Deutscher Waffenschmied vor „Verkaauf an dubiose Kariben“? Aufsichtsrat reagiert auf „ungelegte Eier“

  15 November 2019    Gelesen: 1166
  Deutscher Waffenschmied vor „Verkaauf an dubiose Kariben“? Aufsichtsrat reagiert auf „ungelegte Eier“

Seit Tagen spekulieren die Medien über den angeblich drohenden Verkauf des wichtigen Lieferanten der Bundeswehr, Heckler & Koch AG, an Investoren außerhalb der EU. Auch die kritischen Aktionäre schlagen Alarm und fordern notwendige „Transparenz und Offenheit“. Sputnik klingelte beim Aufsichtsrat der Firma, General a.D. Harald Kujat.

„Heckler & Koch vor Verkauf an Briefkastenfirma“, schrieb der „Focus“ vor einer Woche, „Bundeswirtschaftsministerium überprüft dubiose Investoren“. Mehrere andere Medien übernahmen sofort die Wortwahl. Diese fand aber das Büro des Kleinwaffenherstellers (wie etwa des Standard-Sturmgewehrs G36 oder des HK416– Anm. d. Red.) aus Oberndorf am Neckar in Baden-Württemberg so misslungen, dass sie der Berichterstattung entgegensetzte: Es gehe um keinen Verkaufs-, sondern um einen Erwerbsvorgang, der durch das Ministerium von Peter Altmaier (CDU) nach geltendem Recht entsprechend tatsächlich intensiv geprüft werde. Die Antragstellerin sei heute bereits am Unternehmen beteiligt, sodass „nach unseren Erkenntnissen keine Änderung der strategischen Ausrichtung zu erwarten ist“. 

Jedoch reichten die Berichte aus, um die kritischen Aktionäre der Heckler & Koch, darunter „Aktion-Aufschrei-Stoppt den Waffenhandel!“ – zu beunruhigen. Sie sollen Ende 2016 dazu beigetragen haben, dass Saudi-Arabien, Mexiko und die Türkei keine Sturmgewehre, Maschinengewehre, Maschinenpistolen oder Granatwerfer der Firma mehr bekommen. Nun zeigen sie sich in einer Pressemitteilung, die auch Sputnik vorliegt, extrem besorgt über den „Verkauf des führenden deutschen Kleinwaffenherstellers und -exporteurs, z.B. an dubiose Kaufinteressenten in der Karibik“. Anlässlich der kommenden Hauptversammlung am 19. Dezember zum 70-jährigen Bestehen des Unternehmens fordern sie vom deutschen Investor Andreas Heeschen, dem bis jetzt knapp zwei Drittel der Aktien gehören, „notwendige Transparenz und Offenheit“. Er müsse die Tagesordnung um die beiden zentralen Punkte der ‚Offenlegung der wahren Besitzverhältnisse‘ und der ‚Klärung eines möglichen Unternehmensverkaufs‘ erweitern, damit die Mitbesitzer des Unternehmens auch das gesamte Besitz-, Finanz-, Verkaufs- und Geschäftsdesaster gemeinsam mit Vorstand und Aufsichtsrat erörtern und die notwendigen Maßnahmen des Umsteuerns einfordern könnten.

Das Unternehmen mit über 900 Mitarbeitern gilt als tief verschuldet. Nach zwei Verlustjahren sieht es 2019 aber wieder besser aus, die Firmenspitze erwartet einen kleinen Gewinn. Auch die Auftragsbücher sind voll. Im Oktober bekam die Firma zum Beispiel einen vier Millionen Euro schweren Auftrag von der Bundeswehr für Granatmaschinenwaffen. Auf der bevorstehenden Hauptversammlung will man den drei Aufsichtsräten sogar die Vergütung erhöhen. 

Weder Heeschen noch das Ministerium von Peter Altmaier (CDU) will bisher den interessierten Aktionär näher nennen, der „Focus“ spekulierte aber zugleich über ein Konglomerat von Firmen aus verschiedenen Weltregionen: von der Karibikinsel Barbados, aus den USA, aus Neuseeland, Malta und Luxemburg. Auch der wirtschaftspolitische Sprecher der FDP im Bundestag, Reinhard Houben, zeigte sich durch potenzielle ausländische Mehrheitseigentümer alarmiert. „Bei einer Übernahme durch große Rüstungskonzerne aus anderen EU-Staaten sehe ich das weniger problematisch – sollte es hingegen um Investoren aus anderen Weltregionen gehen, hätte ich Bauchschmerzen“, sagte er gegenüber der dpa. Es sei besondere Vorsicht geboten, um die Sicherheitsarchitektur der Bundesrepublik nicht zu gefährden. 

Der Aufsichtsrat des Unternehmens, General a.D. Harald Kujat, ist dabei einer, den die gesamte Hysterie rund um die Firma eher ärgert. „Man kann eine Aktiengesellschaft, die von tausenden Aktionären besessen wird, nicht verkaufen, man kann nur ein paar Aktien verkaufen. Das ist Unsinn, was da geschrieben wird“, kommentiert Kujat gegenüber Sputnik. Es sei richtig, da wolle jemand die Aktienmehrheit erlangen, indem er einem anderen die Aktien abkaufe, aber das sei kein Verkauf, so Kujat. Die Prüfung durch das Wirtschaftsministerium dauere noch an, und es komme auf die Behörden an, ob der Erwerbsantrag auf ein „größeres Aktienpaket“ genehmigt werde oder nicht. Die Aktien des Unternehmens selbst werden aber an der Pariser Börse gehandelt werden. 

Ob die Befürchtungen Houbens berechtigt sind? „Er spekuliert auch“, erwidert Kujat. „Ich kann nichts für seine Bauchschmerzen, wenn er die hat, dann muss er zum Arzt gehen.“ Ausgangspunkt sei eine Falschmeldung gewesen, behauptet der Sputnik-Gesprächspartner, und was danach komme, sei auch falsch. 

„Ob dies eine Gefahr für die Sicherheitsarchitektur ist, kann ich nicht beurteilen, dass muss das Wirtschaftsministerium wissen. Ich wohne auf dem Lande, ich rede nicht über ungelegte Eier. Wenn das Huhn das Ei gelegt hat, dann kann ich sagen, es ist ein gutes Ei oder nicht“, sagte Kujat abschließend.    

Sollte der Waffenproduzent alsbald an einen ausländischen Mehrheitseigentümer gehen, wäre das keine Neuheit. Nach dem Ende des Kalten Krieges war der H&K-Absatz eingebrochen, sodass es zum Eigentümerwechsel kam – damals war es ein britischer Rüstungskonzern, die heutige BAE Systems. 2002 trennte sich das Unternehmen von ihrer deutschen Tochter, und Heeschen kaufte das Mehrheitspaket.

sputniknews

 


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