„Die Energiewende ist ineffizient“

  12 Juli 2019    Gelesen: 676
„Die Energiewende ist ineffizient“

Auch der Sachverständigenrat der Bundesregierung hat ein Gutachten über einen CO2-Preis erstellt – als Baustein für mehr Klimaschutz. Schließlich wird Deutschland das selbstgesetzte Klimaziel für 2030 verpassen, wenn nichts geschieht.

Was steht drin in dem Gutachten? Was für Modelle sind noch im Gespräch? Eins vorweg: Die Sachverständigen sagen klar und deutlich: „Die deutsche Energiewende ist ineffizient“.

Was schlagen die „Wirtschaftsweisen“ vor?
Erstmal stellen sie unmissverständlich klar: „Der Bundesregierung bietet sich aktuell die große Chance für eine Neuausrichtung der Klimapolitik.“

Oberstes Ziel aus Sicht der Sachverständigen sollte sein, den existierenden Zertifikatehandel in der EU (siehe unten) auf alle Sektoren – also auch auf Verkehr und Gebäude – auszuweiten.

Weil das nicht so schnell geht, soll zunächst ein einheitlicher CO2-Preis „als zentrales klimapolitisches Instrument“ kommen, begleitet von technischen Innovationen. Dieser Preis müsse jedoch regelmäßig angepasst und dürfe auch wirklich nur für den Klimaschutz genutzt werden: „Ausschließliches Ziel einer CO2-Bepreisung in Deutschland sollte sein, Emissionen effizient zu reduzieren und nicht, zusätzliche Steuereinnahmen zu generieren.“

Außerdem sollten die staatlichen Einnahmen zurückverteilt werden – etwa über eine pauschale Rückgabe je Einwohner oder eine Senkung der Stromsteuer.

Wie funktioniert eine CO2-Steuer?

Benzin, Diesel und Heizöl sollen über die Steuer verteuert werden. Sie bemisst sich an der Höhe der CO2-Emissionen, die bei der Verbrennung der fossilen Energieträger entsehen. Ziel ist, dass sich die Menschen klimafreundlich verhalten, um die zusätzliche finanzielle Belastung durch die Steuer gering zu halten. Aus demselben Beweggrund soll die die Wirtschaft für Innovationen sorgen, um Deutschland weg von den fossilen Brennstoffen zu bringen. Letztendlich soll Steuer dabei helfen, die deutschen Klimaziele zu erreichen.

Woher stammt die Idee?

Es gibt in der EU schon seit 2005 dem Handel mit sogenannten Emissionszertifikaten. Hier müssen Betreiberinnen und Betreiber von Anlagen für jede Tonne Kohlendioxid ein Zertifikat vorlegen. Die Menge dieser Zertifikate pro Jahr ist begrenzt. Einen Teil gibt es kostenlos, der Rest wird versteigert. Wer zu viele hat, darf verkaufen. Wer zu wenige hat, muss nachkaufen. So erhalten Emissionen einen Preis. Kritiker halten ihn aber für zu niedrig – und bemängeln, so gebe es kaum Anreize für die Vermeidung von CO2.

Was gibt es sonst noch für Gutachten zur Bepreisung von CO2?

Bundesumweltministerin Schulze hat gerade drei Gutachten vorgestellt, ohne sich festzulegen. Grundsätzlich befürwortet sie eine CO2-Bepreisung aber. 

Der Schwerpunkt der Studien liegt bei einem Modell, das mit 35 Euro pro Tonne CO2 einsteigt und sich bis zum Jahr 2030 schrittweise auf 180 Euro pro Tonne steigert. Der Einstiegspreis würde bedeuten, dass Diesel und Heizöl zunächst um etwa 11 Cent pro Liter teurer würden, Benzin um knapp zehn Cent und Erdgas um knapp einen Cent.

Die Bürgerinnen und Bürger sollen im Gegenzug über eine Klimaprämie entlastet werden, die zum Beispiel zum Beginn 80 Euro pro Kopf und Jahr betragen könnte. Die Unternehmen sollen über Förderprogramme entlastet werden. Die Gutachten stammen vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung, vom Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung der Hans-Böckler-Stiftung sowie vom Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft.

Wie hoch belastet eine CO2-Steuer welchen Bürger?
Grundsätzlich ist es sicher so, dass Menschen betroffen sind, die in schlecht isolierten Häusern mit Ölheizung leben, ebenso wie Pendler und Flugreisende.

Die Gutachten für das Umweltministerium stellen für verschiedene Beispiele Berechnungen an. Sie gehen von einer Bepreisung von 80 Euro pro Tonne und einem gleich hohen Klimabonus jährlich aus. In die Berechnungen fließt zudem eine Senkung der Stromsteuer und der EEG-Umlage um 6 Cent pro Kilowattstunde ein. Da die Klimaprämie pro Kopf augezahlt würde, hätten Familien mit Kindern einen Vorteil.

– Studierende, allein in einer Stadt lebend: Sie hätten vermutlich sogar mehr Geld, und zwar fünf Euro im Monat.

– Single, zur Miete lebend, ein Auto: Müsste fünf Euro pro Monat mehr bezahlen.

– Rentnerin oder Rentner, allein auf dem Land zur Miete lebend, ein Auto: Zusätzliche Kosten von einem Euro pro Monat.

– Paar, doppeltes Einkommen, keine Kinder, im Eigenheim lebend, zwei Autos: Zusätzliche Kosten von zwölf Euro monatlich.

– Familie mit einem Kind zur Miete lebend, beide Eltern verdienen, kein Auto: 27 Euro mehr pro Monat zur Verfügung.

– Familie mit zwei Kindern in der Stadt zur Miete lebend, ein Elternteil verdient, ein Auto: Fünf Euro mehr pro Monat zur Verfügung.

– Familie mit drei Kindern auf dem Land in Eigenheim lebend, ein Elternteil verdient, zwei Autos: Zusätzliche Kosten von einem Euro pro Monat.

Wie geht es jetzt weiter?

Die Koalition will in diesem Jahr ein Klimaschutzgesetz beschließen, das sicherstellt, dass das Klimaziel für 2030 erreicht wird – also einen Rückgang des CO2-Ausstoßes um 55 Prozent gegenüber 1990. Ob eine CO2-Steuer eingeführt werden soll, ist aber noch längst nicht ausgemacht – die Union ist hier weiterhin kritisch.


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