Werden deutsche Panzer bald die USA erreichen?

  28 Juli 2019    Gelesen: 3718
 Werden deutsche Panzer bald die USA erreichen?

Rund 42 Milliarden Dollar stehen auf dem Spiel um den größten Rüstungsmarkt der Welt, eines der größten Budgets für die Produktion und Lieferung von Landwaffen in den letzten Jahrzehnten. Gute Chancen für den deutschen Panzer „Lynx“ KF4 des Düsseldorfer Rüstungskonzerns Rheinmetall – derzeit stehen sie wohl so hoch wie noch nie.

Für den Gewinner des US-amerikanischen OMPV-Wettbewerbs (US Army's Optionally Manned Fighting Vehicle) gibt es einen Liefervertrag über 20 Jahre für 3690 Kampffahrzeuge für die US-Armee, die die alternden Infanterie-Kampffahrzeuge „M2 Bradley IFV“ ersetzen sollen. Die Chance des Rheinmetall auf einen Sieg steigt damit, dass Mitte Juni ein wichtiger Mitbewerber, der britische Konzern BAE Systems, unerwartet aus dem Spiel ausstieg.

Man muss sich ja „auf die anderen Projekte und Entwicklungen fokussieren“. Anders als Rheinmetall hat der Konzert noch kein fertiges Produkt. Daher bleiben das US-Unternehmen General Dynamics(GDLS) mit dem Projekt „Griffin III“und der südkoreanische Konzern Hanwha Defense mit dem AS21 „Redback“ die wenigen Konkurrenten des deutsch-amerikanischen Teams Rheinmetall-Raytheon, wobei Raytheon beim OMPV-Projekt für Sensorik, Lenkflugkörper und aktive Schutzsysteme verantwortlich ist. 

Die Nachfolgersuche für die „Bradleys“ bewertet das US-Verteidigungsministerium immerhin als „höchste Priorität“, bis 2026 soll die Armee die Neuheiten schon bekommen haben. Es gibt daher laut den Rüstungsexperten wenigstens einen ausschlaggebenden Grund, warum die deutschen „Lynx“ KF4 in den USA gut ankommen könnten. Je nach Bewaffnungsvarianten sind sie eine Art kleiner, im Vergleich zum großen und schweren „Leopard 2“ flexibler Kampfpanzer. Anders als bei „Griffin III“bietet Rheinmetall zum Beispiel keinen Prototypen oder eine Testmaschine, sondern schon ein fertiges und getestetes Produkt. Die „Griffins III“ von GDLS existieren dagegen bisher nur als Demo-Modelle, und die Produktionskapazitäten von GDLS werden schon für die Modernisierung der Panzer „M1 Abrams“ sowie der Radschützenpanzer „Striker“ benutzt. 

Im nächsten Schritt sei zunächst die Entscheidung hinsichtlich der Prototypenphase zu erwarten, sagt ein Sprecher der Rheinmetall AG gegenüber Sputnik. Die Muster von Kampffahrzeugen sollen bis zum 1. Oktober präsentiert werden. Nach dem 120-tägigen Primärtext werden zwei Finalisten bekannt gegeben, die 14 Prototypen für weitere Tests produzieren müssen. Der Serienanlauf ist für 2023 geplant.

Mach die Kanone ausfindig
„Allerdings hat Lynx KF4 eine Technik wie kein anderer Panzer“, sagt der Panzer-Experte und Fachbuchautor Karl Anweiler gegenüber Sputnik. Zu den Schlüsseltechnologien gehören die sogenannten Anti-Access bzw. Area-Denial-Systeme, welche die Fähigkeit zum Erlangen und Halten der Luftüberlegenheit vermindern sollen. Dazu kommen Systeme der Elektronischen Kampfführung zur Störung gesicherter Kommunikation, neuartige Artilleriesysteme, welche die Freiheit des Handelns einschränken sowie modernste Panzerungs- und Schutzsysteme, welche mit bisher genutzten Waffen schwer zu durchdringen sind.

 

Jedoch könnte die in der Demo-Version vorgesehene Maschinenkanone XM913 im 50-mm-Kaliber für den US-Konkurrenten Griffin III von Vorteil sein. „Zur Zeit schreibt die Armee nicht offiziell vor, dass die vorgeschlagenen Entwürfe diese Kanone verwenden sollen, hat jedoch offengelegt, dass sie es vorziehen würden, wenn das Fahrzeug eine Art 50mm-Kanone trägt“, weist der US-Rüstungsanalytiker Joseph Trevithick seinerseits hin. 

Der Lynx dagegen ist mit Rheinmetalls Lance-Turm ausgestattet und verfügt als Hauptbewaffnung über eine fremdangetriebene Maschinenkanone wahlweise im Kaliber 30mm oder 35 mm. Damit kann der Lynx zwar Ziele mit hoher Präzision und Wirkung auf bis zu 3000 Meter auch aus der Bewegung hocheffizient bekämpfen. Aber eine derartige Kanone wolle die US-Armee schon in ihre gepanzerten Stryker-Radfahrzeuge aufnehmen, so Trevithick, wobei die Sorgen um die potenziellen Opponenten aus Russland und China dazu führen könnten, dass die Amerikaner genauso wie die Russen am Ende auf eine im 57-mm-Kaliber setzen würden. Während die US-Armee laut Trevithick bereit ist, in naher Zukunft die 30mm-Kanonen zu akzeptieren, sieht das Army Service Component Commands doch ein Potenzial für einen strengeren Bedarf an größeren Kanonen in der Zukunft. Bei den Bradley-Nachfolgern sollte dies berücksichtigt werden. 

Die Experten beim Rheinmetall wissen das schon. „Rheinmetall unternimmt auch große Anstrengungen, um sicherzustellen, dass der Turm des KF41 Lynx eine 50-mm-Kanone aufnehmen kann“, bestätigte der Projektmanager Tobias Baumart bei einem Auftritt im Mai. Der für den OMFV-Wettbewerb zuständige Vizepräsident Philipp Tomio sprach seinerseits von einer fortschrittlichen deutschen 50mm-Kanone RH50 als Hauptbewaffnung für den Lynx. Im März trafen sich übrigens die Vertreter beider Partner, Rheinmetall und Raytheon, mit Dutzenden US-Unternehmen in der Stadt Troy bei Detroit, um Partner und Lieferanten für die Produktion in den USA zu finden.

„Fass ohne Boden“: Preis für Puma-Panzer hat sich verdoppelt
Von 3500 neuen Schützenpanzern war die Rede. Die erste Phase des Programms würde in die Region Investitionen im Wert von 600 Millionen US-Dollar bringen. Auch mit der Politik von US-Präsident Donald Trump in Richtung „Rückindustrialisierung“ von Detroit scheint der Plan übereinzustimmen.

Im März 2019 hatte Rheinmetall mit dem auf die Exporte orientierten „Lynx“ KF41 übrigens ein Angebot für das australische Rüstungsvorhaben Land 400 Phase 3 unterbreitet. Auch der Tschechischen Republik schlug der Konzern vor, die alten russischen BVP-2-Kettenfahrzeuge durch den deutschen Exportpanzer zu ersetzen.

Sollten sich die USA am Ende nicht für das Wunder der deutschen Militärindustrie entscheiden, könnten die deutschen Produzenten sich künftig wenigstens mit der Modernisierung der Pumas sowie des Satellitensystem SARah befriedigen. Der Bundestag hatte am 27. Juni kurzfristig eine zusätzliche Milliarde Euro für die Bundeswehr bereitgestellt und die Summe verspricht in den kommenden Jahren nur zu wachsen.

sputniknews


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