Reisende bringen Zika-Virus auch nach Deutschland

  27 Januar 2016    Gelesen: 741
Reisende bringen Zika-Virus auch nach Deutschland
In den vergangenen Jahren haben sich auch Deutsche mit dem Zika-Virus infiziert. Sie holten sich das Virus auf Reisen in die Tropen. Genaue Zahlen gibt es nicht.
Das derzeit vor allem in Brasilien grassierende Zika-Virus haben schon mehrere Reisende nach Deutschland eingeschleppt. Das Hamburger Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin habe seit 2013 zehn Infektionen festgestellt, sagte der Virologe Jonas Schmidt-Chanasit. Dabei handele es sich ausschließlich um importierte Fälle, das heißt, die Betroffenen holten sich das Virus auf einer Reise in ein tropisches Land.

Ein genaues Bild von eingeschleppten Virus-Fällen in Europa gibt es nicht, denn die Infektion ist nicht meldepflichtig. Zwar registrierte Italien schon vier Fälle, Großbritannien drei und Spanien zwei. Aber Schmidt-Chanasit meint: "Diese Zahlen sind alle nicht korrekt." Gute Aufzeichnungen über das Auftreten der Krankheit fehlten. Es gibt nur wenige Referenzzentren, die die Infektion diagnostizieren könnten. Neben dem Bernhard-Nocht-Institut in Hamburg sind das das Pasteur-Institut in Paris und zwei weitere Einrichtungen in Großbritannien und den Niederlanden. Jetzt steige die Zahl der Fälle täglich, weil sich mehr Patienten untersuchen ließen und die Mediziner genauer hinschauten.

Der Erreger verursacht meist keine schwere Erkrankung. Er steht aber im Verdacht, bei Schwangeren das ungeborene Kind zu schädigen. Die Kinder kommen mit einem zu kleinen Kopf auf die Welt, was mit Fehlbildungen im Gehirn einhergeht. "Dieser Zusammenhang ist sehr wahrscheinlich", sagte Schmidt-Chanasit. Er fügte aber hinzu: "Der endgültige Beweis steht noch aus."

In Brasilien, das mit rund 4.000 registrierten Fällen der sogenannten Mikrozephalie am stärksten betroffen ist, gebe es derzeit Fallkontrollstudien. Dabei werden Frauen mit fehlgebildeten und gesunden Kindern auf Antikörper gegen Zika-Viren getestet. Bei gestorbenen Babys und im Fruchtwasser sei das Virus bereits nachgewiesen worden. Das seien aber nur einzelne Hinweise. Für Studien müssen Hunderte Schwangere untersucht werden. "Ich denke, in einigen Wochen werden wir den endgültigen Beweis haben", sagte der Virologe.

Missbildungen dieser Art kommen auch bei Neugeborenen in Deutschland vor. Schmidt-Chanasit hält es für denkbar, dass auch hier in einigen Fällen eine Zika-Virusinfektion die Ursache sein könnte. Das ließe sich aber nur bei einer Häufung feststellen oder bei einer sogenannten Reiseanamnese. Schmidt-Chanasit weiß von einem missgebildeten und schließlich gestorbenen Baby im US-Bundesstaat Hawaii, dessen Mutter in der Schwangerschaft in Brasilien war.

Obwohl einer der möglichen Überträger des Virus, die Asiatische Tigermücke (Aedes albopictus), in Südeuropa und auch in Süddeutschland vorkomme, sei bislang keine in Europa oder Deutschland erworbene Zika-Infektion bekannt. Eine Reisewarnung für Schwangere macht nach Meinung des Experten nur für Länder Sinn, in denen die Infektion in großer Zahl auftritt, wie in Brasilien und Französisch-Polynesien. Vereinzelte Fälle in Afrika oder Südostasien rechtfertigten eine solche Warnung nicht. Wenn eine werdende Mutter dennoch nach Brasilien reisen wolle, könne sie nur auf Mückenschutz achten. Eine Impfung oder ein Medikament gibt es noch nicht.

US-Forscher suchen Gegenmittel

An den nationalen Gesundheitsinstituten der USA laufen indessen erste Forschungen an einem Mittel gegen das Virus. Mit Ergebnissen sei aber nicht über Nacht zu rechnen, warnte einer der zuständigen Ärzte, Anthony Fauci. Seine Behörde plane, auch Kollegen in Brasilien mit Finanzmitteln für Zika-Forschungsprojekte zu unterstützen. Im Übrigen gebe es bereits Impfstoffe in verschiedenen Entwicklungsstadien gegen andere Erkrankungen aus der gleichen Virus-Familie: Dengue, West-Nil und Chikungunya.

Gemeinsam mit anderen ranghohen Experten und Gesundheitsministerin Sylvia Mathews Burwell nahm Fauci an einer Sitzung im Weißen Haus teil, die sich um das Zika-Virus drehte. Dabei mahnte Obama ein höheres Tempo bei Diagnose, Prävention und Behandlung an. Zudem habe er sich über Maßnahmen zum Schutz von Amerikanern informiert, teilte das Weiße Haus weiter mit. Überdies ging es um mögliche Folgen eines Ausbruchs für Wirtschaft und Entwicklung.

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