Demokratie in Bedrängnis: YouTube-Video entlarvt Politik und Medien

  25 Mai 2019    Gelesen: 503
  Demokratie in Bedrängnis: YouTube-Video entlarvt Politik und Medien

„Die Zerstörung der CDU“ – Deutschland diskutiert über das Video des YouTubers Rezo. Der Clip hat mittlerweile weit über sieben Millionen Klicks erreicht. Der Inhalt ist nicht neu, aber Rezo legt den Finger tief in eine gesellschaftliche und politische Wunde - mehr als ihm vielleicht selbst bewusst ist. Das Video entlarvt dabei nicht nur die CDU.

Haben Sie sich das rund 55-minütige Video des YouTubers Rezo schon angesehen? Nicht? Vielleicht sollten Sie es tun. Nicht, weil der Inhalt des Clips mit dem Titel „Die Zerstörung der CDU“ bahnbrechende neue Informationen enthält. Auch nicht, um einfach nur mitreden zu können. Sondern, weil das Video gleich mehrere erstaunliche Reaktionen hervorgerufen hat: Es hinterlässt eine peinlichst überrumpelte CDU, eine gespaltene Medienlandschaft und nicht zuletzt die Einsicht, dass das politische System in Deutschland einen entscheidenden Fehler hat.

Doch von vorne: Der YouTuber Rezo ist nicht unbedingt für politische Statements bekannt. Seine bisherigen Videos drehen sich thematisch zum Beispiel um peinliche Kinderfotos, Wasserschlachten oder Internet-Trends. Die Zielgruppe: Ein Publikum im Alter zwischen Teenager und End-Zwanziger. Und genau deshalb ist das neue Video, in dem sich der 26-Jährige mit der Bundespolitik auseinandersetzt, so bemerkenswert. Mit schnellem Sprechtempo erklärt Rezo das Versagen der CDU in Sozial-, Klima- und Rüstungspolitik und er erreicht damit eine Zielgruppe, an der diese Thematik sonst wohl vorbeigegangen wäre.

Natürlich ist es nicht neu, dass beispielsweise die Schere zwischen Arm und Reich in Deutschland weiter auseinander driftet. Ebenso ist bekannt, dass die Bundesregierung sich von den USA ihren außenpolitischen Kurs vorgeben lässt und dass von der US Air Base im deutschen Ramstein völkerrechtswidrige Drohnenangriffe gesteuert werden. Und spätestens seit der Unterstützung nahezu aller Klimaforscher für die „Fridays for Future“-Proteste weiß der informierte Bürger um die katastrophale Auswirkung des Klimawandels. Doch die Politisierung des YouTubers Rezo ist auch ein Zeichen einer zunehmenden Politisierung der Jugend.

Und wie reagiert die CDU auf die Vorwürfe in dem Video? Die Partei spricht von einer einseitigen Darstellung, reißerischen Fake News und Populismus. Hinter den Kulissen wurde eilig der 26-jährige CDU-Abgeordnete Philipp Amthor ins Konrad-Adenauer-Haus zitiert, er sollte ein Video mit einer Gegendarstellung drehen – ohne Krawatte und ebenfalls für eine jugendliche Klientel. Kurz vor der Veröffentlichung zog die CDU-Spitze jedoch die Notbremse. Stattdessen soll der 33-jährige CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak die Situation retten. Und hier zeigt sich einmal mehr, dass für die Union das Internet weiterhin mysteriöses Neuland ist: Während das Rezo-Video immer mehr und mehr Klicks sammelt, veröffentlicht die CDU-Spitze ein 11-seitiges PDF-Dokument mit dem Titel „Offene Antwort an Rezo – Wie wir die Sache sehen“. Eine medial schlechtere Entscheidung hätte eine Partei kaum treffen können.

Zusätzlich erklärte Ziemiak, er habe den YouTuber eingeladen, um über die Inhalte der Kritik zu diskutieren. Man wolle keine „Video-Schlacht“, sondern einen persönlichen Austausch. Und während sich also Ziemiak und Amthor mit Rezo im stillen Kämmerlein über Politik unterhalten wollen, gewinnt das besagte YouTube-Video weitere Millionen von Klicks. Wer genau berät die Union eigentlich in Sachen Social Media? Dabei hat die CDU ein schon lange bekanntes Problem: Bei der Europawahl 2014 ist die Partei bei den unter 18-Jährigen noch auf eine Zustimmung von 24 Prozent gekommen, aktuell sind es in Umfragen noch rund 12,7 Prozent. Die Veröffentlichung eines PDF-Dokuments wirkt dabei so unbeholfen, wie die Politik der Partei in Sachen Klima und Soziales.

Und die deutsche Presse? Fast jedes „Leitmedium“ hat als Reaktion auf das YouTube-Video mittlerweile seinen Senf dazugegeben. Erwartungsgemäß scheiden sich die Geister: Wirtschaftsnahe Medien, wie die „FAZ“, springen der CDU zur Seite und diskreditieren Rezo als „uninformiert“ und „populistisch“. Der „Spiegel“ und weitere Blätter versuchen sich an einem Faktencheck und kommen zu dem Ergebnis: Ja, Rezo polarisiert und überspitzt, aber im Kern hat er bei wichtigen Punkten Recht. Nur wenige Medien schaffen es aber, das eigentliche Problem anzusprechen: Wenn Rezo Recht hat und wenn die Politik der Bundesregierung auch nur ansatzweise so inkompetent ist, wie in dem Video beschrieben, in welche Zukunft steuert Deutschland dann eigentlich?

sputniknews


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