung der Arbeit der Treuhandanstalt."


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