Die Chemieindustrie in Deutschland steht vor einem weiteren schwierigen Jahr. Auch 2020 belasten Handelskonflikte und die Abkühlung der Konjunktur das Geschäft in Deutschlands drittgrößtem Industriezweig nach der Autobranche und dem Maschinenbau. "Die schwache wirtschaftliche Dynamik wird sich noch weit ins kommende Jahr ziehen. 2020 dürfte die Gesamtwirtschaft in Deutschland zwar etwas stärker zulegen als in diesem Jahr. Für die Industrie erwarten wir aber bestenfalls eine Stagnation", sagte der Präsident des Verbandes der Chemischen Industrie (VCI), Hans Van Bylen, in Frankfurt. Somit sei davon auszugehen, dass die Nachfrage der heimischen Kunden verhalten bleibe.
Auch von den Auslandsmärkten dürften keine starken Impulse kommen. Die Wachstumsdynamik der chinesischen Wirtschaft lasse nach, und groß angelegte Konjunkturprogramme mit Ausstrahlung auf die weltweite Entwicklung seien unwahrscheinlich. Auch aus den USA erwarte der Verband keinen positiven Effekt. Die Produktion in der Chemie- und Pharmaindustrie dürfte 2020 um 0,5 Prozent steigen. Die Produktpreise dürften nach Schätzung des Verbands der Chemischen Industrie (VCI) stagnieren. Der Umsatz der Branche soll dann um 0,5 Prozent auf rund 194 Milliarden Euro zulegen.
2019 ist die für das zweite Halbjahr erhoffte Belebung der Nachfrage ausgeblieben, so der Präsident. Wichtige Kundenindustrien drosselten ihre Produktion kräftig - vor allem die Automobilindustrie und ihre Zulieferer. Aber auch andere chemieintensive Industriezweige hielten sich mit Bestellungen zurück. Van Bylen nannte hier Metallverarbeiter, Papier- und Druckindustrie sowie elektrische Ausrüstungen. Nur die Konsumseite habe einen Impuls geliefert.
Produktionsprognose erneut gesenkt
Den Bilanzen entsprechend senkte der VCI die Produktionsprognose zum vierten Mal und rechnet nun mit einem Rückgang um 7,5 (bislang sechs) Prozent, Anfang November war eine Abnahme um 6 Prozent in Aussicht gestellt worden. Dabei sei allerdings ein starker statistischer Sondereffekt durch Pharma zu berücksichtigen. Die Chemie ohne Pharma weise einen Rückgang um 2,5 Prozent auf.
Der Umsatz dürfte 2019 bei um 1 Prozent höheren Preisen geschätzt um 5 Prozent gesunken sein, auf rund 193 Milliarden Euro. 2018 war erstmals die Marke von 200 Milliarden Euro Umsatz geknackt worden.
2019 sank der Inlandsumsatz geschätzt um 4,5 Prozent auf rund 73 Milliarden Euro. Mit Kunden im Ausland erwirtschaftete die Branche rund 120 Milliarden Euro. Das sind 5 Prozent weniger als ein Jahr zuvor. Der im Vergleich zum Inland stärkere Rückgang ist dem Pharmageschäft geschuldet: Die Pharmaexporte nach Europa und in die USA verzeichneten kräftige Rückgänge.
Kullmann soll auf Van Bylen als VCI-Chef folgen
Unterdessen teilte der VCI mit, dass Evonik-Chef Christian Kullmann als Nachfolgekandidat für den ausscheidenden Präsidenten Van Bylen nominiert ist. Van Bylen wird Ende März 2020 sein Amt niederlegen, da er zum Jahresende auch als Vorstandschef bei Henkel ausscheidet. Er werde auf Bitte des Präsidiums die Führung bis zu einer außerordentlichen Mitgliederversammlung am 25. März 2020 fortsetzen, so der Branchenverband.
Der 50-jährige Kullmann ist seit September 2017 Vizepräsident im VCI-Vorstand. Die Wahl des künftigen VCI-Präsidenten werde im Rahmen der turnusmäßigen Gremiensitzungen des Chemieverbandes in Berlin stattfinden. In den vergangenen Jahren kam der vorgeschlagene Kandidat jeweils zum Zuge. Der VCI vertritt die Interessen der chemisch-pharmazeutischen Industrie mit 464.800 Beschäftigten.
Quelle: n-tv.de
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