„Willkommen im Krieg“, titelt das amerikanische Fachblatt „The National Interest“ einen Artikel darüber, ob der Iran einen Flugzeugträger der USA versenken kann. Flugzeugträger, heißt es darin, sind „ein Werkzeug der US-Politik im Nahen Osten“. „Reicht die Schlagkraft des iranischen Militärs, um ein solches ‚Werkzeug‘ abzuwehren?“, fragt die Zeitschrift.
Welche Möglichkeiten die iranischen Seestreitkräfte und Revolutionsgarden haben, wissen Experten aus den USA sicherlich sehr genau. Stünden die Chancen auch nur eins zu hundert, dass der „USS Abraham Lincoln“ eine Gefahr drohte, würden die Verantwortlichen ganz bestimmt zu einem anderen Instrumentarium greifen.
„Niemals werden die Vereinigten Staaten einen Flugzeugträger mit 5.500 Mann an Bord einem Risiko aussetzen“, schreibt „NI“-Autor Kyle Mizokami. Man würde schon passende Alternativen finden. Stützpunkte und Luftwaffenbasen haben die USA unweit der iranischen Grenzen ja genug.
Alles, was Teheran gegenwärtig gegen einen Angreifer auf See einsetzen kann, würde die „Abraham Lincoln“ entweder nicht treffen oder nicht ernsthaft beschädigen. Die aus China importierten Flugkörper S-802 haben eine Reichweite von rund 120 km. Indes deckt die Flugabwehr der amerikanischen Trägerkampfgruppe – also Kreuzer und Zerstörer mit dem „Aegis“-System – einen Bereich von 800 km rund um den Flugzeugträger ab. Mit den S-802-Raketen ist dieser Schild nicht zu durchbrechen. Und selbst wenn: Diese Flugkörper haben einen zu kleinen Gefechtskopf von gerademal 160 kg Gewicht.
Eine Trägerkampfgruppe mehr oder minder erfolgreich angreifen könnte ein mit Überschallraketen bewaffnetes Bombergeschwader, dessen Möglichkeiten die Abwehrfähigkeiten des „Aegis“-Systems übertreffen. Oder ein Verband von mindestens acht Kreuzern und Zerstörern auf zeitgemäßem technischen Niveau. Beides steht Iran bekanntlich nicht zur Verfügung.
Dass die iranische Revolutionsgarde den Amerikanern droht, ihren Träger mit einem Schwarm von Schnellbooten zu versenken, dürfte im Pentagon nichts als lautes Gelächter auslösen. So muss man sich auch die Reaktion von US-Strategen auf das iranische Manöver vom Februar 2015 vorstellen, bei dem die Garde die Attrappe eines freistehenden Flugzeugträgers versenkte.
Um des mächtigen „Werkzeugs“ der US-Politik wirklich Herr zu werden, braucht Teheran einen technologischen Durchbruch. Wie mächtig die Flugabwehr der Trägerkampfgruppe auch ist, mit einer Salve, die ihre Fähigkeiten überfordern würde, wäre auch sie zu überwinden.
Bei einer Massenproduktion von Antischiffsraketen könnten zeitgleich mehr als 100 Flugkörper auf den Angreifer abgefeuert werden. Die Abwehrraketen des „Aegis“ kämen schon zahlenmäßig dagegen nicht an. Auch ballistische Mittelstreckenraketen mit teilbarem Überschallsprengkopf wären ein probates Mittel gegen Flugzeugträger der Nimitz-Klasse.
Momentan, da muss man „The National Interest“ zustimmen, hat Teheran der US-Armada wenig bis nichts entgegenzusetzen. Doch kommen die Iraner – wohl nicht ohne Hilfe anderer Staaten – einem technischen Durchbruch im Raketenbau immer näher.
Seit 2017 erprobt Iran die Mittelstreckenrakete „Chorramschahr“. Man achte auf den symbolträchtigen Codenamen. Chorramschahr ist eine iranische Hafenstadt, wo die Revolutionsgarde einen wichtigen Sieg im Krieg mit Irak erzielte und rund 20.000 Gefangene nahm.
Die iranische Rakete sieht der nordkoreanischen „Hwasong-10“ verdächtig ähnlich. Bei der Reichweite unterscheiden sich die Raketen allerdings: Laut einem General der Revolutionsgarde beträgt sie bei der „Chorramschahr“ rund 2.000 Kilometer. Deutlich mehr, als die Flugabwehr der amerikanischen Trägerkampfgruppe abdecken kann.
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