Rufe nach "Bürgerkrieg" in Bolivien - USA ziehen Personal ab

  13 November 2019    Gelesen: 691
    Rufe nach "Bürgerkrieg" in Bolivien   - USA ziehen Personal ab

Bolivien hat eine neue Interimspräsidentin, doch die Situation spitzt sich weiter zu. In zahlreichen Orten kam es zu Übergriffen, Plünderung und Brandstiftung. Die USA warnen vor Reisen in das Land.

Bolivien kommt nicht zur Ruhe. Auch nachdem der langjährige Präsident Evo Morales seinen Posten zur Verfügung gestellt hat und ins Exil geflohen ist, ereignen sich an vielen Orten des Landes gewaltsame Auseinandersetzungen.

Am Dienstag (Ortszeit) zirkulierten Videos, die Kämpfe zwischen der Polizei und wütenden Unterstützern des geschassten Machthabers in der Stadt Cochabamba zeigen. Maskierte Männer fordern auf den Aufnahmen einen Bürgerkrieg in dem südamerikanischen Land. Aus verschiedenen Orten gab es Berichte über Plünderungen und Brandstiftung, wie der britische "Guardian" meldet. Die meisten Bürger der Hauptstadt La Paz waren auf Anweisung der Polizei daheim geblieben.

Morales' Rücktritt erfolgte nach wochenlangen Protesten. Die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) hatte festgestellt, dass es während der Wahlen am 20. Oktober schwerwiegende Unregelmäßigkeiten gab. Dies veranlasste die Armee, ihn zum Rücktritt zu drängen. Nach Angaben der bolivianischen Generalstaatsanwaltschaft wurden nach Morales' Rücktritt mehr als 30 Wahlbeamte im ganzen Land festgenommen. Sein Abgang hat zu einer Welle von Unruhen in ganz Lateinamerika, einschließlich Ecuador und Chile, geführt.

Wegen der Gewalt in Bolivien haben sich die USA entschieden, eigene Regierungsangestellte, die nicht für Notfälle zur Verfügung stehen müssen, mit ihren Familien außer Landes zu bringen. Als Grund für den Schritt werden nach Angaben der Nachrichtenagentur AP vom Außenministerium "wiederkehrende Proteste, Streiks, Straßenblockaden und Märsche in den großen Städten" genannt.

Auch die Familien von Offiziellen, die im Land bleiben - etwas Botschaftspersonal - reisen aus. Zudem warnte das US-Außenministerium dringend vor Reisen in das von Unruhen erschütterte Land.

Auch die Nachfolge von Präsident Morales sorgt für neue Spannungen. Die Senatorin Jeanine Añez hat sich zur Interimspräsidentin des südamerikanischen Landes erklärt. "Ich werde alle nötigen Maßnahmen ergreifen, um das Land zu befrieden", sagte sie am Dienstagabend (Ortszeit). Zuvor waren zwei Versuche des Senats und der Abgeordnetenkammer gescheitert, eine Beschlussfähigkeit festzustellen, da nicht genug Parlamentarier anwesend waren.

Morales wettert aus dem Exil in Mexiko

Aus seinem Exil in Mexiko nannte Morales Anez' Vorstoß ihn zu ersetzen, Teil des "schlauesten und desaströsesten Staatsstreichs in der Geschichte". Zuvor hatte er der Regierung in Mexiko dafür gedankt, dass sie sein Leben gerettet habe, als er Asyl suchte. Außerdem wiederholte er seinen Vorwurf, seine Rivalen hätten ihn durch einen Putsch gestürzt. Auf seinen Kopf seien 50.000 US-Dollar ausgesetzt gewesen, behauptete Morales. "Solange ich lebe, werden wir in der Politik bleiben. So lange ich lebe, geht der Kampf weiter", sagte er Reportern nach seiner Ankunft in Mexiko.

Die Einwohner von La Paz hoffen, dass die Politiker nun endlich wieder Ordnung in der seit der umstrittenen Wahl durch Proteste und Plünderungen erschütterten Stadt herstellen. "Die Demokratie ist in Gefahr, und hoffentlich werden die Konflikte heute beigelegt werden", sagte Bewohnerin Isabel Nadia.

Der größte Gewerkschaftsbund des Landes hat mit einem unbefristeten Streik gedroht, falls es Politikern und Vertretern der Bürgergruppen nicht gelingen wird, die Verhältnisse im Land zu beruhigen.

spiegel


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