Am 7. Oktober 1949 wurde die Deutsche Demokratische Republik, die DDR, gegründet. Was vor 70 Jahren begann, endete nach knapp 41 Jahren. Heute wird sie von den einen als „zweite deutsche Diktatur“ oder als „Unrechtsstaat“ dargestellt. Jene, die das tun, haben ihre Existenz von Beginn an bekämpft. Nach dem Untergang des Landes haben sie verkündet, die DDR müsse delegitimiert werden. Andere erklärten sie zu einer „Fußnote in der Geschichte“.
Auf der Seite gegenüber sind jene zu finden, die den zweiten deutschen Staat zum Teil verklären. Das Gute an ihm wird so groß geschrieben, dass das Schlechte an ihm verblasst. Die sozialen Errungenschaften werden so groß geschrieben, dass die politische Strafjustiz der DDR als kleiner Fehler erscheint. Die Spitze der führenden Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) fühlte sich ehrlich dem Antifaschismus und dem Frieden verpflichtet. Das wird wichtiger genommen als die Tatsache, dass viele Menschen sich von den alten Kämpfern nicht mehr führen lassen wollten und wegliefen.
70 Jahre später muss daran erinnert werden, dass das eine einseitige Bild genauso wenig stimmt wie das andere. Wahrscheinlich sind jene, die an die positiven Seiten erinnern, noch eher bereit, die Grau- und Zwischentöne wahrzunehmen. Sie sehen die DDR wahrscheinlich eher differenzierter als es jene tun, die sie am liebsten aus der deutschen Geschichte streichen würden, so wie sie ihre Bauten beseitigen.
Manches, was dazu gesagt und geschrieben wird, klingt und wirkt, als sei die DDR aus dem Nichts in der deutschen Geschichte aufgetaucht. Als hätten ein paar deutsche Kommunisten mit Moskauer Hilfe die historische Chance genutzt, um ihren Traum von der Diktatur des Proletariats zu verwirklichen. Dabei wird oft weggelassen, was und wer die DDR überhaupt möglich gemacht hat. Daran muss an dieser Stelle noch einmal erinnert werden:
Ohne den Kapitalismus mit seinem rücksichtslosen Profitstreben, das Krieg und Elend hervorbringt, hätte es keine sozialistische und kommunistische Bewegung gegeben. Ohne Krieg und Elend hätte es den Wunsch nicht gegeben, eine alternative Gesellschaftsordnung aufzubauen und zu gestalten. Ohne das schlimmste Verbrechen des Kapitalismus, den Faschismus, hätte es keinen Antifaschismus gegeben. Ohne den von den deutschen Faschisten im kapitalistischen Auftrag angezettelten Zweiten Weltkrieg samt der folgenden Niederlage hätte es keine fremden Soldaten auf deutschem Territorium gegeben.
Ohne den deutschen faschistischen Überfall auf die Sowjetunion zu Beginn eines angekündigten Vernichtungskrieges hätte nie ein Soldat der sowjetischen Roten Armee seinen Stiefel auf deutsches Territorium gesetzt. Ohne diesen Krieg wäre nie die rote Fahne mit Hammer und Sichel auf dem Reichstag in Berlin gehisst worden. Ohne die faschistischen Verbrechen und ihre kapitalistischen Nutznießer in Konzernen sowie im deutschen Feudaladel hätte es nie einen Schwur gegeben, den Faschismus samt seiner Ursachen auszurotten.
Dieser Wunsch reichte von den Kommunisten bis in christliche Kreise, wie das Ahlener Programm der CDU von 1947 gezeigt hat. Das ging sogar noch weiter, bis an die Wurzeln, also ganz radikal: „Das kapitalistische Wirtschaftssystem ist den staatlichen und sozialen Lebensinteressen des deutschen Volkes nicht gerecht geworden“, wurde darin festgestellt.
Ohne den Antikommunismus der führenden westlichen Politiker hätte es keine Teilung Deutschlands gegeben – und damit keine DDR. Sie wollten lieber das halbe Deutschland ganz als das ganze Deutschland halb. Ohne ihre Ablehnung aller sowjetischen Vorschläge zu einer Regelung für Deutschland als Ganzes, aber eben neutral und entmilitarisiert, hätte es keine Berlin-Blockade samt Luftbrücke gegeben, keine Gründung von BRD und DDR 1949 und auch keine Berliner Mauer seit 1961.
Wer davon nicht spricht, sollte nicht über die DDR sprechen und sie erst recht nicht verteufeln. Wer darüber spricht, sollte nicht all die Versuche weglassen, bis zuletzt den zweiten deutschen Staat kleinzukriegen, von der aktiven Sabotage über den Wirtschaftskrieg und Embargos bis hin zur Weigerung, ihn als souveränen Staat im Ergebnis der deutschen Geschichte anzuerkennen. Das wurde von jenen betrieben, für die das Deutsche Reich 1945 trotz bedingungsloser Kapitulation am 8. Mai 1945 nicht untergegangen war. Dieselben reaktivierten für den Staat Bundesrepublik Deutschland (BRD) und seine Armee, die Bundeswehr, solche, die zuvor als Faschisten Verbrechen begingen oder ihnen dabei behilflich waren, als Soldaten, Beamte, Richter und so weiter.
Wer all das weglässt, um nicht an die bundesdeutschen Kontinuitäten zu erinnern, hat kein Recht, der DDR ihre Fehler und das in ihr geschehene Unrecht vorzuwerfen. Für die Fehler und das Unrecht müssen sich jene verantworten, die sie gemacht und es begangen haben. Sie haben zumindest versucht, nach Krieg und Elend durch den Kapitalismus und die faschistischen Verbrechen eine Gesellschaft aufzubauen, die anders funktionieren und dem Frieden und dem Antifaschismus verpflichtet sein sollte. Das war Neuland mit Wegen voller Irrtümer und schlechten Voraussetzungen infolge des Krieges und der Teilung sowie Verbündeten, die oftmals selber Hilfe brauchten – und der nie endenden Angst, vom früheren Gegner wieder besiegt zu werden.
„Die DDR hat es nie gegeben“, schrieb ein Unbekannter an einen Fundamentstein des „Palastes der Republik“ in Berlin, als dieser vor einigen Jahren fast vollständig abgerissen war. Das hätten jene gern, die den realen Versuch einer gesellschaftlichen Alternative auf deutschen Boden mit allen Mitteln bis zuletzt bekämpft hatten. Ob dieser Wunsch nach Vergessen erfüllt wird, hängt von jenen ab, die das nicht zulassen wollen – und weiter nach wirklichen Alternativen suchen.
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