Das US-Verteidigungsministerium hat zum ersten Mal Aufnahmen des Militäreinsatzes gegen IS-Anführer Abu Bakr al-Baghdadi im Nordwesten Syriens veröffentlicht. Auf Schwarz-Weiß-Videosequenzen ist unter anderem zu sehen, wie sich amerikanische Elitesoldaten zu Fuß dem von einer Mauer umgebenen Anwesen nähern, in dem sich Baghdadi versteckte.
Der Einsatz der US-Spezialkräfte begann demnach in der Nacht zum Sonntag auf einem Stützpunkt in Syrien, von dem aus die Soldaten etwa eine Stunde lang mit Helikoptern über feindliches Gebiet zu Baghdadis Versteck flogen. Die Aufnahmen zeigen einen schmucklosen Hof und ein scheinbar einfaches Gebäude in karger Landschaft, direkte Nachbarn gibt es keine. Zu sehen ist, wie sich die Soldaten nach der Landung auf das von hohen Mauern geschützte Gehöft zubewegen. Was sich im Innern des Hauses abgespielt hat, ist auf den Bildern nicht zu sehen.
Weitere Aufnahmen zeigen, wie Kämpfer außerhalb des Hofs aus der Luft angegriffen werden. Nach Darstellung des US-Militärs hatten sie das Feuer auf die Helikopter eröffnet. Fotos zeigen zudem das Anwesen vor und nach dem US-Militäreinsatz - die amerikanischen Streitkräfte hatten das Gebäude zum Ende des Einsatzes mit Bomben dem Erdboden gleichgemacht, um keine Pilgerstätte zu schaffen.
Das Anwesen habe danach ausgesehen wie ein "Parkplatz mit großen Schlaglöchern", sagte General Kenneth McKenzie, der Kommandeur des US-Zentralkommandos Centcom, bei einer Pressekonferenz im US-Verteidigungsministerium. Dort nannte er auch weitere Details zu dem Einsatz.
"Ich kann Ihnen Folgendes sagen: Er kroch mit zwei kleinen Kindern in ein Loch und jagte sich in die Luft." Daraus lasse sich schließen, "was für eine Person" Baghdadi gewesen sei, sagte McKenzie. Früheren Angaben zufolge hatte Baghdadi drei Kinder mit in den Tod gerissen. Das sei nach jüngsten Erkenntnissen aber nicht zutreffend gewesen, sagte McKenzie. Angaben von US-Präsident Donald Trump, wonach der IS-Anführer "wimmernd und weinend und schreiend" in einen Tunnel gerannt sei, bestätigte der General nicht.
Die Identität Baghdadis sei anhand von DNA-Proben zweifelsfrei nachgewiesen worden, sagte McKenzie. Der Leichnam des IS-Anführers sei nach der Identifizierung auf See bestattet worden. Dies sei im Einklang mit dem Kriegsrecht innerhalb von 24 Stunden nach seinem Tod geschehen.
Die Soldaten stellten in dem Haus eine "bedeutende" Menge Dokumente und elektronische Geräte sicher, die nun ausgewertet würden, sagte McKenzie. Ein Militärhund, der Baghdadi in den Tunnel gefolgt war, wurde seinen Angaben zufolge verletzt. Die Spezialkräfte flogen in acht Hubschraubern wieder quer über Syrien zurück zu ihrem US-Stützpunkt. Wie viele Soldaten an dem Einsatz beteiligt waren, hält das Militär geheim.
Bislang wurde einzig ein Foto des Hundes veröffentlicht - er wird in den USA teils als Held gefeiert, auch von Trump. Der Hund diene seit vier Jahren und habe bereits an rund 50 Einsätzen teilgenommen, sagte nun McKenzie. Er sei inzwischen wieder im Dienst. "Diese Tiere schützen US-Truppen und retten die Leben von Zivilisten."
Spezialkräfte des US-Militärs hatten am Wochenende ein Gehöft im Nordwesten Syriens angegriffen, in dem sich Baghdadi versteckt hielt. Neben dem IS-Anführer seien fünf weitere IS-Kämpfer getötet und zwei Personen in Gewahrsam genommen worden, sagte McKenzie. Es sei ein "schwieriger, komplexer und präziser" Angriff gewesen.
Trump hatte am Sonntag Baghdadis Tötung verkündet. Nach dem Anführer der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) hatten die USA jahrelang gefahndet, er galt als der meistgesuchte Mann der Welt. Baghdadi hatte im Juli 2014 ein "Kalifat" in Syrien und im Irak ausgerufen, in dem zeitweise mehrere Millionen Menschen lebten.
spiegel
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