Der Welthandel steht unter Druck, und die Kausalkette ist relativ einfach zu erkennen und zu interpretieren: Mit Beginn des Protektionismus seitens des US-Präsidenten Donald Trump und der Umsetzung von Handelszöllen gegenüber den anderen großen Volkswirtschaften wie China und Europa, hat sich nicht nur das Welthandelsklima stark verändert, sondern auch die Haltung gegenüber den Grundlagen der Welthandelsorganisation WTO. Im vergangenen Jahr zeigten sich noch Vorzieheffekte im Handel, die dazu führten, dass dieser unter höheren und bereits umgesetzten Zölle noch ausgeprägter verlaufen war, seitens der Bestellmengen und Lagerbestände, insbesondere auf den Handelswegen zwischen den USA und China und verstärkt im Bereich von Chemieprodukten, Autoteilen, Konsumgütern, Industrievorleistungsgütern sowie Nahrung, Kleidung und Möbel. Doch nun erkennt die starke Reduktion.
Dieses beeinflusst natürlich die Nachfragezyklen weltweit und führt damit auch zu einem erkennbar negativen realwirtschaftlichen Verlauf. "In einem Umfeld, in dem die meisten Prognosen für das zukünftige Wachstums sehr negativ ausfallen und der Internationale Währungsfonds von einer kritischen Situation der globalen Konjunktur spricht, ist kein Platz für Investitionsentscheidungen bei den Unternehmen, bevor nicht die politischen Themen, wie ein möglicher und eskalierender Handelskrieg zwischen den USA und China oder aber auch den USA und Europa vom Tisch sind", so sagt Markus C. Zschaber, Chef der V.M.Z. Vermögensverwaltung in Köln, die monatlich den "Welt-Handelsindex" veröffentlicht.
Erkennbar ist, dass die veränderten Handelsgrundlagen nun ihre Wirkungen zeigen und das Handelsklima stark politisch geprägt ist. Während beispielsweise in den USA die Konjunktur noch mit einem Wachstum in Höhe von über 2 Prozent in diesem Jahr verlaufen könnte und der Arbeitsmarkt eine robuste Stabilität aufzeigt, spiegeln die Unternehmen teilweise schon ein anderes Bild wider und haben Angst.
Verschiedene Ökonomen und auch Interessenverbände haben in den vergangenen Wochen versucht, auf Präsident Donald Trump einzuwirken und die realwirtschaftlichen Folgen seines Handelns zu erläutern, bis dato ohne Wirkung. Eines steht aber auch fest: Seit der neue US-Präsident in seinem Amt aktiv ist, hat sich das Handelsdefizit der USA weltweit um mehr als 100 Milliarden US-Dollar ausgeweitet, denn die USA haben erneut deutlich mehr Waren importiert, als sie in andere Länder verkauft haben. "Selbst die aus unserer Sicht unabhängige Fed (US-Notenbank) hat schon eine 180-Grad-Wende vollzogen, in dem man vom Zinserhöhungszyklus abgewichen ist, bis hin zu möglichen Zinssenkungen, bei starken realwirtschaftlichen Schäden, die es durch den Konflikt mit China geben könnte", sagt Zschaber weiter.
Obwohl es ganz danach aussieht, dass es zu einer langfristigen und vertretbaren Einigung im Handelsstreit kommen könnte, ist die Frage, wie die Handelsdefizite ausgeglichen werden sollen und können und welche bis dato umgesetzten Zölle weiterhin aktiv bleiben, vollkommen ungeklärt. Signale wie beispielsweise der Kauf von Millionen Tonnen amerikanischer Sojabohnen durch die chinesischen staatlichen Einkäufer Cofco und Sinograin zeigen zwar, dass es zu Verständigungen kommt, aber es geht um hunderte von Warengruppen und Güter. Ein erster Erfolg zeichnet sich zwar dadurch ab, wenn China als der größte Soja-Importeuer der Welt, innerhalb von einem Jahr, nun wohl bis zu 10 Millionen Tonnen Soja von den USA importiert. Aber es muss weiter verhandelt werden, um das Defizit auszugleichen.
Hintergrund im Sojastreit waren im Übrigen die Gegenzölle Chinas, die wiederum die US-Bauern schädigten, so dass diese mit zwei Milliarden US-Dollar staatlich gestützt werden mussten. Allein dieses Beispiel zeigt auf, wie komplex sich die von Donald Trump angefachte Thematik darstellt und welche Auswirkungen diese dann in den einzelnen Branchen und Märkten weltweit hat. In diesem Zusammenhang muss erkannt werden, dass die Verringerung eines bilateralen Handelsdefizits ebenso geschehen kann, in dem man sich von Zöllen befreit, da diese die Handelsströme wohlmöglich mit Schädigung der eigenen Wirtschaft in andere Länder umleiten. "Ein freier Handel wie ihn beispielsweise Europa nun mit Japan umsetzt, ist eine gedankliche Neuorientierung mit Mustercharakter", so Zschaber.
Dass China bereit ist zu verhandeln zeigte sich in den vergangenen Wochen, denn die chinesische Regierung setzte sehr früh bereits ein Zeichen der Entspannung, in dem diese den Einfuhrzoll auf Pkws und Fahrzeugteile von 40 Prozent auf 15 Prozent reduzierte. In diesem Zusammenhang darf man auch nicht vergessen, dass der globale Automobilhandel mehr als 8 Prozent des Welthandels ausmacht, also eine durchaus tragende Säule ist.
Fakt ist allerdings: Chinas Wirtschaft, auch fiskalpolitisch mit einigen Anreizen gestützt, ist weiterhin in einer robusten, wirtschaftlichen Verfassung. Das bringt die Wachstumsprognose mit über 6 Prozent für dieses Jahr zum Ausdruck. Zwar hat auch China massive Ängste, dass sich eine Handelseskalation langfristig sehr stark auf den eigenen Wirtschaftszyklus auswirkt, dennoch ist China mit seinem strukturellen Umbau, sozusagen einer größeren Unabhängigkeit gegenüber den anderen großen Volkswirtschaften, bei weitem nicht fertig.
Aber die asiatische Binnenkonjunktur mit Treibern wie China, Indien, Süd-Korea und Taiwan entwickelt sich gut. Der nun veröffentlichte chinesische Caixin/Markit-Einkaufsmanagerindex, der Index für den Dienstleistungssektor, ist auf 54.4 Punkte angestiegen. Das ist der höchste Stand seit 14 Monaten. Dieses ist bedingt durch eine stabile und robuste Nachfrage aus dem eigenen Binnenraum, jedoch eingeschränkt durch die Exporte außerhalb, da sich das Seefracht-Volumen im ersten Quartal deutlich reduzierte. Wichtig ist zudem, dass der Index der chinesischen Industrie für das verarbeitende Gewerbe zurück auf Wachstumskurs ist und die Schwelle von 50 Punkten überschritten hat. Gründe für den Anstieg gab es viele, sei es ein verbessertes Finanzierungsumfeld, Fortschritte in den Handelsgesprächen zwischen den USA und China sowie die Tatsache, dass chinesische Unternehmen weiterhin Arbeitskräfte einstellen. Dazu kommen sicherlich die fiskalpolitischen Anreize, denn Peking stellt zusätzliche Ausgaben für Straßen, Schienennetze und Häfen zur Verfügung und wirkt damit konjunkturstützend.
Mit diesem Bild wird es nun interessant, wie es in den anderen asiatischen Ländern aussah und da offenbart sich ein weitaus positiveres Szenario, als vielfach angenommen. In Taiwan stieg der Einkaufsmanagerindex des verarbeitenden Gewerbes auf 49 Punkte, in Vietnam auf 51,9, in Thailand auf 50,3 sowie in Japan auf 49,2 Punkte.
Für Europa sieht es da im jetzigen Zyklus leider anders aus. Die Zahlen aus den Frachtsparten Luft, Schiene, Wasser und Straße zeigen weiterhin eine deutliche Abschwächung sowohl innerhalb der Nachfragekurve Europas, denn diese stieg im vergangenen Jahr und im Vorjahr stark an, als auch im internationalen Handel", so Zschaber. Das Thema US-Handelszölle insbesondere bezogen auf den Automobilsektor als auch das Thema Brexit führt die Industrie in eine Schockstarre. Allein das Thema Brexit hat viele aktuelle Projekte und Diskussionen in Brüssel verhindert, die für den Wirtschafts- und Währungsraum wichtig gewesen wären, im Hinblick auf wesentliche strukturelle Reformen. Gleiches zeigen demnach auch die Wachstumsprognosen des Internationaler Währungsfonds (IWF), die für Deutschland oder übergreifend für Europa stark nach unten korrigiert worden sind und im Bereich von 0,8 Prozent bis zu 1,3 Prozent variieren - allerdings mit positivem Ausblick für das Jahr 2020.
Noch sieht es allerdings in Deutschland gar nicht so schlecht aus, wenn man sich einzelnen Sektoren wie beispielsweise den Bausektor ansieht, der auf Grund der niedrigen Zinsen weiterhin expansiv verläuft. Auch der Arbeitsmarktes entwickelt sich positiv. Dazu steigen die Lohnsummen und stimulieren wiederum den Konsum. Es bleibt also abzuwarten, wie genau die Prognosen dann verlaufen werden. "Interessanterweise rechnen deutsche Exporteure auch für 2019 ebenfalls mit einem Umsatzrekord und einem Zuwachs in Höhe von 3 Prozent auf bis zu 1400 Milliarden Euro. Dies hängt allerdings direkt von der politischen Entwicklung ab, und das Ergebnis bleibt somit offen", so Zschaber. Zu den größten Herausforderung gehören weiterhin die zukünftigen Diskussionen Europas mit den USA über Handelszölle, insbesondere bezogen auf den Automobilsektor, sowie die Thematik rund um den Abschied Großbritanniens aus der EU.
Das Bild des Welthandels lässt sich gut an den Ergebnissen des "Welt-Handelsindex'", mit einem Punktestand in Höhe von 69,8 Prozent (zuvor 72,1 Prozent), ablesen. Als Indikator für einen schwächeren globalen Handel bestätigt dieser frühzyklisch die Verlaufskurve und bestätigt die meisten Prognosen und damit den Verlauf einer flacheren Konjunkturkurve im Jahr 2019. Die Zollrisiken und das Thema Brexit waren und sind die maßgeblichen Belastungsfaktoren, die nun wiederum künstlich das globale Wachstum in seiner Verlaufskurve reduziert haben. Künstlich deshalb, da alle Diskussionen rund um die Zollproblematik von US-Präsident Donald Trump ausgingen und somit selbstverschuldete Hürden für den Handel geschaffen wurden.
Was 2018 gesät wurde, wird nun geerntet. Es ist daher wichtig, auch einmal darüber nachzudenken, dass die zentrale Aufgabe von Regierungen auch darin besteht, keine gesamtwirtschaftlichen Schäden weder im eigenen Land, noch global zu verursachen und der Schlüssel dazu ist insbesondere der Handel oder Freihandel. Dieser diente seit Jahrzehnten insbesondere dazu, sowohl die Produktivität, die Innovation als auch das Gesamtwachstum und die weltweite Beschäftigung zu steigern, um es auch den Emerging Marktes sozusagen schnellstens zu ermöglichen, an der globalen positiven Entwicklung teilzuhaben.
Dadurch, dass der "Welt-Handelsindex" ein dynamisches Gesamtbild des Welthandels zusammengefasst bietet und detailorientierte Analysen auch hinsichtlich der Konjunkturlage ermöglicht, können schnelle und aktive Reaktionen auch im Welthandelsportfolio erfolgen. Das Musterdepot zum "Welt-Handelsindex" wird innerhalb dieser Berichterstattung vierteljährlich erwähnt, es beinhaltet diverse Anlageklassen, übergewichtet Aktien-investments oder ETF's auf Märkte und Branchen, die insbesondere an den Welthandelsaktivitäten partizipieren. Informationen hierzu und den Gedankengängen bei der Auswahl der Anlageklassen finden Sie in unserer neuen "Kapitalmarktstudie 2019", welche unter www.kapitalmarktstudie.de erhältlich ist.
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