Ungarns Parlament billigt umstrittenes Kulturgesetz

  12 Dezember 2019    Gelesen: 842
Ungarns Parlament billigt umstrittenes Kulturgesetz

Per Gesetz hat sich die ungarische Regierung mehr Kontrolle über staatlich geförderte Theater gesichert. So darf der Minister bei der Intendanten-Wahl mitentscheiden. Tausende Menschen protestierten.

Die rechte Regierungsmehrheit im ungarischen Parlament hat im Eilverfahren ein umstrittenes Gesetz verabschiedet, das der Regierung mehr Kontrolle im Kulturbereich sichert. Während der Abstimmung standen mehrere Oppositionsabgeordnete und hielten sich schwarze Theatermasken vors Gesicht, wie Fotos und ein Video des liberalen Abgeordneten Bence Tordai zeigen.

Das neue Gesetz sieht die Schaffung eines Nationalen Kulturrates in Ungarn vor, der die "strategische Lenkung der kulturellen Sektoren durch die Regierung" ermöglichen soll. Die Regierung bestimmt dessen Leiter. Das Gremium soll sich mit der Entwicklung und Finanzplanung von 17 wichtigen Kultureinrichtungen befassen, darunter die Staatsoper und das Nationaltheater.

50.000 Menschen unterzeichnen Online-Petition

Außerdem müssen sich Gemeinden bei der Bestellung von Intendanten von staatlich geförderten Stadttheatern künftig mit dem zuständigen Minister einigen. Bisher haben die Gemeinden allein entschieden, wer die von ihnen betriebenen Theater leitet.

Am Montag hatten im Zentrum von Budapest mehrere Tausend Bürger gegen das Gesetz demonstriert. Sie sehen darin eine Einschränkung der Kunstfreiheit. Mehr als 50.000 Menschen unterzeichneten eine Online-Petition gegen das Gesetz. Theatermacher verglichen die geplanten Maßnahmen mit der Zensur während des Kommunismus.

Reaktion auf Wahlschlappe oder Missbrauchsskandal?

Kritiker bewerten das Gesetz als Reaktion der Regierung von Ministerpräsident Viktor Orbán auf die Kommunalwahlen im Oktober, bei denen Orbáns Fidesz-Partei die Hauptstadt Budapest und zehn weitere Städte an die Opposition verloren hatte. Die Regierung argumentiert hingegen, die Strukturreformen seien eine Reaktion auf einen Missbrauchsskandal in einem beliebten Budapester Theater.

Innerhalb der EU steht Orbans Fidesz-Partei wegen eines Rechtsstaatlichkeitsverfahrens unter Druck. Im äußersten Fall droht dem EU-Mitgliedsland der Entzug der Stimmrechte. Kritiker werfen Orbán vor, die Demokratie abzubauen und zunehmend autoritär zu regieren. Unter anderem schränkte er die Medienvielfalt ein, beseitigte die Autonomie der Universitäten und der Akademie der Wissenschaften und spielte Teile der Volkswirtschaft Oligarchen zu.

spiegel


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