Hongkong verschiebt Auslieferungsgesetz

  12 Juni 2019    Gelesen: 673
Hongkong verschiebt Auslieferungsgesetz

Zehntausende Demonstranten blockieren den Hongkonger Legislativrat und erreichen, dass die Sitzung zum umstrittenen Auslieferungsgesetz abgesagt wird. Die Regierung will das Gesetz trotz der tagelangen Proteste durchbringen.

Angesichts von Massenprotesten in Hongkong ist die zweite parlamentarische Lesung des umstrittenen Auslieferungsgesetzes verschoben worden. Die jetzt angesetzte Sitzung des Parlaments der chinesischen Sonderverwaltungszone wurde bis auf Weiteres verschoben, wie Vertreter des sogenannten Legislativrats mitteilten. Zehntausende Menschen blockierten aus Protest gegen das Gesetz, das Auslieferungen auch an das chinesische Festland ermöglichen würde, wichtige Verkehrsadern, das Regierungsviertel und auch den Eingang zum Parlament in Hongkong.

Demonstranten, viele von ihnen in Schwarz gekleidet und mit Masken oder Helmen, trugen Absperrgitter auf die Straßen und banden sie zusammen. Die Hongkonger Polizei mobilisierte ein Großaufgebot an Sicherheitskräften. Vor dem Parlamentsgebäude setzte die Polizei Wasserwerfer und Tränengas gegen die Protestierenden ein. Auf Schildern warnten die Sicherheitskräfte, sie seien bereit, Gewalt anzuwenden. "Die Regierung hat die Menschen gezwungen, ihre Aktionen eskalieren zu lassen", sagte ein 21-jähriger Demonstrant. "Deswegen ist es dieses Mal denke ich unvermeidlich, dass der Kampf ein wenig hitzig wird."

Schon in der Nacht hatten rund 2000 Demonstranten Mahnwachen abgehalten. Mehr als hundert Geschäftsinhaber kündigten im Vorfeld an, ihre Geschäfte aus Solidarität mit den Demonstranten zu schließen. Die Hongkonger Vereinigung der Gewerkschaften ermutigte ihre Mitglieder zu Streiks. So planten die Gewerkschaften der Sozialarbeiter und Lehrer jeweils Arbeitsniederlegungen.

Gegen das geplante Gesetz hatten am Sonntag in Hongkong Hunderttausende Menschen demonstriert. Die Organisatoren sprachen von mehr als einer Million Teilnehmern. Es war die größte Demonstration seit der Übergabe der ehemaligen britischen Kronkolonie an China im Jahr 1997.

Die Peking-nahe Verwaltungschefin Hongkongs, Carrie Lam, kündigte aber an, am Gesetzesvorhaben festzuhalten. Sie strebt eine Schlussabstimmung am 20. Juni an. Bisher hatte Hongkong von Auslieferungen an das chinesische Festland Abstand genommen, weil das chinesische Justizsystem wenig transparent und die Verhängung der Todesstrafe weit verbreitet ist. Die Regierung der Sonderverwaltungszone beteuert zwar, dass China-Kritiker nicht ausgeliefert würden. Viele Menschen in Hongkong trauen diesen Zusagen aber nicht.

Bei der Rückgabe von Großbritannien hatte Peking Hongkong unter der Formel "Ein Land, zwei Systeme" für 50 Jahre weitreichende innere Autonomie zugesagt. In Hongkong gelten daher Grundrechte, die den Bürgern der Volksrepublik vorenthalten werden, etwa Meinungs- und Pressefreiheit. Die Opposition wirft Peking jedoch vor, sich zunehmend in Hongkongs Angelegenheiten einzumischen und damit die Autonomievereinbarungen auszuhöhlen.

n-tv


Tags:


Newsticker