Bremen steht vor politischem Beben

  27 Mai 2019    Gelesen: 610
  Bremen steht vor politischem Beben

Seit 70 Jahren wird Bremen von den Sozialdemokraten regiert. Mit der Bürgerschaftswahl könnte sich das ändern: Die CDU liegt Umfragen zufolge vor der SPD. Das Rennen dürfte sich dennoch erst auf den letzten Metern entscheiden.

Knapp eine halbe Millionen Menschen stellen im kleinsten deutschen Bundesland die Weichen für die kommenden vier Jahre. Die Bremische Bürgerschaft, der Landtag des Stadtstaates, wird neu gewählt. Das Ergebnis dürfte knapp ausfallen: Seit 1946 ist die SPD ununterbrochen als stärkste Kraft aus 19 Wahlen hervorgegangen, seit über 70 Jahren stellt sie den Bürgermeister. Diese Position ist nun in Gefahr, denn die CDU liegt Umfragen zufolge vor der SPD und hätte eine Chance, das Rathaus zu übernehmen.

Nach dem jüngsten veröffentlichten ZDF-Politbarometer kämen die Sozialdemokraten von Bürgermeister Carsten Sieling auf 24,5 Prozent, während die oppositionelle CDU mit ihrem Spitzenkandidaten Carsten Meyer-Heder mit 26 Prozent stärkste Kraft würde. Die Grünen sah die Umfrage mit 18 Prozent als drittstärkste Partei. Die Linke wäre in Bremen mit 12 Prozent erstmals zweistellig und die AfD käme auf 7 Prozent. Die FDP, der erst 2015 der Wiedereinzug ins Parlament gelang, müsste mit 5 Prozent um ihren Verbleib bangen.

Rechnerisch könnte also künftig eine Große Koalition möglich sein. Doch die SPD hatte vor einer Woche eine Regierung mit der CDU ausgeschlossen, auch um ein klares Signal an die linke Wählerschaft zu senden. Ob die sich mobilisieren lässt, bleibt abzuwarten. Der SPD droht jedenfalls erneut ein Rekordtief. Denkbar wäre je nach Wahlausgang auch ein Jamaika-Bündnis aus CDU, Grünen und FDP oder eine rot-rot-grüne Koalition aus SPD, Linken und Grünen.

CDU sympathisiert mit Jamaika-Bündnis

Für CDU-Spitzenkandidat und Politik-Neuling Meyer-Heder wäre ein Jamaika-Bündnis am "sympathischsten". Im Interview mit n-tv.de nannte er Bildung als sein wichtigstes Thema - "weil wir da großen Nachholbedarf haben". Zudem will er sich für Wege aus der Armut und Teilhabe einsetzen. "Und die Verkehrssituation ist in Bremen dramatisch", sagte Meyer-Heder. "Das ist auch ein Wirtschaftsthema: Wir müssen ja Rahmenbedingungen schaffen, um Firmen anzusiedeln."

Bürgermeister Sieling sagte im n-tv.de-Interview, Bremen habe sich "in den letzten Jahren ungeheuer positiv entwickelt" - so habe man 2017 Bayern als wachstumsstärkstes Bundesland abgelöst. "Wir haben jetzt die Basis dafür, die nach wie vor hohe Arbeitslosigkeit zu reduzieren, den Wohnungsbau weiter zu stärken und in der Bildung voranzukommen", so Sieling.

Auch Jugendliche dürfen wählen

Wer am Ende die Nase vorne hat, wird auf den letzten Metern entschieden, denn für 45 Prozent der Stimmberechtigten stand laut Forschungsgruppe Wahlen wenige Tage zuvor noch nicht fest, ob sie überhaupt wählen wollen und wenn ja, wen. Im kleinsten deutschen Bundesland dürfen auch Jugendliche ab 16 zur Wahl gehen.

Bremen ist das einzige Bundesland, in dem es eine vier- statt eine fünfjährige Legislaturperiode gibt. Bei der Bürgerschaftswahl 2015 fuhr die SPD mit 32,8 Prozent das schlechteste Ergebnis seit Kriegsende ein. Als Konsequenz war der damalige Bürgermeister Jens Böhrnsen SPD zurückgetreten. Die CDU kam damals auf 22,4 Prozent, die Grünen erreichten 15,1 Prozent, die Linken kamen auf 9,5 Prozent, die FDP auf 6,6 und die AfD auf 5,5 Prozent. In dem Zwei-Städte-Staat reicht es, in nur einem der Wahlbereiche - Bremen oder Bremerhaven - die Fünf-Prozent-Hürde zu nehmen. Deshalb wird wie 2015 damit gerechnet, dass auch die rechte Wählervereinigung Bürger in Wut (BiW) den Sprung ins Parlament schafft.

Mit dem vorläufigen amtlichen Endergebnis wird erst am Mittwoch nach der Wahl gerechnet. In der Nacht wird es aber eine Hochrechnung geben, die dem Endergebnis in vorangegangenen Jahren immer sehr nahe kam. Bremen macht den Auftakt der Landtagswahlen in diesem Jahr. Im Herbst folgen Brandenburg, Sachsen und Thüringen.

Quelle: n-tv.de, ftü/dpa


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