Die für heute angesetzte Sitzung des Parlaments der chinesischen Sonderverwaltungszone findet nicht wie geplant statt, teilte der Präsident des sogenannten Legislativrats mit. Regierungschefin Lam wollte das Gesetz eigentlich binnen einer Woche im Schnellverfahren von der Peking-treuen Mehrheit im Legislativrat verabschieden lassen.
„Protest unterschätzt“
Nach Ansicht der Leiterin des Forschungsbereichs Politik, Gesellschaft und Medien des Mercator Instituts für China-Studien, Shi-Kupfer, hat die Regierung von Hongkong das Ausmaß der Proteste unterschätzt. Unter den Demonstranten seien auch Geschäftsleute, Arbeiter, Studenten und Lehrer, sagte Shi-Kupferim Deutschlandfunk. Das deute auf massive Bedenken und Widerstand gegenüber der Volksrepublik hin, die kein schließlich kein Rechtsstaat sei.
Gewaltsame Auseinandersetzungen
Zehntausende Demonstranten blockierten aus Protest wichtige Verkehrsadern. Die Polizei mobilisierte ein Großaufgebot von Sicherheitskräften. Wie die „South China Morning Post“ berichtet, ist es zu Auseinandersetzungen zwischen Sicherheitskräften und Demonstranten gekommen. Einige von ihnen hätten versucht, Metallgitter zu räumen. Beamte setzten Schlagstöcke und Pfefferspray ein.
Rund 1.000 Geschäfte kündigten an, aus Protest geschlossen zu bleiben. Die Hongkonger Vereinigung der Gewerkschaften rief ihre Mitglieder zu Streiks auf . So planten die Gewerkschaften der Sozialarbeiter und Lehrer jeweils Arbeitsniederlegungen.
Auslieferung von Verdächtigen an China
Gegen das geplante Gesetz, das Auslieferungen von Verdächtigen auch an China ermöglichen würde, hatten bereits am Sonntag in Hongkong hunderttausende Menschen demonstriert. Es war die größte Kundgebung seit der Übergabe der ehemaligen britischen Kronkolonie an China im Jahr 1997. Bisher hatte Hongkong von Auslieferungen an das chinesische Festland Abstand genommen, weil das Justizsystem wenig transparent und die Verhängung der Todesstrafe weit verbreitet ist.
Ein Land, zwei Systeme
Bei der Rückgabe von Großbritannien hatte Peking Hongkong unter der Formel „Ein Land, zwei Systeme“ für 50 Jahre weitreichende Autonomie zugesagt. In Hongkong gelten daher Grundrechte, die den Bürgern der Volksrepublik vorenthalten werden, etwa Meinungs- und Pressefreiheit. Die Opposition wirft Peking jedoch vor, sich zunehmend in Hongkongs Angelegenheiten einzumischen und damit die Autonomievereinbarungen auszuhöhlen.
Deutschlandfunk
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