Deutscher Buchpreis 2019 an Saša Stanišic für „Herkunft“

  16 Oktober 2019    Gelesen: 786
Deutscher Buchpreis 2019 an Saša Stanišic für „Herkunft“

Der Deutsche Buchpreis geht in diesem Jahr an Saša Stanišić für seinen Roman „Herkunft“

Das verkündete die Jury für die Auszeichnung in Frankfurt am Main. Zur Begründung hieß es, mit viel Witz setze der Autor den Narrativen der Geschichtsklitterer seine eigenen Geschichten entgegen. Ein „Selbstporträt mit Ahnen“ werde so zum Roman eines „Europas der Lebenswege“.

Der 41-Jährige erzählt in seinem Roman über seine Großmutter, die langsam das Gedächtnis verliert und über die Flucht der Familie während des Bosnien-Kriegs nach Deutschland. Er behandelt dabei die Frage, welche Rolle Herkunft überhaupt spielt. Stanišić wurde 1978 in der kleinen Stadt Višegrad an der Drina in Bosnien geboren, damals noch Jugoslawien.

Kritik an Friedensnobelpreisträger Handke

Der Preisträger nutzte seine Dankesrede dazu, die Verleihung des diesjährigen Literaturnobelpreises an Peter Handke zu kritisieren. Dem österreichischen Schriftsteller wird vorgeworfen, sich während des Bosnienkrieges in den 90er Jahren auf die Seite Serbiens gestellt zu haben. Handke nenne Täter von Verbrechen gegen die Menschlichkeit nicht beim Namen, sagte Stanišić. Er selbst habe das Glück gehabt, „dem zu entkommen, was Peter Handke in seinen Texten nicht beschreibt.“

Stanišić sagte in Deutschlandfunk Kultur, die Kritik an Handke sei nicht spontan gewesen: „Das gärt schon ein paar Tage in mir.“ Es sei ihm ein Anliegen gewesen, das ihn betreffe. Zwar gehöre die Lüge unbedingt zur Literatur, nur sei sie dann zu hinterfragen, „wenn sie etwas mit der Wirklichkeit anrichtet, was den Tatsachen nicht mehr in einer Weise entspricht, dass diejenigen, die damit gemeint sind, sich erkannt fühlen.“ Für das Verdrehen von geschichtlichen Tatsachen ausgezeichnet zu werden, sei ein Unding, so Stanišić.

Erste Reaktionen auf die Auswahl

Die FAZ bezeichnete den Preis für den deutsch-bosnischen Schriftsteller als „Glücksfall, weil er ein ästhetisch hochanspruchsvolles Werk voller formaler Kunstgriffe auszeichnet, das zugleich so realitätsgesättigt ist wie noch kein anderes prämiertes Buch zuvor.“ Der Kultursenator der Stadt Hamburg, Brosda, twitterte: „So verdient!“ und sprach von einer berechtigten Auszeichnung für einen großartigen Erzähler.

Stanišić stand erstmals 2006 auf der Shortlist des Deutschen Buchpreises mit seinem Roman „Wie der Soldat das Grammofon repariert“, 2014 schaffte er es mit „Vor dem Fest“ auf die Longlist. Dass es überhaupt eine lange und eine kurze Liste mit Nominierten gibt hat den Zweck, die Aufmerksamkeit auf eine Reihe herausragender Titel zu lenken und nicht nur auf einen.

Den Deutschen Buchpreis gibt es seit 2005. Ausgerichtet wird der Wettbewerb vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels in Frankfurt. Sieben Juroren, die jährlich wechseln, sichten die Einsendungen und stimmen ab. Der Sieger erhält 25.000 Euro, die übrigen Autoren der Shortlist jeweils 2.500 Euro.


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