Im Falle seiner Wiederwahl in der kommenden Woche werde Israel umgehend seine Souveränität auf das Gebiet an der Grenze zu Jordanien ausdehnen, erklärte Netanjahu am Dienstag.
Damit solle verhindert werden, dass die Regionen Judäa und Samaria zu einem neuen Gaza-Streifen werden. Er werde ohne Mandat aber keine Schritte unternehmen, betonte Netanjahu laut „The Times of Israel“.
Die Palästinenser beanspruchen das Westjordanland als Teil eines künftigen eigenen Staates. Mit einer Annektierung dortiger Gebiete würde dieses Ziel noch unwahrscheinlicher. Die USA wollen in Kürze einen Friedensplan zur Lösung des Konflikts zwischen Israel und den Palästinensern präsentieren.
Netanjahu hatte am Dienstag betont, der angekündigte US-Friedensplan „ist eine historische Gelegenheit, israelische Souveränität auf Siedlungen in Judäa und Samaria (Westjordanland) auszudehnen“. Er werde damit allerdings bis zur Präsentation des Friedensplans warten, der nach der Wahl vorgestellt werden soll. Im Jordantal könne er jedoch direkt agieren, sagte Netanjahu.
Internationale Kritik
Saudi-Arabien, Jordanien und die Türkei warnten am Mittwoch vor einer Eskalation der Lage im Nahen Osten.
Der jordanische Außenminister Aiman Safadi erklärte über Twitter, es handele sich bei Netanjahus Ankündigung um einen gefährlichen Schritt, der alle Friedensbemühungen untergrabe.
„Es wird zu mehr Gewalt und Konflikt führen“, schrieb er.
Das Königshaus teilte in Riad mit, dass eine solche Maßnahme komplett unerlaubt und eine gefährliche Eskalation gegenüber dem palästinensischen Volk, sei, wie die staatliche saudische Nachrichtenagentur SPA meldete.
Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu schrieb auf Twitter, Netanjahu verbreite vor der Wahl weiter „illegale, rechtswidrige und aggressive“ Botschaften. Die Rechte ihrer „palästinensischen Geschwister“ werde die Türkei „bis zum Ende verteidigen“.
Schon vor der Parlamentswahl im April hatte Netanjahu die Einverleibung israelischer Siedlungen im Westjordanland angekündigt. Vor gut einer Woche wiederholte er diese Ankündigung. Ähnliche Ansagen in der Vergangenheit hatte er allerdings nie umgesetzt. Der Ministerpräsident hatte sich in der Vergangenheit noch für die Einrichtung eines entmilitarisierten Palästinenserstaates ausgesprochen.
Jordanien ist neben Ägypten das einzige arabische Land, das einen Friedensvertrag mit dem benachbarten Israel hat. Zwischen Saudi-Arabien und Israel gibt es hingegen offiziell keine diplomatischen Beziehungen. Zuletzt kam es aber hinter den Kulissen zu einer Annäherung, da das sunnitische Saudi-Arabien wie Israel den schiitischen Iran als Erzfeind betrachtet.
Das Jordantal verläuft entlang der Grenze zu Jordanien und macht nach Angaben der israelischen Menschenrechtsorganisation Betselem insgesamt rund 30 Prozent des Westjordanlandes aus. 90 Prozent des Jordantales stehen demnach entsprechend der Osloer Friedensverträge unter israelischer Verwaltung. Insgesamt leben im Jordantal rund 60.000 Palästinenser und rund 5000 israelische Siedler. Israel hatte in der Vergangenheit bereits auf die strategische Bedeutung des Jordantales für die eigene Sicherheit verwiesen.
Abbas droht mit Annektierung
Palästinenserpräsident Mahmud Abbas drohte nach einem Bericht der Nachrichtenagentur Wafa, selbst mit der teilweisen Annektierung besetzter Palästinensergebiete würden alle Vereinbarungen mit Israel enden.
Die im Gazastreifen herrschende radikal-islamische Hamas verurteilte die Ankündigung ebenfalls. „Netanjahu sucht nach rechten Wählern, indem er dieser Zielgruppe die Illusionen verkauft, er werde die Besatzung unserer Landes für immer aufrechterhalten“, sagte ein Sprecher.
Bei der Wahl am Dienstag zeichnet sich ein knappes Rennen zwischen Netanjahus rechtskonservativer Likud und dem oppositionellen Bündnis der Mitte „Blau-Weiß“ des Ex-Militärchefs Benny Gantz ab. Israel hatte 1967 im Sechstagekrieg unter anderem das Westjordanland und Ost-Jerusalem erobert. Dort leben heute mehr als 600.000 israelische Siedler in mehr als 200 Siedlungen.
sp/dpa
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