Die Saudis machen ein waghalsiges Angebot

  05 Februar 2016    Gelesen: 1208
Die Saudis machen ein waghalsiges Angebot
Der Kampf gegen den IS ist zäh. Die US-geführte Allianz kommt nur langsam voran, weil Kräfte am Boden fehlen. Durch ein Angebot Saudi-Arabiens steht nun erstmals eine beträchtliche Zahl an Soldaten bereit.
Sind das die ersehnten Bodentruppen? Seit Jahren sucht der Westen nach Männern und Frauen, die sich dem sogenannten Islamischen Staat (IS) in Syrien entgegenstellen. Denn weder die USA noch die EU-Staaten sind bereit dazu, eigene Soldaten zu schicken. Die Versuche, die moderate syrische Opposition auszubilden und aufzurüsten, scheiterten. Jetzt bietet Saudi-Arabien an, seine Männer in den Kampf zu schicken.

Das sunnitische Königreich beteiligt sich zwar durchaus erfolgreich an den Luftangriffen der internationalen Anti-IS-Koalition. Saudis am Boden wären trotzdem nicht das so vergeblich gesuchte Puzzle-Stück, das die Strategie der Koalition aus möglichst präzisen Luftschlägen, dem Austrocknen der Geldquellen der Islamisten und dem effektiven Einsatz von regionalen Kräften am Boden vervollständigen würde. Im Gegenteil.

Der Einsatz würde die Spannungen zwischen dem syrischen Regime und der Anti-IS-Koalition verstärken. Schon den Luftangriffen stimmte Machthaber Baschar al-Assad nicht zu. Er duldet sie nur, weil er ihnen nichts entgegensetzen kann.

Putin ist Ohnmacht der Anti-IS-Allianz nur recht

Zudem verfolgt Assad derzeit offenbar die Strategie, eine militärische Lösung des syrischen Bürgerkriegs zu erzwingen. Er will erst die Opposition zerstören - und sich dann, idealerweise zusammen mit dem Westen, gegen den IS wenden. Die Friedensgespräche zwischen den Kriegsparteien in Genf wurden gerade bis Ende des Monats vertagt, weil das syrische Regime seine Angriffe auf Oppositionsstellungen intensivierte. Dank der maßgeblichen Unterstützung Russlands konnte Assad in den vergangenen Monaten in einigen Regionen ohnehin schon etliche Geländegewinne verzeichnen. Womit wir beim zweiten Grund wären, warum eine Intervention der Saudis am Boden die ohnehin komplizierte Lage noch komplizierter machen würde.

Moskau stellt sich grundsätzlich gegen Einmischungen, wenn es nicht die eigenen sind. Deshalb scheiterten bisher auch praktisch alle Versuche des UN-Sicherheitsrates, sich konsequent im syrischen Bürgerkrieg zu positionieren. Wie empfindlich Russland reagiert, zeigt sich derzeit insbesondere im Verhältnis zur Türkei. Staatschef Recep Tayyip Erdodan fordert seit Langem, in Syrien eine Pufferzone einzurichten, in der syrische Flüchtlinge sicher leben können. Dafür ist die Türkei als einziges Nato-Mitglied bereit, auch Bodentruppen einzusetzen. Hinzu soll eine Flugverbotszone kommen. Nach etlichen Scharmützeln zwischen russischen und türkischen Kräften in Grenznähe und dem Abschuss eines russischen Kampfjets entsandte der Kreml das mächtige Luftabwehrsystem S-400 in die Region. Bei seiner alljährlichen Rede an die Nation sagte Putin: "Sie werden wieder und wieder ihre Taten bereuen." Und erst am Donnerstag warnte das russische Verteidigungsministerium wieder einmal davor, dass eine türkische Bodenoffensive kurz bevorstehe. Auf die Behauptung folgten diverse Schmähtiraden auf Ankara und die Nato.

Riads Erzrivale bereits mit Bodentruppen in Syrien

Präsident Wladimir Putin ist die Ohnmacht des Westens im Syrien-Krieg zudem nur recht. Sie gibt ihm schließlich die Möglichkeit, in der Weltpolitik wieder eine größere Rolle zu spielen. Er wird nicht tatenlos zusehen, wenn Riad die Kräfteverhältnisse nun maßgeblich verändern sollte.

Die größte Gefahr, die eine saudische Bodenoffensive mit sich bringt, ist aber eine andere: Sie würde den Kampf der regionalen Großmächte, der zuletzt wegen der Hinrichtung des schiitischen Geistlichen Nimr al-Nimr in Saudi-Arabien eskaliert ist, weiter verschärfen. Das größte Risiko besteht darin, dass der Iran bereits mit Bodentruppen in Syrien im Einsatz ist. Sollten sie, auch wenn es nur versehentlich wäre, auf saudische Kräfte stoßen, könnte das verheerende Folgen haben, die weit über die Grenzen Syriens hinausgehen.

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