„Messerland Deutschland“ und rechte Schützen – Was bringt das neue Waffengesetz?

  02 Oktober 2019    Gelesen: 670
  „Messerland Deutschland“ und rechte Schützen – Was bringt das neue Waffengesetz?

Rechtsextreme im Besitz von Schusswaffen. Messerattacken auf Deutschlands Straßen. Aktuell diskutiert der Bundesrat ein neues Waffen-Gesetz. „Ein gelungener Vorschlag“, erklärt Innen-Experte Rüdiger Erben (SPD) im Sputnik-Interview. Er benennt, was getan werden muss – und kommentiert die neue ARD-Doku „Messerland Deutschland?“.

„Ich habe in meinem beruflichen Leben schon an vielen Verschärfungen des Waffenrechts mitgewirkt“, sagte Innen-Experte Rüdiger Erben (SPD) im Sputnik-Interview. Er ist Landtagsabgeordneter und parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Fraktion im Magdeburger Landtag und war lange Zeit als Staatssekretär im Innenministerium von Sachsen-Anhalt tätig. Er gilt in Ostdeutschland und bundesweit als angesehener Experte zu Fragen der Innen- und Sicherheitspolitik.

Seit einigen Wochen wird im Bundesrat über ein neues, verschärftes Waffen-Gesetz diskutiert, das auf eine Initiative der Landesregierung in Hessen zurückgeht. Sputnik berichtete.

Für Innenexperte Erben ist das geplante Waffen-Gesetz „eine gute und zielführende Lösung. Wir werden es nie hinbekommen – solange es privaten Waffenbesitz gibt – alle Sicherheitslücken in dem Bereich zu schließen. Aber die jetzige Initiative ist zweifelsohne richtig.“

„Kein Verständnis“ für Kritik aus Bayern

Das CSU-geführte Innenministerium in Bayern hält laut Medien den von Hessen „eingebrachten Automatismus“ für das neue Waffen-Gesetz schon jetzt für nicht praktikabel. Es fehle in allen zuständigen Behörden an Personal, so einer der Kritikpunkte aus München am geplanten Waffen-Gesetz.

„Ich verstehe die Kritik aus (dem Innenministerium in, Anm. d. Red.) Bayern ganz ehrlich gesagt nicht, dass das zuviel Arbeit sei oder zu schwierig wäre“, erklärte dazu der SPD-Innenpolitiker. „Es ist sicherlich kein zu großer Aufwand, Menschen, die mit scharfen Schusswaffen umgehen dürfen und diese zu Hause aufbewahren, stärker als bisher zu kontrollieren.“

Nicht nur Schusswaffen: Auch Messer als Problem

Neben den Schusswaffen sorgen sich Politiker, Behörden und Menschen hierzulande auch immer mehr um das Problem der Stichwaffen: Darunter Messer, Macheten, Dolche etc. Dies hat kürzlich erst die ARD-Dokumentation „Messerland Deutschland?“ mit eindringlichen Bildern und persönlichen Schicksalen sowie Fall-Beispielen dargestellt.

„Wir haben in den letzten fünf Jahren hier bei uns in Sachsen-Anhalt einen deutlichen Anstieg gehabt, was Straftaten mit dem sogenannten Tatmittel Messer betrifft“, kommentierte Erben die Doku. „Wir haben im Unterschied zu anderen Bundesländern hier bei uns eine ziemlich genaue Statistik. Man kann vor allem in dem ARD-Beitrag erkennen, dass das Thema Messer als Tatmittel natürlich ein signifikantes Problem bei Tätern mit Migrationshintergrund ist. Aber eben auch vor allem ein Junge-Männer-Problem. Es ist ein sehr vielschichtiges Problem. Das Problem Messer-Attacken ist nicht eindimensional. Da gibt es auch nicht den einen Lösungsansatz.“ Allerdings müssten bereits bestehende Kriminal-Präventionsprogramme „wie in Berlin ganz gezielt an Schulen“ noch weiter gestärkt werden neben weiterer Maßnahmen.

Der „Bundesrat plant Messerverbot“, berichtete bereits im Mai das „ZDF“ in seiner Online-Ausgabe.

Verfassungsschutz als Waffen-Kontrolleur: „Vernünftige Wahl“

Zurück zum Problem der Schusswaffen: Der mutmaßliche Mörder von Walter Lübcke, Stephen E., soll rechtsextrem, ein registrierter Waffenbesitzer und Mitglied in einem Schützenverein gewesen sein. Dies ist für das Bundesland Hessen einer der Hauptgründe für das geplante neue Waffen-Gesetz: Die Tatsache, dass einige legale Waffennutzer eben auch einer rechtsextremistischen Gesinnung anhängen.

Viele vom Staat genehmigte Waffenbesitzer in Deutschland seien „im Verhältnis zur Gesamtzahl gesehen nicht extremistisch“, betonte der Innenpolitiker. „Aber es gibt immer noch zu viele Rechtsextreme, die legal Waffen besitzen dürfen. Und das ist das Problem.“

Zur Kontrolle solcher Personen befürwortet der SPD-Innenexperte den Einsatz durch Mitarbeiter und Agenten des Bundesamts für Verfassungsschutz bzw. der angegliederten Verfassungsschutz-Landesämter. Dass die Verfassungsschützer verdächtige, aber staatlich registrierte Waffenbesitzer kontrollieren, sei für ihn vernünftig. „Der Verfassungsschutz hat aufgrund des Trennungsgebotes im Verhältnis zur Polizei andere Aufgaben. Er setzt ja früher an.“ Zudem würde der Inlandsgeheimdienst nur „tatsächliche und kriminelle Vorkommnisse“ mit Waffen speichern. Eine Gefahr des flächenmäßigen Ausspähens legaler Waffenbesitzer sehe er von daher nicht.

sputniknews


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