Koalitionsstreit wegen Nazi-Ordner eskaliert

  15 Dezember 2019    Gelesen: 994
Koalitionsstreit wegen Nazi-Ordner eskaliert

Fotos, die einen CDU-Kreispolitiker als Ordner auf einer Neonazidemo zeigen, belasten die Landesregierung von Sachsen-Anhalt. Nach Kritik der Grünen fordert jetzt die Union eine Entschuldigung des Koalitionspartners.

Der Streit in der Regierungskoalition von Sachsen-Anhalt über den früher als Ordner bei einer Neonaziveranstaltung aufgetretenen Kreispolitikers Robert Möritz spitzt sich zu. Nachdem die Grünen und die SPD ihren Koalitionspartner zum Handeln aufgefordert hatten, kontert der Generalsekretär der Landes-CDU, der Europabgeordnete Sven Schulze. In einem Tweet kritisiert er die Öffentlichkeitsarbeit der Grünen im Zusammenhang mit Möritz.

Ohne eine Entschuldigung, so Schulze, "ist eine Fortsetzung der Koalition kaum denkbar". Erst vor wenigen Wochen war die Union in der Landesregierung unter Druck geraten, als Innenminister Holger Stahlknecht vergeblich versucht hatte, den Polizeigewerkschafter Rainer Wendt zum Staatssekretär zu machen.

Im Fall Möritz hatten die Grünen jetzt mitgeteilt: "Wir sehen den Parteivorsitzenden Holger Stahlknecht und Ministerpräsident Haseloff in der Pflicht, sich als klares Bollwerk gegen jeden Rechtsextremismus zu positionieren", so die Landesparteichefs Sebastian Striegel und Susan Sziborra-Seidlitz. "Wir sehen keinen Grund für eine Entschuldigung", sagen die Grünenchefs überdies dem SPIEGEL. Es gehe darum, dass die CDU einen richtigen Umgang mit diesem Vorfall findet.

Am Freitagabend hatte die SPD sich ebenfalls geäußert: "Ich vermisse den Aufschrei der Anständigen in der CDU. Die müssten jetzt mal laut und unmissverständlich sagen: Jetzt ist Schluss mit dem ganzen Geflirte nach rechtsaußen", erklärt der Landesvorsitzende von Sachsen-Anhalt, Burkhard Lischka.

Möritz hatte am Freitag eingeräumt, 2011 als Ordner auf einer Neonazidemo gearbeitet zu haben. Dennoch will ihn der CDU-Kreisvorstand Anhalt-Bitterfeld, dem Möritz als Beisitzer angehört, weder aus dem Vorstand noch aus der Partei ausschließen.

Möritz: "Ja, es war ein Fehler"

Am Donnerstag hatte Möritz noch erklärt, "zu keiner Zeit als Ordner für eine links- oder rechtsextremistische Organisation" tätig gewesen zu sein. Er sei im Rahmen seiner Arbeit bei einem Sicherheitsunternehmen als Ordner auf diversen Veranstaltungen tätig gewesen.

Möritz sagte laut CDU-Mitteilung bei der Sitzung, er sei zum Zeitpunkt der Demo mit 19 Jahren noch nicht gefestigt gewesen und habe den Auftrag aus "falsch verstandener Loyalität" angenommen. Laut Erklärung der Partei bat Möritz um Entschuldigung: "Ja, es war ein Fehler, diese Demonstration als Ordner zu begleiten." Auch aus der Mitgliedschaft bei dem umstrittenen Verein Uniter lasse sich keine rechtsextremistische Gesinnung von Möritz ableiten, hieß es von der Partei.

Der Kreispolitiker war in die Kritik geraten, nachdem er in sozialen Medien auf einem Foto mit dem Wappen von Uniter zu sehen gewesen war. Daraufhin waren Fotos und Videos aufgetaucht, die Möritz unter anderem als Ordner auf der besagten Demo zeigen sollten.

Aus Sicht der Grünenlandesvorsitzenden ist die Deutung als jugendliche Verfehlung unglaubwürdig. Die Grünen regieren in Sachsen-Anhalt gemeinsam mit CDU und SPD in einer sogenannten Kenia-Koalition.

Quelle : spiegel.de


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