Bayerns Guardiola klagt, Labbadia motzt
Der Trainer des HSV wirkte wie einer, der - gemessen an den limitierten Möglichkeiten seiner Mannschaft - die perfekte Taktik gefunden hatte, am Ende aber doch gescheitert war. Nicht daran, dass seine Spieler sie nicht verstanden und umgesetzt hatten; sondern daran, dass selbst ein sehr guter Plan meist nicht reicht, um den Klassenbesten mehr als ein wenig in Verlegenheit zu bringen. Sie machten das gut, vor allem zu Beginn der Partie, setzten den Gegner früh unter Druck und zwangen ihn so zu einigen, letztlich wenig effektiven langen Pässen. Vor allem hielten sie so die Bayern fern von ihrem Tor. Und die Münchner hatten lange Probleme gegen mutig, clever, leidenschaftlich und durchaus auch robust verteidigende Hamburger im Kühlschrank namens Volksparkstadion, das mit seinen 57.000 Zuschauern ausverkauft war - wie immer, wenn der FC Bayern in der Liga auf Reisen geht. Aber das war nicht Labbadias Thema.
"Das waren Dreckstore"
Er ärgerte sich geradezu maßlos darüber, dass er verloren hatte: "Wir haben gegen Bayern München nur 2:1 verloren, klasse - damit kann ich nichts anfangen. Wir können uns am Ende nichts kaufen dafür, dass wir das ordentlich gemacht haben." Es sei nämlich so: "Das waren so billige Tore, die wir kassiert haben. Das ist einfach ärgerlich. Wir haben in der ersten Halbzeit kaum Chancen zugelassen, aber so ein Duseltor zum 1:2 kotzt mich einfach an. Das waren Dreckstore, die wir heute kassiert haben." Was er damit in seiner Erregung meinte: Vor dem 1:0 für die Münchner nach 37 Minuten war Hamburgs René Adler aus seinem Tor gestürzt und hatte Thomas Müller im Strafraum von den Beinen geholt. "Da muss er entweder früher starten - oder stehenbleiben", sagte Labbadia. Allerdings: "Da geht es um Hundertstelsekunden."
Den Elfmeter nutzte Lewandowski, es war sein 16. Tor in dieser Saison. Das 17. ließ er nach einer guten Stunde folgen, als er einem Schuss Müllers partout nicht mehr ausweichen konnte und deshalb den Ball unhaltbar ins Tor lenkte. Zum Glück hatte Labbadia nicht mitbekommen, dass Müller hinterher behauptete, so unbeabsichtigt sei das gar nicht gewesen. Immerhin räumte er noch ein: "Wir wussten, dass wir noch nicht auf unserem Top-Level sind. Aber wir wussten auch, dass wir auf jeden Fall konkurrenzfähig sind und drei Punkte holen können. Das haben wir gemacht." Im Grunde nicht der Rede wert also. Und Guardiola? Behauptete, zufrieden zu sein, auch wenn das während des Spiels mitunter ganz anders aussah; zum Beispiel, als er sich in der ersten Halbzeit nach den Fehlpässen Xabi Alonsos und Jérôme Boatengs kopfschüttelnd abwandte und von der Seitenlinie zurück zur Bank ging. Sei`s drum: "Kompliment an meine Mannschaft, sie hat das gut gemacht. Für das erste Spiel nach der Pause war das gut. Wir sind viel gelaufen und haben nur eine Chance zugelassen. Wir waren eine Mannschaft." Und: "Es war nicht einfach. Hamburg ist nicht mehr die gleiche Mannschaft wie in den letzten zwei Jahren. Natürlich sind wir noch nicht in bester Verfassung."
Eine Sache beunruhigte den Trainer, der den FC Bayern im Sommer gen England verlässt, dann aber doch. Nicht etwa, dass nach diesem holprigen Auftritt seiner Mannschaft die arg spekulative Diskussion erst einmal weitergehen dürfte, ob er nun als "lame duck", als lahme Ente durch die Liga watschelt. Sondern vielmehr die Tatsache, dass er Boateng nach 56. Minuten für Javier Martínez hatte auswechseln müssen. Der 27 Jahre alte Münchner Abwehrchef hatte sich bei einem Ausfallschritt an der Seitenlinie verletzt, ohne dass ihm der Hamburger Dennis Diekmeier zu nahe gekommen wäre. Sofort nach dieser Aktion signalisierte er auf dem Rasen sitzend mit beiden Händen in Richtung Bank, dass er nicht weiterspielen kann. Eine erste Diagnose lautete, wie der FC Bayern noch in der Nacht mitteilte: Muskelverletzung an den Adduktoren. Wie lange Boateng ausfällt, ist noch nicht bekannt. "Now wir haben ein Problem", sprach Guardiola. "Aber wir werden eine Lösung finden." Wie ein glücklicher Sieger sah er dabei nicht aus.