Wie das ARD-Hauptstadtstudio am Freitagabend berichtete, gibt es in der SPD-Bundestagsfraktion Unmut darüber, dass sich diese Regelung auch auf unbegleitete Kinder und Heranwachsende unter den Flüchtlingen bezieht. Der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Christoph Strässer, die Bundestagsabgeordnete Ute Finck-Krämer und weitere SPD-Abgeordnete kündigten im Gespräch mit der ARD an, der Regelung zum Familiennachzug nicht zustimmen zu wollen.
SPD-Chef Sigmar Gabriel erklärte auf Anfrage der ARD, die Regelung sei mit ihm nicht verabredet gewesen. Er ließ dem Bericht zufolge mitteilen, dass er erst durch die ARD-Recherchen von der Veränderung im Gesetzestext erfahren habe. In einem früheren Referentenentwurf seien Minderjährige auf Druck der SPD noch von Begrenzungen beim Familiennachzug ausgenommen worden.
Laut der ARD muss das Bundesinnenministerium den Gesetzestext also nach einem Spitzentreffen von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), CSU-Chef Horst Seehofer und Gabriel am Donnerstag der vorangegangenen Woche verschärft haben. Dies bedeute allerdings zugleich, dass dies in der Ressortabstimmung mit den SPD-geführten Ministerien nicht aufgefallen sei. In der SPD-Fraktion gebe es aber auch den Verdacht, dass Gabriel in der Spitzenrunde unabgestimmt Zugeständnisse gemacht habe.
Vom Bundesinnenministerium war bis zum frühen Samstagnachmittag keine Stellungnahme zu dem Vorgang zu erhalten. Unionsfraktionsvize Strobl griff derweil den Koalitionspartner an. "Wir sind über die Arbeitsweise und das Verhalten der SPD sehr verwundert", erklärte der CDU-Politiker in Berlin. Die Regelungen zum Familiennachzug seien "über Wochen breit diskutiert worden". Es sei daher "irritierend", dass Gabriel behaupte , nicht im Bilde gewesen zu sein, erklärte Strobl. "Außerdem sollte man doch erwarten können, dass die SPD-Ressorts die Gesetzentwürfe auch genau lesen."
Die Grünen-Vorsitzende Simone Peter erklärte, die SPD habe sich "mal wieder über den Tisch ziehen lassen". Den Familiennachzug für Flüchtlingskinder auszusetzen, sei "an Perfidie kaum zu überbieten". Die SPD-Abgeordneten müssten dieser Maßnahme die Zustimmung verweigern. Auch die Gründen-Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt erklärte, es sei gerade für die Integration wichtig, "dass Familien zusammenbleiben". Linksfraktionsvize Jan Korte befand, die SPD fehle in dieser Frage "schlichtweg die Überzeugung". Es gebe hier keine klare Linie.
Das Deutsche Kinderhilfswerk lehnte die Einschränkung für Flüchtlingskinder ebenfalls ab. Kinder, die hierzulande Schutz vor Krieg und Verfolgung suchten, brauchten "die Möglichkeit, mit ihren Familien zusammenzuleben", erklärte Bundesgeschäftsführer Holger Hofmann.
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