Final-Verliererin Williams: Auch in der Niederlage ein Champion

  31 Januar 2016    Gelesen: 1032
Final-Verliererin Williams: Auch in der Niederlage ein Champion
Serena Williams hat das Finale von Melbourne zwar verloren, aber mit ihrer fairen Haltung gegenüber Angelique Kerber neue Sympathien hinzugewonnen. An ihrer souveränen Stellung im Frauentennis ändert die Niederlage ohnehin nichts.
Serena Williams hat Verlieren eigentlich nie richtig gelernt. Nie lernen müssen. Sie ist diejenige, die den Tennissport bei den Frauen beherrscht, und nicht erst seit dieser Saison, sondern schon seit weit über zehn Jahren. 21 Grand-Slam-Einzeltitel hat sie schon gewonnen, der 22. war für Melbourne ganz fest vorgesehen. Wie bitter muss es dann sein, wenn man im Finale anerkennen muss, auf eine Bessere gestoßen zu sein? Eigentlich müsste sich Serena Williams nach der Niederlage gegen Angelique Kerber vergraben.

Und was tut sie? Sie lacht, sie giggelt mit ihrer Besiegerin, sie sagt zu Kerber: "Angie, du bist die verdiente Siegerin. Ich hoffe, du genießt diesen Moment." Serena Williams hat schon so unglaublich viel gewonnen, dann ist es möglicherweise einfacher zu gönnen. Aber es war ein großer Moment einer großen Sportlerin.

277 Wochen stand und steht sie als Tennisprofi auf Platz eins der Weltrangliste, und es ist immer noch niemand in Sicht, der sie in absehbarer Zeit dort herunterholen könnte. In dieses Endspiel von Melbourne ist sie ohne Satzverlust gestürmt, ein Erfolg über Kerber war an sich ausgemacht, aber Williams ist mittlerweile ein solcher Souverän im Frauentennis, dass sie problemlos anerkennen kann, wenn jemand nicht nur auf Augenhöhe gegen sie spielt, sondern sogar noch ein bisschen darüber hinaus.

Es war sicherlich an diesem Finaltag nicht die Glanzvorstellung von Serena Williams. Vor allem im ersten Satz machte sie für ihre Verhältnisse erstaunlich viele Fehler, dennoch hat sie diese Partie nicht verloren, sondern Kerber hat sie gewonnen. Auch deswegen war die Verliererin am Ende so wenig angefressen, geradezu gelöst. Gegen eine noch Bessere zu verlieren, das passiert einer Serena Williams zwar selten, aber es passiert. Und dann ist das so.
Williams wird in diesem September 35 Jahre alt, ihre sportliche Laufbahn wird nicht mehr ewig währen. Es fehlt ihr noch ein Grand-Slam-Erfolg, um die Bestmarke von Steffi Graf zu knacken. Bei den US Open im Vorjahr hat sie das nicht geschafft, jetzt in Australien auch nicht.

Aber daraus einen Karriereknick zu konstruieren, wäre vermutlich das Falscheste, was man machen könnte. Williams hat jetzt wieder ernst zu nehmende Gegnerinnen, das hat das Finale von Melbourne gezeigt. Und sie scheint sich so richtig darauf zu freuen, es denen bei nächster Gelegenheit heimzuzahlen.


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