Erst am Wochenende hat der Herzog von York erklärt, er sei in der Vergangenheit niemals Zeuge irgendwelcher Sexualdelikte durch seinen Bekannten Jeffrey Epsteingeworden. Jetzt hat sich ein mutmaßliches Opfer beider Männer erneut zu Wort gemeldet.
Virginia Giuffre hatte schon 2011 erklärt, Epstein habe sie als Sexsklavin missbraucht und als Minderjährige zum Sex mit Prinz Andrew genötigt. Jetzt wiederholte sie am Rande einer gerichtlichen Anhörung in New York ihre Vorwürfe. Der Herzog von York "weiß genau, was er getan hat, und ich hoffe, er äußert sich dazu", sagte sie.
Sie sei in sehr jungen Jahren in Mar-a-Lago, einem 1985 von Donald Trump erworbenen Anwesen, rekrutiert worden. "Ich wurde in einer Welt festgehalten, die ich nicht verstand. Bis heute bekämpfe ich diese Welt. Und ich werde damit nie aufhören."
Britische Blätter wie die "Daily Mail" hatten ein Foto veröffentlicht, auf dem Prinz Andrew mit der damals 17-jährigen Giuffre zu sehen ist. Sie hatte erklärt, Epstein habe sie zwischen 1999 und 2001 dreimal zum Sex mit dem Royal gezwungen.
Der Herzog hat die Anschuldigungen stets vehement zurückgewiesen. Im Jahr 2015 befand ein Gericht, die Vorwürfe Giuffres gegen Prinz Andrew seien "unwesentlich und unverfroren" und sollten deswegen nicht in die Anklage gegen Epstein aufgenommen werden.
Zahlreiche mutmaßliche Epstein-Opfer waren zu der Anhörung in Manhattan geladen. Anwalt Brad Edwards vertritt mehrere von ihnen. Er sagte bei der anschließenden Pressekonferenz: "Ich persönlich habe Prinz Andrew mehrfach eingeladen, sich zu äußern. Wir stehen jederzeit bereit - und wir haben eine Menge Fragen an ihn."
"Kann Herrn Epsteins Lebensführung weder verstehen noch erklären"
Der Herzog von York hat sich am Wochenende in einer Stellungnahme zu seiner "Verbindung oder Freundschaft" mit dem verstorbenen, mutmaßlichen Sexualstraftäter Jeffrey Epstein geäußert.
Er habe den US-Finanzier 1999 kennengelernt und ihn danach nur unregelmäßig und höchstens ein- bis zweimal im Jahr gesehen, so Prinz Andrew. "In der begrenzten Zeit, die ich mit ihm verbracht habe, wurde ich niemals Zeuge eines Verhaltens, das letztlich zu seiner Verhaftung und Verurteilung geführt hat", erklärte der Prinz. Er habe auch nie einen entsprechenden Verdacht gehegt.
In seinem Statement sprach Prinz Andrew Epsteins Opfern sein Mitgefühl aus. "Es ist eine schwierige Zeit für alle Betroffenen, und ich kann Herrn Epsteins Lebensführung beim besten Willen weder verstehen noch erklären."
Vor dem Bundesgericht in Manhattan sagten am Dienstag 16 Frauen aus, sieben weitere Frauen ließen sich von Anwälten vertreten. "Heute stehen wir zusammen", sagte die Schauspielerin Anouska De Georgiou, die laut eigenen Angaben von Epstein sexuell missbraucht wurde. "Ich werde nicht länger ein Opfer sein und nicht einen Tag länger schweigen."
Chauntae Davies schilderte vor Gericht, sie habe sich in einem Krankenhaus zwei Wochen lang übergeben müssen, nachdem sie von Epstein vergewaltigt worden sei. Der Investment-Millionär habe "krankhaft" junge Frauen missbraucht. Eine andere Frau sagte, sie sei Epsteins "Sklavin" gewesen. "Ich habe mich machtlos und beschämt gefühlt." Epstein habe gedroht, sie zu töten, sollte sie nicht mehr Jungfrau sein.
Epstein soll jahrelang minderjährige Mädchen sexuell missbraucht und zur Prostitution angestiftet haben. Der Investmentbanker war bereits 2008 wegen der Prostitution junger Frauen zu 13 Monaten Gefängnis verurteilt worden und wurde seitdem als Sexualverbrecher geführt.
Nach einer erneuten Festnahme wurde der 66-Jährige am 10. August tot in seiner New Yorker Gefängniszelle gefunden. Laut Angaben des US-Justizministeriums nahm er sich das Leben. Bei einer Verurteilung hätten dem US-Multimillionär, der gute Kontakte zu zahlreichen Politikern und Prominenten hatte, bis zu 45 Jahre Haft gedroht.
Epstein hat nicht allein gehandelt
Mit der Gerichtsanhörung von Dienstag wollte Richter Richard Berman den mutmaßlichen Missbrauchsopfern Gelegenheit geben, über ihr Leid zu sprechen, weil es nun nie zu einem Prozess gegen Epstein kommen wird. Er würdigte den "Mut" der Frauen, von denen sich viele nie zuvor öffentlich geäußert hatten.
Die Frauen riefen die Justiz auf, mögliche Mittäter zu verfolgen. "Bitte bringen Sie zu Ende, was Sie begonnen haben", sagte Sarah Ransome. "Er hat nicht allein gehandelt." Epstein habe vielmehr einen internationalen Ring von Frauenhändlern geführt.
In dem Fall sind unter anderem Vorwürfe gegen den britischen Prinzen Andrew und gegen Epsteins frühere Freundin Ghislaine Maxwell laut geworden. Beide haben die Vorwürfe bestritten.
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Quelle : spiegel.de
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