Macrons Plan: Dem Westbalkan lieber Geld als EU-Mitgliedschaft geben

  19 November 2019    Gelesen: 1272
    Macrons Plan:   Dem Westbalkan lieber Geld als EU-Mitgliedschaft geben

In der letzten Woche hat Frankreich einen neuen Ansatz zum EU-Beitritt der Westbalkanstaaten vorgeschlagen. Was die Initiative von Paris für die betroffenen Länder bedeutet, hat die Expertin vom serbischen „Zentrum der Außenpolitik“, Suzana Grubjеsic, in einem Interview mit Sputnik Serbien erläutert.

Medienberichten zufolge hat der französische Präsident Emmanuel Macron den EU-Mitgliedstaaten ein Non-Paper (inoffizielles Arbeitsdokument) übermittelt, das den Vorschlag enthält, den westlichen Balkanländern den Zugang zu den Strukturfonds der Europäischen Union zu ermöglichen. Früher waren die Strukturfonds laut Grubjesic nur für EU-Mitglieder bestimmt.

Macron schlage somit einen neuen Ansatz für den EU-Erweiterungsprozess vor, wonach dem westlichen Balkan anstelle einer Vollmitgliedschaft eine wirtschaftliche Integration angeboten wird. Es sei allerdings nicht bekannt, mit welcher Art von Subventionen aus den EU-Strukturfonds die Länder bis zum EU-Beitritt rechnen könnten.

Macrons Vorschlag bedeute zudem, dass die Wartezeit für den EU-Beitritt zunehmen werde, aber für gut gemachte „Hausaufgaben“ könnten Kandidatenländer eine finanzielle Belohnung erhalten.

EU-Strukturfonds

In Macrons Non-Paper werden laut Grubjesic sowohl die IPA-Fonds (Instrument für Heranführungshilfe), zu denen Serbien und andere Beitrittsländer bereits Zugang hatten, als auch die innerhalb der EU funktionierenden Strukturfonds erwähnt.

„IPA-Fonds sind anders, wir sprechen hier jetzt von Strukturfonds. Es ist wahrscheinlich, dass die Beitrittsländer, wenn sie in einem der Sektoren erfolgreich Reformen durchführen, d.h. das Kapitel (eines Verhandlungsdossiers) schließen, Zugang zu den Strukturfonds des betreffenden Sektors erhalten, als wären sie EU-Mitglieder“, sagte die Expertin gegenüber Sputnik.

Sie erklärt anhand eines konkreten Beispiels, was dies bedeutet: „Zum Beispiel werden wir das Kapitel „Transport“ öffnen und erfolgreich schließen. Dann erhalten wir Zugang zu Geldern aus dem Transportsektor. Und dies wird für jedes Land funktionieren. Zum Vergleich: Aus IPA-Mitteln für den Haushaltszeitraum von 2014 bis 2020 erhielt Serbien 1,4 Milliarden Euro. Für den gleichen Zeitraum von 2014 bis 2010 erhielt Bulgarien 12 Milliarden Euro aus Strukturfondsmitteln. Das ist der Unterschied.“

Das Beste nur für die echten EU-Mitglieder

Grubjesic ist jedoch überzeugt, dass weder Serbien noch Montenegro oder andere Länder, die später Beitrittskandidaten werden, den vollen Zugang zu Strukturfonds erhalten werden. Ihrer Ansicht nach wird dem westlichen Balkan nur ein bestimmtes Prozent zur Verfügung stehen, dessen Zinssatz von der Vereinbarung abhängt.

Der uneingeschränkte Zugang zu Strukturfonds bleibe somit ein Privileg der EU-Mitgliedstaaten. Die Auszahlung von Mitteln aus den Fonds werde für die Bedürfnisse der Kandidatenländer verwendet als Mittel zur „Verbesserung“ des einen oder anderen Gebiets – Verkehr, Landwirtschaft oder jeder andere Bereich.

„Dies ist eine Schlüsselinnovation. Alles andere – die Beobachtung des Fortschritts bei Reformen, die Schlüsselrolle der Rechtsstaatlichkeit, das „Rollback“ als Hemmfaktor auf dem Weg in die EU – sind auch jetzt gültig“, schätzt Grubjesic Macrons neuen Ansatz ein.

Wann Macrons Non-Paper, dass an Serbien und andere EU-Beitrittskandidaten gerichtet sei, in ein echtes Dokument umgewandelt und zur Entscheidungsgrundlage in Brüssel werden könnte, sei schwer zu erraten. Angeblich werde die Macron-Initiative am 19. November im Rat der EU-Außenminister erörtert, obwohl sie nicht auf der Tagesordnung stehe.

Die Vorgehensweise für die Annahme des Vorschlags des französischen Präsidenten bestehe darin, dass die EU-Kommission die neue Erweiterungsstrategie und -methodik befürworten müsse. Danach müsse die noch nicht gebildete EU-Kommission den angenommenen Vorschlag an den Europarat weiterleiten.

aa/sb/sna


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