Die ersten Airlines trauern schon um den A380

  19 November 2019    Gelesen: 875
Die ersten Airlines trauern schon um den A380

Regelmäßig wurden bei der Dubai Airshow neue Maschinen des größten Passagierflugzeugs der Welt bestellt. Doch damit ist nach dem angekündigten Ende der Produktion Schluss. Stattdessen freut man sich jetzt schon über kleinste Aufträge.

Im Vorfeld der Dubai Airshow haben die Vereinigten Arabischen Emirate mächtig getrommelt. Auf der seit 1999 veranstalteten Luftfahrtmesse seien Flugzeugdeals über insgesamt 639,3 Milliarden Dollar vereinbart worden, obwohl das Branchentreffen nur alle zwei Jahre stattfindet. Das am Sonntag eröffnete Branchentreffen glänzt bislang aber weniger durch komplett neue Großbestellungen wie in der Vergangenheit. Es geht eher darum, Vorverträge in Milliardenwerten endgültig zu vereinbaren. Dazu gehört, welche Modelle Emirates als Großkunde des A380 als Ersatz für den Riesenflieger bestellt, dessen Produktion eingestellt wird.

Die Dubai Airshow gilt als Konjunkturbarometer für die Branche, vor allem in der Golf-Region. Während in früheren Jahren spekuliert wurde, ob Emirates womöglich noch mehr A380 kauft, ist die Stimmung diesmal gedrückter. Es geht eher darum, welches Modell wann geliefert werden kann.

Die Airlines halten sich mit Bestellungen eher zurück. Zwar dürfte Airbus 2019 als deutlicher Sieger im Dauerwettlauf mit Boeing aus dem Rennen gehen, aber das Volumen aller Bestellungen dürfte auf das niedrigste Niveau seit zehn Jahren fallen.

Jede Festbestellung ist daher ein kleiner Erfolg und womöglich auch eine Überraschung. So verkündet Boeing in Dubai zehn Festbestellungen für das nach zwei Abstürzen immer noch mit einem Flugverbot belegte Modell 737Max. Der Ferienflieger SunExpress, ein Gemeinschaftsunternehmen von Lufthansa und Turkish Airlines, wandelt dabei eine Option in eine Festbestellung um.

„Wir stehen nach wie vor zu unserer strategischen Entscheidung, das Nachfolgemodell der 737 mittel- beziehungsweise langfristig aus ökonomischen und ökologischen Gründen bei uns einzuflotten“, erklärte ein Sprecher. Die Sicherheit habe bei allen Entscheidungen oberste Priorität, betont die Airline.

Für Boeing ist der SunExpress-Auftrag ein Achtungserfolg. Die deutsch-türkische Airline hatte zuvor bis 2024 insgesamt 32 der 737 Max-Modelle fest geordert. In diesem Jahr sollten eigentlich acht 737Max ausgeliefert werden und SunExpress musste Ersatzflugzeuge anmieten, um die Urlaubsgäste zu befördern.

Air Arabia bestellt 120 Airbus-Mittelstreckenjets

Während Boeing schon über zehn Festbestellungen froh ist, punktet Airbus auf der Messe in ganz anderen Dimensionen. So hat sich die Billigfluggesellschaft Air Arabia aus den Vereinigten Arabischen Emiraten nach einem Hin und Her nunmehr endgültig für Airbus und gegen Boeing entschieden. Im Frühjahr hatte die Airline mit bisher gut 40 Airbus-Flugzeugen einen Auftrag über 100 Flugzeuge in Aussicht gestellt und auch mit Boeing gepokert. Nunmehr werden sogar 120 Modelle aus der A320-Familie bei den Europäern geordert.

Die Luftfahrtmesse in Dubai war zuletzt auch immer ein Treffpunkt, bei dem die staatliche Airline Emirates noch mehr Airbus-A380-Flugzeuge bestellte. Aber dieses Thema hat sich erledigt. Anfang des Jahres kündigte Airbus das Aus für das weltgrößte Passagierflugzeug an. „Airbus wird den Tag bereuen, an dem sie das Ende der A380 beschlossen haben“, sagte Emirates-Präsident Sir Tim Clark kürzlich dem Branchendienst aero.de.

Jüngst bekam die Airline ihr 113. Modell, zehn weitere werden bis Mai 2022 folgen. Statt künftig weiterer A380 vereinbarte Emirates im Frühjahr einen Vorvertrag über 30 Exemplare vom Modell A350 und 40 Maschinen vom Typ A330Neo. Als Listenpreis wurden 21,4 Milliarden Dollar veranschlagt.

Diese Vorverträge wurden jetzt neu gebündelt. Vom Großraummodell A350 werden nun 50 und nicht 30 Exemplare fest bestellt. Offensichtlich wurden simpel 20 der 40 A330Neo in A350 getauscht. Ob es noch bei den restlichen A330Neo-Bestellungen bleibt, ließ Emirates-Chef Scheich Ahmed bin Said Al Maktum offen.

Wie er in Dubai sagte, ersetzt der neue Deal im Umfang von etwa 16 Milliarden Dollar die vorherige Vereinbarung, die laut Listenpreis aber höher war. Was hinter den Kulissen konkret verhandelt wurde, ist ohnehin nicht bekannt. Großkunden zahlen jedenfalls nie den Listenpreis. Airbus-Chef Guillaume Faury sprach in Dubai jedenfalls von einem „Vertrauensbeweis“ und einem „Meilenstein in der langjährigen Partnerschaft mit Emirates“.

Bei der vorherigen Dubai Airshow vor zwei Jahren wurde auch noch das neue Großraummodell Boeing 777X als Hoffnungsträger und A380-Alternative präsentiert. Inzwischen musste Boeing mehrfach die Erstauslieferung seines neuen Vorzeigeflugzeugs verschieben, weil der Triebwerkehersteller General Electric technische Probleme mit dem Antrieb hat.

Außerdem riss bei einem Belastungstest eine Frachttür aus der Verankerung. Alles beunruhigende Signale für das Modell, bei dem auch die Lufthansa zu den Erstkunden gehört. Die deutsche Fluglinie kann durch die 777X-Verzögerungen ihre neue Business Class nunmehr erst später in der Praxis einführen. Es läuft nicht rund.

Emirates-Chef Tim Clark kritisiert Boeings 777X-Projekt

Daher ist es wenig überraschend, dass Emirates-Vorstandschef Tim Clark kurz vor der Messe Boeing beim 777X-Projekt deutlich kritisierte. „Ich akzeptiere kein Flugzeug das nicht mindestens ein 16-monatiges Testprogramm durchlaufen hat, obwohl es Boeing uns mit weniger angeboten hat“, sagte Clark dem Branchendienst aero.de.

„Sogar die 737 MAX absolvierte 16-monatige Tests – und das war nur die Neuauflage eines bestehenden Musters.“ Boeing rechnet nämlich jetzt mit dem 777X-Erstflug nunmehr erst 2020 und bereits 2021 mit der Auslieferung. Das geht Clark viel zu überstürzt. Dabei hat die staatliche Airline Emirates immerhin 150 der neuen Großraumjets bestellt.

Kritik äußerte Clark auch an den Triebwerkeherstellern. „Die haben schlicht zu viel versprochen und für viele Jahre einfach nichts getan. Sie sollten uns Innovationen erst ab einem ausgereiften Standard anbieten und uns nicht als Versuchskaninchen missbrauchen“, sagte der Emirates-Chef. „Denen ging es viel zu lange viel zu gut, während bei uns die Kundenbeziehungen leiden, wenn deren Produkte nicht das halten, was versprochen wurde.“

Quelle : welt.de


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