Kanzlerin Merkel mit militärischen Ehren empfangen – im Sitzen

  06 September 2019    Gelesen: 827
Kanzlerin Merkel mit militärischen Ehren empfangen – im Sitzen

Die Bundeskanzlerin ist in Peking eingetroffen. Bei ihrem dreitägigen Besuch erwarten sie schwierige Gespräche. Merkel hofft auf eine baldige Lösung im Handelskrieg der USA mit China. Und die Demonstranten in Hongkong hoffen auf Merkel.

 

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ist am Freitag zu Beginn ihres dreitägigen Chinabesuchs in Peking so empfangen worden, wie das für Staatschefs üblich ist: mit militärischen Ehren. Nur eins war an dieser Zeremonie ungewöhnlich.

Premier Li Keqiang nahm die Parade im Stehen ab. Die Kanzlerin saß. Vorsorglich hatte die chinesische Seite Stühle bereitgestellt, sodass Merkel während des Empfangs ausruhen konnte.

Aufgrund mehrerer Zitteranfälle bei ähnlichen Gelegenheiten, wo sie länger stillstehen musste, hatte sie militärische Empfänge zuletzt wiederholt im Sitzen absolviert. Zuvor war die Kanzlerin schon mit Li Keqiang zu einem Arbeitsfrühstück zusammengekommen.

Große Halle zu klein für Journalisten

Merkel hat zum Auftakt der Reise ihre Hoffnung auf eine baldige Beilegung des Handelskrieges zwischen den USA und China geäußert. In einem Gespräch mit Regierungschef Li Keqiang in der Großen Halle des Volkes sagte sie, es merkten alle, dass sich der Handelskonflikt inzwischen auch auf andere Staaten auswirke.

Am Rande dieser Begegnung war es zu einem Eklat gekommen. Die chinesische Seite hatte der Mehrheit der Korrespondenten eine Teilnahme an der gemeinsamen Begegnung von Merkel und Premier Li Keqiang verweigert, die nach ihren Gesprächen geplant war.

Bei der Pressekonferenz in der Großen Halle des Volkes könnten aus „Kapazitätsgründen“ nur die aus Deutschland mitgereisten deutschen Journalisten teilnehmen, hieß es anfangs von chinesischer Seite.

Nach Protesten erlaubte die chinesische Seite schließlich doch vier deutschen Korrespondenten die Teilnahme, während andere weiter nicht dabei sein konnten.

In der Delegation wurde spekuliert, ob damit vielleicht allzu kritische Fragen der Experten vor Ort vermieden werden sollten – etwa zu den Unruhen in Hongkong oder zum Schicksal der muslimischen Minderheit der Uiguren.

Die Kanzlerin plädierte nach ihren ersten Gesprächen für einen baldigen Abschluss eines Investitionsschutzabkommens zwischen China und der Europäischen Union. Merkel hob hervor, dass die deutsch-chinesischen Beziehungen auf einem festen Fundament stünden. Es gebe aber auch Konflikte.


Deutschland sei offen für chinesische Investitionen in Deutschland, sagte Merkel. Firmen aus der Volksrepublik seien ausdrücklich willkommen, in der Bundesrepublik zu investieren. Dennoch würden Übernahmen und Beteiligungen in bestimmten, für Deutschland strategisch wichtigen Bereichen überprüft.

Auf Merkel warteten schwierige Gespräche. Denn ihr Besuch wird nicht nur von dem seit mehr als einem Jahr andauernden Handelskrieg überschattet, sondern auch von den Unruhen in Hongkong.

Opposition und Menschenrechtsgruppen forderten die Kanzlerin im Vorfeld auf, bei ihrer Reise klar Stellung zu den Vorgängen in der chinesischen Sonderverwaltungsregion zu beziehen.

Hongkonger Protestführer appellierten an die Kanzlerin, sich in Peking für die Demonstranten einzusetzen und mäßigend auf die kommunistische Führung einzuwirken.

Die Bundesregierung appellierte vor Merkels Besuch erneut an alle Parteien, den Konflikt im Dialog und gewaltfrei zu lösen – auf Basis der Gesetze und Freiheiten, die für Hongkong und für das Verhältnis zwischen China und dem Sonderverwaltungsgebiet gelten.

Kritik an Chinas Regierung kam von der Menschenrechtsbeauftragten der Bundesregierung, Bärbel Kofler (SPD). „In Bezug auf bürgerliche und politische Rechte hat sich die Lage in China in den letzten Jahren deutlich verschlechtert“, sagte sie dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).

Die Meinungsfreiheit werde weiter eingeschränkt. Auch der Umgang mit Minderheiten wie Tibetern sowie Uiguren und anderen Muslimen mache ihr große Sorgen.

Kritik an Chinas Sozialpunktesystem

Kofler wies auch auf das sogenannte Sozialpunktesystem hin, das gerade in China eingeführt wird. Dabei wird das durch umfassende Überwachung erfasste Verhalten aller Bürger bewertet.

Für erwünschtes Verhalten gibt es Pluspunkte, für unerwünschtes Verhalten Punktabzug – zum Beispiel für das Überfahren einer roten Ampel, aber auch für regierungskritisches Handeln.

Auf ihrer Reise wird Merkel auch an der Sitzung des Beratenden Ausschusses der Deutsch-Chinesischen Wirtschaft sowie an der Abschlusssitzung des Deutsch-Chinesischen Dialogforums teilnehmen.

Die Kanzlerin wird von einer großen Wirtschaftsdelegation begleitet und will in Peking sowie auf ihrer zweiten Station Wuhan am Samstag auch Firmen besuchen.

In Wuhan will sie an der dortigen Huazhong-Universität mit Studierenden sprechen. Merkel war zuletzt im Mai vergangenen Jahres in China gewesen.

Quelle : welt.de


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